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Chrstioph Kramer im ran-Interview

Christoph Kramer: "Das Trainer-Thema hat eben doch für Unruhe gesorgt“

  • Aktualisiert: 21.05.2021
  • 11:13 Uhr
  • ran / Andreas Kötter
Article Image Media
© getty
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Im Interview mit ran spricht Christoph Kramer über die Zeit unter Marco Rose und deren Ende. Die Rückkehr von Mats Hummels und Thomas Müller ist für den Gladbacher nur folgerichtig - und er traut der DFB-Elf viel zu.

München - Maximal Platz sieben, die Champions League- und Europa League-Qualifikation verpasst, die Saison 20/21 war für Borussia Mönchengladbach nicht besonders erfolgreich.

Mit einem Sieg am letzten Spieltag bei Werder Bremen (Samstag, ab 15 Uhr im Liveticker auf ran.de) könnte es noch zur Conference League reichen.

Im Interview mit ran sucht Christoph Kramer nach Gründen für die schwankenden Leistungen, äußert sich aber auch zur Führungskrise beim DFB und zu den EM-Chancen der deutschen Elf.

ran: Herr Kramer, die vergangenen Wochen und Monate waren in jeder Hinsicht kräftezehrend. Sind Sie froh, wenn diese Saison vorüber ist?

Christoph Kramer: Ja. Das kann man schon so sagen. Allerdings hat das weniger damit zu tun, dass es für uns sportlich nicht ganz so gelaufen ist, wie wir alle uns das erhofft hatten. Vielmehr liegt es an den Umständen, die uns alle in den vergangenen 15 Monaten belastet haben. Gerade nach schwierigen, fordernden Spielen habe ich es sehr vermisst, mich mit Freunden zu treffen, vielleicht mal zusammen etwas essen zu gehen, um einfach abschalten und an etwas anderes denken zu können als nur an Fußball. Aber diese Situation betrifft alle Menschen gleichermaßen.

ran: Gerade Borussias Spiele der vergangenen vier, fünf Wochen waren eine regelrechte Achterbahnfahrt. Da wurde 4:0 gegen Frankfurt gewonnen, dann aber nach 2:0-Führung in Hoffenheim noch verloren, worauf ein 5:0 gegen Bielefeld folgte - um kurz darauf in München ein niederschmetterndes 0:6 zu kassieren, das beim 1:2 gegen Stuttgart noch deutlich nachwirkte. Wie erklären sich solche enormen Schwankungen?

Kramer: Das ist wahnsinnig schwierig zu erklären. Ich sehe uns immer dann gut, wenn wir große Dominanz ausstrahlen, wie am vergangenen Wochenende in der ersten Halbzeit gegen Stuttgart. Wenn uns ein Gegner aber konsequent hoch anläuft, bekommen wir Probleme. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Saison. Dann schenken wir die Bälle viel zu schnell her, und ohne Ball wird es für eine spielstarke Mannschaft wie uns logischerweise schwierig. Und das mag dann für den Beobachter von außen passiv wirken.

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Borussia Mönchengladbachs Coach Marco Rose
News

Rose vor Saisonfinale: "Schauen nur auf uns"

Für Trainer Marco Rose hängt die sportliche Bilanz seiner letzten Saison bei Borussia Mönchengladbach entscheidend vom abschließenden Spiel ab.

  • 20.05.2021
  • 15:20 Uhr

ran: Trotz einiger herausragender Leistungen in der Champions League - fehlte nicht schon in der Hinrunde die Leichtigkeit der Vorsaison?

Kramer: Das kann man so sehen. Schon in der Hinrunde haben wir viele Punkte liegen lassen. Aus den drei Heimspielen gegen Augsburg, Hoffenheim und Hertha hätte man eigentlich sieben bis neun Punkte holen müssen, wir haben aber gerade einmal zwei geholt, obwohl die Leistung eigentlich gestimmt hat. Zuletzt war das nicht immer so.

ran: Ist man an auch an den eigenen hohen Ambitionen gescheitert?

Kramer: Fakt ist, dass sich der Druck sukzessive erhöht, wenn man hinter den eigenen Erwartungen zurückbleibt. Wir haben erst lange auf Platz 4 geschaut, dann auf die Europa League-Plätze, und nun schauen wir noch auf den Conference League-Platz. Wir haben also immer nach oben geschaut. Die Erwartungen an uns selbst waren demnach immer recht hoch. Und das erzeugt einen Grunddruck, der, meiner Meinung nach, nicht guttut. Wir sind ambitioniert, aber wenn man vier bis sechs Punkte hinter seinen Zielen liegt, muss man versuchen, die Tabelle für jeweils 90 Minuten aus dem Kopf zu bekommen, denn sonst nimmt man diesen Druck mit ins Spiel - und das hilft nicht weiter.

ran: Wann hatten Sie persönlich erstmals das Gefühl, dass es eine schwierige Saison werden könnte?

Kramer: Vorweg: Ich sehe diese Saison gewiss nicht als Misserfolg. Wir sind vor dem letzten Spieltag Achter, können noch Siebter werden und in die Conference League einziehen. In der Champions League haben wir das Achtelfinale erreicht, und im Viertelfinale des DFB-Pokals sind wir in einem Fifty-Fifty-Spiel ausgeschieden. Das war alles in allem okay. Aber es ist auch richtig, dass es in dieser Saison Begleitumstände gab, die nicht nur sportlicher Natur waren. Und natürlich hat auch das Trainer-Thema eine Eigendynamik angenommen und eine Diskussion ausgelöst, die meiner Meinung nach zwar überzogen und auch unfair war, aber eben doch für Unruhe gesorgt hat.

ran: Sieht man aber nicht aktuell auch in Frankfurt, wie ein solches Thema Einfluss auf die sportliche Leistung nehmen kann?

Kramer: Die Frage ist ja eher: Wie hätte man es denn anders machen können? Marco Rose und Adi Hütter hatten doch gar keine andere Wahl, als sich zu erklären. Vielleicht wäre es im Nachhinein besser gewesen, wenn man die Trainerwechsel erst nach Saisonende bekannt gegeben hätte. Aber das hätten die Medien vermutlich gar nicht zugelassen. Man kann sich noch so oft hinstellen und sagen 'Ich möchte mich zu diesem Zeitpunkt nicht äußern', das wird dann aber vermutlich nicht so einfach akzeptiert. Man wird denjenigen immer wieder fragen.

ran: Ganz losgelöst von Borussia und der Eintracht halten es manche für den finalen Sündenfall des Fußballs, dass jetzt selbst Trainer bestehende Verträge aushebeln. Wie bewerten Sie das?

Kramer: Mich wundert es ehrlich gesagt ein wenig, dass ein Thema wie die Ausstiegsklausel auch für Trainer erst jetzt auf den Tisch kommt. Der Trainer ist doch eine der wichtigsten Personalien in einem Verein. Deshalb hätte ich zum Beispiel Ablösesummen auch für Trainer schon viel früher erwartet. Natürlich könnten wir jetzt eine Diskussion über Moral im Profi-Fußball beginnen. Aber, um ehrlich zu sein, hätte man diese Diskussion dann doch schon längst führen müssen und nicht erst jetzt, da zum Beispiel auch über eine Super League diskutiert wird. Überall, wo viel Geld im Spiel ist - damit meine ich nicht nur den Fußball, sondern auch zum Beispiel die Wirtschaft -, kann man sich doch bereits seit einigen Jahren über vieles nur wundern.

ran: Was macht diese Erkenntnis mit Ihnen?

Kramer: Mir ist wichtig, dass man offen, ehrlich und anständig miteinander umgeht. Und ich habe das Gefühl, dass das bei Borussia Mönchengladbach hundertprozentig der Fall ist. Deswegen bin ich ja so gerne hier und spiele so gerne für Borussia Fußball. Aber noch mal: Fußball ist ein Geschäft, von dem viele profitieren, am Ende auch der Fan. Das große Rad Fußball, das gedreht wird, gibt auch dem Fan viel, der - wenn man die Corona-Umstände einmal ausklammert - eine hervorragende Infrastruktur mit tollen Stadien etc. nutzen kann und von Medien tagtäglich bedient wird. Kurzum: Wir sind alle Teil des Ganzen.

ran: Was bleibt nun von der kurzen Ära Marco Rose, gerade fußball-ideologisch?

Kramer: Die wichtigste Facette, die wir unter Marco Rose dazu gewonnen haben, ist das hohe Anlaufen des Gegners. Wir haben uns lange schwer damit getan, wenn der Gegner tief in der eigenen Hälfte den Ball hatte. Mittlerweile gelingt uns das hohe Anlaufen aber auf einem sehr vernünftigen Niveau, ohne dass wir darüber die anderen Dinge, die uns vorher schon stark gemacht haben, vergessen würden.

ran: Viele Ihrer Teamkollegen werden mit ihrer jeweiligen Nationalelf an der EM teilnehmen, und auch Sie sind dabei, erneut als Experte fürs "ZDF". Wie bewertet der Fachmann die Entscheidung des Bundestrainers, Thomas Müller und Mats Hummels zurückzuholen?

Kramer: Dass die beiden dabei sind, war für mich keine Überraschung mehr, sondern ist einfach nur hochverdient.

ran: Was trauen Sie der Elf zu?

Kramer: Ich glaube, dass die Nationalmannschaft eine deutlich wichtigere Rolle bei diesem Turnier spielen wird als man ihr gemeinhin, vor allem aber auch in Deutschland, zutraut. Ich bin sicher, dass die Gegner großen Respekt vor unserer Mannschaft haben. Im eigenen Land wird die Nationalmannschaft aktuell eher kritisch gesehen. Das ist sehr, sehr schade. Ich sehe die deutsche Mannschaft als Mitfavorit auf den Titel.

ran: Eine erfolgreiche EM würde sicherlich auch dem gebeutelten DFB gut tun. Wie bewerten Sie den Vorstoß der Gruppe um Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb und das ehemalige HSV-Vorstandsmitglied Katja Kraus, und könnten Sie sich eine Frau an der Spitze des DFB vorstellen?

Kramer: Ganz ehrlich, im Jahr 2021 ist mir völlig schnuppe, ob ein Mann oder eine Frau an der Spitze des DFB steht. Im Grunde sollte man das 'Mann oder Frau'-Ding heute überhaupt nicht mehr thematisieren. Das einzige Kriterium, um das es gehen sollte, ist doch, dass der- oder diejenige den Job gut macht.

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ran: In der kommenden Saison werden der Liga möglicherweise weitere Traditionsklubs fehlen, sollten neben Schalke auch Köln und/oder Werder absteigen ...

Kramer: Das wäre sehr schade. Und nicht nur in Sachen Tradition. Ich selbst bin ein Kind der 90er, und für mich gehören Schalke, Köln und Bremen glasklar in die Bundesliga. Ich liebe es in den Stadien dieser Vereine zu spielen, deren jeweilige Atmosphäre für mich zu den besten in der Liga gehört. Wenigstens ein Traditionsklub aber kommt ja hoffentlich zurück in die Bundesliga. Meinem Ex-Verein, dem VfL Bochum, drücke ich so krass die Daumen, dass es beinahe schon weh tut. Ich bin aber sehr guter Dinge, dass sich der VfL am Sonntagabend nach elf Jahren endlich wieder Erstligist nennen darf.

ran: Machen Sie sich andererseits Gedanken, dass es möglicherweise Borussia ist, die Bremen in die 2. Liga schicken könnte?

Kramer: Nein. Darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Für Bremen geht es um alles, wie für uns auch. Und wie gesagt, den Abstieg von Schalke 04 bedauere ich ebenso, wie ich den des 1. FC Köln oder den von Werder Bremen bedauern würde. Sie alle würden fehlen.

Das Interview führte Andreas Kötter

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