Motorsport
Historische Chance: Ogier auf Loebs Spuren
Dieses Rendezvous mit der Rallye-Geschichte hatte Sébastien Ogier eigentlich gar nicht mehr im Sinn. Seit vier Jahren ist er nur noch als Teilzeitkraft unterwegs, "einen WM-Titel zu gewinnen, gehörte natürlich nicht mehr zu meinen Zielen", sagt er - und doch kann am Samstag ein weiterer dazukommen, es wäre ein ganz besonderer: Wird Ogier in Saudi-Arabien zum neunten Mal Weltmeister, dann stellt er den Rekord von Rallye-Legende Sébastien Loeb ein. "Jetzt kann ich mir keine Niederlage mehr erlauben", sagte er zuletzt der L'Equipe.
Noch bis Samstag steigt erstmals ein Lauf der Rallye-WM (WRC) in Saudi-Arabien, 17 Wertungsprüfungen bringen die Entscheidung eines engen Titelrennens: Ogier ist Gesamtzweiter, nur drei Punkte fehlen ihm auf seinen Toyota-Markenkollegen Elfyn Evans aus Wales. Dieser Zwischenstand ist bemerkenswert, weil Ogier auch in diesem Jahr gar nicht voll dabei war: Drei der ersten acht Rallyes ließ er aus, erst im Sommer entschied er sich, das Projekt ernsthafter anzugehen. An zehn Stationen hat er insgesamt teilgenommen, sechsmal gewann er, neunmal stand er auf dem Podest, nur ein Reifenschaden bei der Rallye Zentraleuropa trübt diese Bilanz.
Auch mit bald 42 Jahren ist Ogier also ein Ausnahmefahrer, er führt damit die gute französische Tradition in der Rallye-WM fort. Loeb hatte hier von 2004 bis 2012 alle Titel gewonnen, in seinem Schatten wuchs Ogier bereits heran - und übernahm dann nach Loebs Rückzug nahtlos: Von 2013 bis 2018 gewann er die WM, weitere Titel holte Ogier 2020 und 2021.
Loeb sei "sicherlich der Mann, der es mir ermöglicht hat, dieses Niveau zu erreichen", sagt Ogier, "denn mit jemandem wie ihm zu konkurrieren, erforderte eine totale Hingabe." Eine "Besessenheit" nach "der Neun" habe er aber nie verspürt. Im kommenden Jahr wird Ogier übrigens immer noch dabei sein, das hatte Toyota zuletzt verkündet. Zunächst erneut nur in Teilzeit - aber was heißt das schon.
Eine besondere Geschichte hat indes auch der Gegner zu bieten. Evans, 36, war in den vergangenen fünf Jahren viermal Vizeweltmeister und will nicht als ewiger Zweiter in die Geschichte eingehen. Er wäre zudem erst der dritte britische Rallye-Weltmeister nach dem Schotten Colin McRae (1995) und dem Engländer Richard Burns (2001). Der Finne Kalle Rovanperä (Toyota) hat 24 Punkte Rückstand auf Evans und zumindest rechnerisch ebenfalls noch Titelchancen.