Brunner zu Peking: "Keine Winterspiele, wie ich sie mir vorstelle"
- Aktualisiert: 02.02.2022
- 12:50 Uhr
- SID
Der frühere deutsche Skirennläufer Michael Brunner hat sein Unverständnis über die Vergabe der Winterspiele nach Peking geäußert.
Peking (SID) - Der frühere deutsche Skirennläufer Michael Brunner, der als Trainer die chinesischen Alpinen auf ihr olympisches Heimspiel vorbereiten sollte, hat sein Unverständnis über die Vergabe der Winterspiele nach Peking geäußert. "Ich muss ehrlich sagen, dass ich es nicht verstanden habe, dass die Spiele zum zweiten Mal in Folge nach Asien vergeben wurden. Das ist schon merkwürdig", sagte Brunner im Gespräch mit Spox.
Wenn er alles einbeziehe, "China, die Corona-Thematik, keine Zuschauer, dann sind das einfach keine Winterspiele, wie ich sie mir vorstelle", sagte Brunner. Das IOC müsse erkennen, "dass man die Bevölkerung wieder viel stärker mitnehmen muss und man nicht diktatorisch Verträge auf den Tisch knallen kann". Wenn es um Themen wie Nachhaltigkeit ginge, "dass die Natur so belassen wird, wie sie ist, dann würden die Menschen auch wieder für Olympia stimmen. Aber so wie es aktuell läuft, kann ich jeden verstehen, der das nicht will."
Brunner hatte im Sommer 2018 chinesische Nachwuchsläufer in seine Skischule nach Garmisch geholt, um sie auf Olympia vorzubereiten. Das Projekt war auf vier Jahre angelegt, endete aber bereits 2019. Viele Turner seien dabeigewesen, "aber auch Leichtathleten, Bogenschützen, Fechter oder Kung-Fu-Kämpfer", erzählte Brunner bei Spox: "Aber sie hatten vorher wirklich überhaupt keine Berührungspunkte zum Skifahren, die hatten auch Namen wie Felix Neureuther oder Marcel Hirscher noch nie gehört."
Die Rechnung der Chinesen sei einfach gewesen: "Wir haben 365 Tage im Jahr, wenn man davon 300 Tage trainiert, jeden Tag sechs Stunden, hätte man doch alles schnell aufgeholt. Sie wollten eine Karriere im Schnelldurchlauf." Das sei aber nicht möglich gewesen. "Es braucht beim Skifahren ganz andere Bewegungen als im Turnen", sagte Brunner: "Bis das verinnerlicht ist, dauert es Jahre. Das haben sie nicht verstanden. Genauso wenig, dass man die Kinder nicht immer in den roten Bereich bringen darf."
Als künftige Wintersportmacht sieht Brunner China nicht. Er könne sich "im Moment nicht vorstellen, dass wir einen chinesischen Weltklasse-Abfahrer bekommen werden in den nächsten 20 Jahren. Dafür müsste China erst verstehen, dass man mit den knallharten Strukturen und den Methoden zwar in gewissen Sportarten sehr erfolgreich sein kann, aber im Skifahren funktioniert das so nicht. Fürs Skifahren brauchst du mehr als nur Drill, dafür brauchst du auch Gefühl."