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ELF live auf ProSieben MAXX und ran.de

Michael Sam in der ELF: Eine verrückte Karriere wartet auf ihr Happy End

  • Aktualisiert: 12.06.2022
  • 13:17 Uhr
  • ran.de / Andreas Reiners
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Michael Sam wollte in die NFL, machte aber vor allem wegen seines Outings vor dem Draft Schlagzeilen. Und wegen eines Kusses. Seine verrückte Karriere führt ihn nun in die ELF zu den Barcelona Dragons (Dragons@Sea Devils am Sonntag ab 14:45 Uhr live auf ProSieben MAXX und ran.de) – mit der Hoffnung auf ein Happy End. Der Start war schon mal furios.

München – Die Tränen kullern. Dann bebt die Stimme, bevor sie ganz wegbricht.

Michael Sam weint bitterlich, schluchzt, hält das Telefon in der Hand, kann nichts mehr sagen, nur zuhören. 

1,87 Meter sacken in sich zusammen, die fast 120 Kilogramm zittern. Da steht ein Defensive End, ein Kerl wie ein Baum, ein Quarterback-Abräumer, und wird von seinen Emotionen übermannt.

Bilder, die sie in den USA lieben. Vor allem beim Draft, der Talente-Ziehung der NFL, wo sich für viele Nachwuchsspieler der Traum von der NFL erfüllt. Da verdrücken auch die Fans die eine oder andere Träne, wenn die Spieler von den Teams den Anruf erhalten, dass sie dabei sind.

Doch dann kommt der Kuss, der um die Welt geht.

Und der möglicherweise alles veränderte. Verkomplizierte. Unmöglich machte? Denn Sam küsste seinen Partner Vito Cammisano. 

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Eine Nation unter Schock

Mehrmals. Live im US-Fernsehen. Für die konservative Nation ein Schock, die testosterongetränkte Macho-Liga rümpfte die Nase.

Und Sam startete durch. 

Allerdings nur als Held der Homosexuellenbewegung, denn er hatte sich ein paar Monate vor dem Draft 2014 geoutet. Nicht wenige glauben, dass dies mit ein Grund dafür war, dass er von der vorhergesagten dritten bis in die siebte Runde fiel. Er war als Nummer 249 von 256 Talenten von den St. Louis Rams ausgewählt worden – knapp an "Mr. Irrelevant" vorbei.

Doch das war in dem Moment egal – er hatte es geschafft, lebte seinen Traum, schwebte auf Wolke sieben, heulte, küsste.

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Und es ging rund: Sein Rookie-Trikot war damals nach Johnny Manziel das zweitmeistverkaufte. Bei den ESPY Awards 2014 wurde er mit dem Arthur Ashe Courage Award ausgezeichnet, er war einer der Männer des Jahres im Magazin GQ, außerdem Finalist für die Wahl zum "Sportsman of the Year" in der Sports Illustrated.

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Das böse Erwachen

Doch das böse Erwachen folgte dann ein paar Monate später, als ihn die Rams vor der Saison 2014 entließen, er bei den Dallas Cowboys für ein paar Wochen im Practice Squad unterkam – und auch dort flog. 

Kein Witz: Das war's.

Die NFL-Karriere war beendet, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Die Tür war zu. Traum geplatzt. Happy End ausgeschlossen.

Dass dies nicht dem Potenzial des 2013er All American und SEC Defensive Player of the Year entsprach – da waren sich viele Experten einig. Auch weil er in der Preseason geliefert hatte. Doch dass die NFL damals ein exorbitantes Homophobie-Problem hatte, dürfte der Karriere im Weg gestanden haben.

Unfaire Behandlung

Ja, gewisse Parallelen zur heutigen NFL sind nicht wegzudiskutieren. Zu 100 Prozent kann man Sam und Colin Kaepernick zwar nicht vergleichen, aber die Angst vor der Aufmerksamkeit, den Schlagzeilen, der Ablehnung dürfte in beiden Fällen eine große Rolle gespielt haben. Die Liga hatte angeblich noch versucht, Sam woanders unterzubringen – vergeblich.

"Die NFL hat mich unfair behandelt", sagte Sam 2019 rückblickend. "Es war schwer, ihnen zu verzeihen." Er gibt aber auch zu, dass er sein Outing womöglich anders hätte angehen sollen. Mit weniger Brimborium und Tamtam, zurückhaltender, der damaligen Zeit angemessener. Es hätte seine NFL-Chancen wohl erhöht, so falsch sich das auch anhört.

"Ich liebe Football. Football hat mir eine Ausbildung ermöglicht und mir die Chance gegeben, die ich damals so dringend brauchte. Ich bin wirklich dankbar für diesen Sport", sagte er. 

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Ein Sport, von dem er nie loskam, der ihm Liebe und Glück schenkte, Motivation und ein Ziel, der ihn aber auch zwischenzeitlich unglücklich, ja sogar krank gemacht hat, beziehungsweise diejenigen, die in dem Business etwas zu sagen hatten, der ganze Rummel. Das war am Ende alles zu viel. 

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Karriereende wegen Depressionen

Die Folge: Er ging in die kanadische CFL, absolvierte ein Spiel für die Montreal Alouettes, ehe er wegen Depressionen seine Karriere beendete.

"Hier ist die Wahrheit: Jeder schuldet Michael Sam so viel Dankbarkeit", sagte Wade Davis, ein ehemaliger NFL-Cornerback, der sich 2012 als homosexuell geoutet hat, der Washington Post.

"Michael Sam hat etwas getan, was nur sehr wenige Menschen tun. Er hat etwas aufgegeben, was möglicherweise seine gesamte Karriere in der NFL ist, für etwas Größeres." 

So sieht es auch Sam, der 2019 im "Out Magazine" sagte: "Ich muss glauben, dass es den Menschen geholfen hat. Der Football hat mir so viel gegeben. Es war mein Traum. Wenn ich ein paar Leben retten konnte, indem ich meine Karriere geopfert habe, dann habe ich das getan, und ich bin dankbar dafür."

2021 wurde Sams Geschichte noch einmal hervorgeholt, als sich Carl Nassib als erster aktiver Spieler als homosexuell outete. Da war es schon längst ruhig um ihn geworden. 

Bis jetzt.

Zurück aus dem Nichts

Denn Sam ist plötzlich zurück, quasi aus dem Nichts. Per Zufall, wenn man so will. Der "USA Today" verriet er, dass er in diesem Jahr eine Rucksacktour durch Europa machen und später nach England ziehen wollte, als er von den Barcelona Dragons das Angebot bekam, Assistant Defensive Line Coach zu werden. 

"Hier zu sein und mit dem Trainerstab und den Spielern zusammen zu sein, hat mich einfach zurückversetzt", sagte der inzwischen 32 Jahre alte Sam. "Es fühlte sich an, als hätte ich das Spiel nie verlassen."

Und weil sich das so toll anfühlte und weil Max Nacewicz durch seinen Rücktritt den vierten und letzten Legionärsplatz freimachte, kehrte Sam in der neuen Saison der European League of Football gleich ganz auf das Spielfeld zurück, am Sonntag (ab 14:45 Uhr live auf ProSieben MAXX und ran.de) tritt er mit den Dragons am zweiten Spieltag bei den Hamburg Sea Devils an. Der Auftakt beim 38:9 bei den Stuttgart Surge war furios.

All das gute acht Jahre nach dem berühmten Kuss. 

Ein neuer Traum

Er hofft, so sagt er, dass die ELF eine Art Partnerschaft mit der NFL eingehen wird, um das Spiel weiterzuentwickeln und es für europäische Spieler zugänglicher zu machen.

"Das ist mein Traum", sagte Sam. "Ich weiß, dass es ein langer Weg ist, aber das ist es, was ich mir erhoffe." Mit langen und schwierigen Wegen kennt sich Sam aus.

Es wäre ihm zu wünschen, dass sich nach den Emotionen, dem Kampf und den Rückschlägen dieser Traum erfüllt. Als eine Art Versöhnung.

Damit es am Ende doch noch ein Happy End gibt. 

Andreas Reiners

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