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Motorsport Formel 1

Stroll: Geht's bei der FIA-Untersuchung um mehr als den Schubser?

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© Motorsport Images
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Katar war für Lance Stroll keine Reise wert. Sportlich blieb er ein fünftes Rennwochenende hintereinander ohne Punkte, und sein Schubser gegen den eigenen Physiotherapeuten nach dem frühen Aus in Q1 am Freitag brachte ihm auf Social Media regelrecht einen Shitstorm ein. Und jetzt hat der Aston-Martin-Fahrer auch noch eine offizielle Untersuchung der FIA an der Backe.

Am Dienstagabend teilte der Automobil-Weltverband mit, dass der Compliancebeauftragte der FIA mit Stroll Kontakt aufgenommen habe. Grund dafür seien "mehrere Vorfälle" am Wochenende des Grand Prix von Katar, die gegen die "Regeln, Richtlinien und Prozeduren" der FIA verstoßen haben könnten, heißt es.

Eine Untersuchung, die von den meisten Medien unmittelbar mit dem Vorfall nach Q1 in Verbindung gebracht wird, als Stroll entnervt ausstieg, sein Lenkrad aus dem Auto schmiss und beim Verlassen der Garage vor lauter Frust sogar seinen eigenen Physiotherapeuten Henry Howe zur Seite schob.

Danach stellte sich der 24-Jährige eher mürrisch den für alle Fahrer verpflichtenden TV-Interviews am sogenannten "Bullring" - und war nach genau sieben Wörtern wieder weg: "It's shit", "I don't know" und "keep driving" war alles, was sich Stroll an "Analyse" entlocken ließ. Einige Journalisten meckerten hinterher, das grenze an Arbeitsverweigerung.

Verstoß gegen das Internationale Sportgesetzbuch?

Gegen welche Paragrafen Stroll verstoßen haben könnte, teilt die FIA zum jetzigen Zeitpunkt offiziell nicht mit. Denkbar ist, dass ein Verstoß von Artikel 12.2.1.c des Internationalen Sportgesetzbuchs vorliegt, der "jedes Fehlverhalten oder jede Handlung, die den Interessen des Wettbewerbs oder den Interessen des Motorsports im Allgemeinen schadet", als Regelbruch definiert.

Dazu kommt: Anders als Max Verstappen, der Esteban Ocon nach einer Konfrontation beim Grand Prix von Brasilien geschubst hat, oder auch anders als Helmut Marko, nach seinen als rassistisch ausgelegten Kommentaren gegenüber Sergio Perez, gab's von Stroll nach dem Zwischenfall in Katar bisher auch keine öffentliche Entschuldigung.

FIA untersucht nicht nur einen Zwischenfall

Interessant ist, dass laut FIA-Information "mehrere Vorfälle" untersucht werden, also nicht nur der Schubser. Möglich, dass die FIA-Granden auch Strolls Interview nach dem Rennen am Sonntag gehört haben. Stroll war nach Rennende völlig platt, torkelte aus dem Auto, lehnte sich an einem Krankenwagen an - und übte danach scharfe Kritik an der FIA.

Er sei im Auto "ein paar Mal ohnmächtig" geworden, gibt Stroll zu, und es sei vor dem Hintergrund der körperlichen Herausforderung des Rennens "ein Witz", dass die Rennkommissare unter solchen Umständen Strafen für Tracklimits-Verstöße ausgesprochen hat. Stroll hatte sich deswegen gleich zwei Fünfsekundenstrafen eingehandelt.

"Die verstehen nicht, wie die Formel 1 heutzutage ist", kritisiert er die Regelhüter. "Die zwingen uns dazu, so ein Rennen zu fahren, die erlegen uns Tracklimits-Strafen auf und machen die Strecke gleichzeitig enger, weil die Reifen versagen, wenn wir über die Randsteine fahren. Das ist einfach ..."

Das leidige Thema Tracklimits "muss geregelt werden", fordert er: "Wir haben Österreich gesehen, jetzt dieses Wochenende. Die Leute werden bestraft, obwohl wir gar keinen Vorteil draus ziehen. Da kommst du nach 60 Runden unter schwierigsten Bedingungen drei Millimeter neben die Strecke, bei 65, 70 Grad im Cockpit und Fliehkräften von fünf, sechs g."

"Vielleicht mögen sie das, als Teil der Show"

Und: Dass mehrere Fahrer körperlich am Limit seien und das zugelassen werde, stört Stroll ebenfalls. Er sagt schnippisch: "Vielleicht mögen sie das, als Teil der Show." Und wünscht sich für die Zukunft: "Vielleicht brauchen wir weicher abgestimmte Autos oder irgendeine Form der Belüftung für solche Rennen bei solchen Temperaturen."

"Die Autos werden immer steifer und schwerer. Es ist zwar eine ebene Strecke, aber du spürst die Steifheit des Autos, wenn du über die Randsteine fährst. Das und die Fliehkräfte tragen wesentlich dazu bei, dass diese Autos körperlich so schwer zu fahren sind", erklärt Stroll.

Krack nimmt Stroll nach Schubser in Schutz

Ob er von der FIA für sein Verhalten wirklich bestraft wird oder ob es bei einer Untersuchung ohne Ergebnis bleibt, steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest. Fest steht aber, dass Aston Martin hinter Stroll steht. Teamchef Mike Krack hatte sich schon am Samstag darüber beschwert, wie hart mit Stroll nach dem Schubser am Freitag umgegangen wurde.

"Es sind doch Emotionen, die wir uns von Sportlern wünschen. Und wenn sie dann emotional reagieren, dann sind wir ganz schnell darin, sie zu verurteilen", fordert er etwas mehr Gelassenheit ein. "Ist das jetzt richtig, ist das falsch? Ich glaube, dass wir mit vorschnellen Bewertungen vorsichtig sein sollten."

"Wir wollen doch sowas sehen, weil wir dann was zu reden haben. Aber es geht zu weit, wenn zehn Leute auf der Couch im klimatisierten Zimmer sagen: 'Das geht zu weit, das kann er nicht machen.' Ich glaube, wir müssen ein bisschen mehr Respekt für die Fahrer und für Spitzensportler im Allgemeinen aufbringen", findet Krack.

Übrigens: Dass Stroll körperlich am Ende des Rennens (wie viele andere Fahrer) völlig ausgelaugt war, veranlasste ihn zu der (augenzwinkernden) Erkenntnis, "dass ich wahrscheinlich mehr Zeit in der Sauna verbringen muss". Genau das, was Christian Danner den Fahrern empfiehlt, um sich auf Hitzerennen wie Katar vorzubereiten: Ergometer in die Sauna stellen und dort radeln ...


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