• Darts
  • Tennis
  • Alle Sportarten

Anzeige
Anzeige
Lainer im Exklusivinterview

Borussia Mönchengladbachs Stefan Lainer exklusiv: "Es war ein Weckruf für uns alle"

  • Aktualisiert: 28.04.2020
  • 17:27 Uhr
  • ran.de / Dominik Hechler
Article Image Media
© Getty
Anzeige

Stefan Lainer ist in Lauerstellung. Der Rechtsverteidiger von Borussia Mönchengladbach arbeitet aktuell mit seinen Kollegen an der Hennes-Weisweiler-Allee auf den Tag X hin, den Tag, an dem die Bundesliga möglicherweise wieder startet. Im exklusiven Interview mit ran.de spricht der österreichische Nationalspieler unter anderem über das Leben eines Profifußballers in der Corona-Krise, Geisterspiele in der Bundesliga und was er persönlich aus den vergangenen Wochen gelernt hat.

ran.de: Herr Lainer, die Bundesliga pausiert aufgrund der Corona-Krise nun bereits seit Mitte März, immerhin darf seit einigen Wochen wieder in kleinen Gruppen trainiert werden. Wie sieht Ihr aktueller Tagesablauf in diesen Krisenzeiten aus?

Stefan Lainer: "Ich stehe morgens wie gewöhnlich auf, frühstücke etwas, gehe mit dem Hund raus, versuche dann die freie Zeit möglichst sinnvoll zu nutzen und bereite mich anschließend bestmöglich aufs Training vor. Allerdings ist genau das im Augenblick nicht ganz so einfach und hier liegt sicherlich auch der größte Unterschied zu meinem sonstigen Tagesablauf: wir bekommen derzeit sehr flexible Trainingspläne, trainieren in kleinen Gruppen, zu unterschiedlichen Zeiten. Manchmal wissen wir erst am gleichen Tag, wann für die jeweilige Trainingsgruppe die entsprechende Einheit stattfindet. Durch die Corona-Krise ist der Rhythmus ein Stück weit verloren gegangen, die Konstanz im Profi-Alltag fehlt. Normalerweise weißt du immer, wie die Trainingswoche von Montag bis Freitag aussieht und das Samstag oder Sonntag gespielt wird. Entsprechend gestaltest du als Spieler dann auch deine persönliche Woche. Ich gehe zum Beispiel gerne an einem Mittwochabend nochmal schön essen und beginne dann schon am Donnerstag und Freitag mich in Sachen Ernährung noch intensiver auf den Spieltag vorzubereiten. Die Tage sind sonst deutlich zielorientierter, aktuell lebt man eher von Tag zu Tag."

ran.de: Wie ist der Trainingsalltag am Borussia-Park? Es war zu lesen, dass die komplette Mannschaft im Stadion und dem direkt angrenzenden Trainingsgelände verteilt ist ...

Lainer: "Wir trainieren in kleinen Gruppen, zu verschiedenen Zeiten. Und das tatsächlich auf dem gesamten Gelände in und um den Borussia-Park verteilt. Da wird schon sehr penibel drauf geachtet. Kürzlich war ich mit Nico Elvedi zum Beispiel ganz alleine beim Umziehen in der Amateurkabine, erst beim Rausgehen begegnet man dann mal hier und da dem einen oder anderen weiteren Teamkollegen. Das ist schon eine komische Situation. Wir haben im Borussia-Park ja einige Kabinen, unter anderem all die Räume der Jugendteams und Amateure, nutzen manche Räumlichkeiten als zusätzliche Krafträume und der Presseraum wird unter anderem für die Essensausgabe für die Mahlzeiten genutzt, die wir dann mit nach Hause nehmen. Außerdem dient er uns manchmal aufgrund seiner Größe auch als Meeting-Raum, damit wir alle weit genug voneinander entfernt sitzen. Aufgrund all der Vorkehrungen, die schon vor Wochen bei uns getroffen wurden, habe ich wirklich ein gutes Gefühl und keine Angst vor einer Corona-Infektion, wenn ich zum Trainingsgelände fahre."

Anzeige

Lainer: Passen extrem gut aufeinander auf

ran.de: Wie nehmen Sie die aktuelle Situation wahr? Mit welchen Gedanken fahren Sie jeden Tag zum Training?

Lainer: "Jeder fährt aktuell zum Training, um Spaß zu haben, um endlich wieder Reize zu setzen. Natürlich fehlen einem aufgrund der aktuellen Pause die Ligaspiele, auf die man normalerweise unter der Woche hinarbeitet. Aber ich finde, dass wir trotzdem eine richtig gute Qualität bei den Einheiten haben und jeder einfach nur froh ist, wieder mit dem Ball arbeiten zu können. Denn letztlich ist alles besser, als nur alleine durch den Wald zu rennen. Und wir alle passen schon extrem gut aufeinander auf, jeder hält sich an die hygienischen Vorgaben, wäscht sich die Hände, nutzt Desinfektionsmittel und verzichtet im Moment auf Handshakes oder ähnliches. Mein Eindruck ist, dass mein Heimatland Österreich und auch Deutschland die Krise relativ gut im Griff haben und ich fühle mich auch medizinisch gut betreut und aufgehoben."

ran.de: Inwiefern ist es schwierig, auf einen Tag – die mögliche Wiederaufnahme der Bundesliga-Saison - hinzutrainieren, der bislang noch gar nicht feststeht? Wie bleibt man fokussiert und wie hält man da die persönliche Spannung aufrecht?

Lainer: "Es ist in meinen Augen aufgrund der Situation fast unmöglich, die Spannung aufrecht zu erhalten. Ich würde fast schon sagen, dass sie im Augenblick nicht wirklich existiert. Das wird sich aber sofort ändern, sobald wir wissen, wann es wieder mit der Bundesliga losgeht – wann auch immer das sein wird. Denn die Saison ist ja noch lange nicht vorbei, wir stehen in der Tabelle richtig gut da und haben noch Ziele. Deswegen ist der Fokus im Gegensatz zur Spannung nach wie vor da und auch sehr hoch. Denn unsere gemeinsamen Ziele haben wir nie aus den Augen verloren. Im letzten Drittel der Saison geht es um alles und da wollen wir voll da sein."

TV-Sender Sky ermöglicht Fans, Spiele zu verfolgen
News

Sky plant wohl sehr attraktives Angebot für Fans

Sky plant ein "sehr attraktives" Angebot, damit Fans die verbleibenden Bundesliga-Partien im Falle von Geisterspielen zu Hause verfolgen könnten.

  • 28.04.2020
  • 21:15 Uhr

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Lainer über Bundesliga-Neustart: "Wird sich zeigen, wer wirklich professionell lebt"

ran.de: Wie steht es um Ihre körperliche Fitness? Sie mussten sich ja wochenlang "nur" alleine zu Hause fit halten ...

Lainer: "Das fehlende Mannschaftstraining ist schon ein Problem, da geht sicherlich ein Teil der Fitness verloren. Das ist aber bei allen Mannschaften gleich. Und somit weder ein Vor- noch ein Nachteil. Allerdings wird sich mit dem erneuten Saisonstart genau zeigen, wer zu Hause gut gearbeitet hat und wer nicht. Aber aus meiner Sicht werden in den kommenden Wochen neben der Fitness noch weitere Faktoren eine Rolle spielen. Der Kopf zum Beispiel. Denn man muss trotz aller Widrigkeiten seine Leistung abrufen, mental stark sein und die Umstände komplett ausblenden. Außerdem werden es wahrscheinlich viele Spiele in nur sehr kurzer Zeit sein, mit einigen englischen Wochen. In dieser Phase wird sich zudem zeigen, wer wirklich professionell lebt – und wer nicht."

ran.de: Inwieweit wurden Sie und Ihre Kollegen bereits gebrieft, wie eine Fortsetzung der Bundesliga-Saison aussehen könnte? Wissen Sie bereits, worauf Sie als Spieler besonders achten müssten?

Lainer: "Ich denke, dass das jetzt ehrlich gesagt noch gar keinen Sinn macht, sich damit zu beschäftigen. Damit sollten wir uns intensiv auseinandersetzen, wenn es wirklich wieder losgeht. So lange bleiben wir ruhig, konzentriert und nehmen die Situation so an, wie sie eben ist."

Lainer: Bundesliga-Fortsetzung "gut und wichtig"

ran.de: Wie sinnvoll finden Sie eine Fortsetzung der Bundesliga generell?

Lainer: "Aus meiner Perspektive ist es natürlich gut und wichtig. Es wird einfach wichtig sein, die richtige Balance zu finden zwischen sportlicher Leistung und den gesundheitlichen Aspekten. Ich vertraue dabei aber absolut auf die DFL, die sich sicherlich einige Gedanken gemacht hat. Klar ist, dass es viele Maßnahmen wie regelmäßige Tests geben wird und auch der Matchday kein gewöhnlicher mehr sein wird. Darauf müssen wir uns alle einstellen und es auch bestmöglich annehmen."

ran.de: Inwiefern hat man als Spieler auch die wirtschaftlichen Konsequenzen für den Verein und vor allem auch die Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle im Kopf? Gladbach war in diesem Zusammenhang ja der erste Bundesliga-Klub, bei dem die Profis zugunsten des Klubs auf Teile des Gehalts verzichtet haben.

Lainer: "Das beschäftigt einen auf jeden Fall. Deswegen ist es ja umso wichtiger, dass wir weiterspielen. Für den Klub und die Mitarbeiter, damit dieses professionelle Umfeld wie hier in Mönchengladbach bestehen bleiben kann. Es war schon ein Weckruf für uns alle, als wir auf einmal von den Diskussionen um einen möglichen Saisonabbruch gehört haben oder dass viele Menschen in Kurzarbeit oder sogar um ihre Existenz bangen mussten. Solche Szenarien öffnen einem schon die Augen, zumal sie in so einem Ausmaß ja auch noch nie dagewesen sind. Von daher war es für uns alle auch überhaupt keine Frage, dass wir da als Mannschaft unseren Beitrag leisten wollen."

ran.de: Haben Sie persönlich Angst, sich möglicherweise bei einem Bundesligaspiel mit Corona zu infizieren? Und wie ist diesbezüglich die Meinung in der Kabine?

Lainer: "Es ist ja nicht so, dass wir einfach drauf los spielen. Es gibt ja Sicherheitsvorkehrungen und viele Maßnahmen, um uns Spieler zu schützen. Aus diesem Grund habe ich wenig Angst und mache mir auch keine Gedanken, ob ich mich jetzt infizieren könnte oder nicht. Ich vertraue wirklich auf alle Vorkehrungen und versuche, mich persönlich auch täglich daran zu orientieren."

ran.de: Was halten Sie eigentlich von Geisterspielen? Sie haben mit Gladbach ja bereits gegen den 1. FC Köln vor leeren Kulissen gespielt.

Lainer: "Es ist natürlich schöner, wenn man in einem vollbesetzten Stadion spielen kann. Überhaupt keine Frage. Aber die Situation ist im Moment einfach eine andere und wir sollten sie schnellstmöglich genau so annehmen. Denn wir sollten uns allen vor Augen führen, was alles auf dem Spiel steht – sowohl sportlich, als auch wirtschaftlich. Da geht es nicht nur um Punkte oder die Tabelle, sondern eben auch um den Verein und seine Mitarbeiter. Und das nicht nur bei uns."

Anzeige
Anzeige

Lainer witzelt über Geisterspiele: "Haben vielleicht einen kleinen Vorteil"

ran.de: Wie pusht man sich, wenn die Fans fehlen und von außen keine Signale kommen?

Lainer: "Das ist schon nicht ganz so einfach, denn man lebt als Fußballer ja letztlich von den Emotionen, die von den Rängen auf den Rasen übertragen werden. Aber dann muss man für sich eben andere Mittel und Wege finden, sich zu motivieren. Für viele wird das erste Spiel unter Ausschluss von Zuschauern sicherlich noch ein bisschen komisch sein, aber das wird von Mal zu Mal besser. Man gewöhnt sich dran. Da wir gegen Köln ja bereits ein Spiel unter diesen Bedingungen absolviert haben, haben wir jetzt vielleicht sogar einen kleinen Vorteil gegenüber der Konkurrenz (lacht)."

ran.de: Gladbach könnte in dieser Saison ja sportlich noch einiges erreichen – selbst die Deutsche Meisterschaft wäre theoretisch noch möglich. Was wäre so ein Erfolg in Rahmen der Corona-Krise überhaupt wert?

Lainer: "Im Moment haben wir ja noch gar nichts erreicht. Von daher bin ich da mit möglichen Szenarien eher vorsichtig. Aber wenn wir am Ende wirklich etwas erreichen sollten, dann werden wir das schon ganz sicher entsprechend wertschätzen, uns freuen und es auch feiern. Wenn auch sicherlich anders, als sonst ..."

ran.de: Wie nehmen Sie als Österreicher eigentlich die Situation in Ihrer Heimat wahr? Auch im Vergleich mit Deutschland?

Lainer: "Ich spreche natürlich sehr viel mit meiner Familie in Österreich und sie berichtet mir, dass die Menschen dort die getroffenen Maßnahmen in den vergangenen Wochen sehr diszipliniert durchgezogen haben und das Vertrauen in die dortige Regierung sehr groß war und auch nach wie vor ist. Dort ist es ja schon seit einiger Zeit völlig normal, mit Masken vor die Tür und einkaufen zu gehen, nun ist all das auch in Deutschland angekommen."

ran.de: Und was nehmen Sie persönlich vielleicht sogar aus dieser Corona-Krise mit?

Lainer: "Dass im Leben alles nicht so selbstverständlich ist, wie es vielleicht manchmal erscheinen mag. Vielleicht sollten wir alles in Zukunft ein bisschen mehr zu schätzen lernen und noch besser und vernünftiger nacheinander schauen und miteinander umgehen."

Das Interview führte: Dominik Hechler


© 2024 Seven.One Entertainment Group