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ranSicht zum Rücktritt des Hertha-Trainers

Jürgen Klinsmanns Abgang: Stillos, dreist, bizarr

  • Aktualisiert: 11.02.2020
  • 21:33 Uhr
Article Image Media
© getty
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Er wollte mit Hertha BSC die Welt erobern und gab nach gerade mal 76 Tagen auf. Der Visionär Jürgen Klinsmann ist in Berlin krachend gescheitert und einen ganzen Verein lächerlich gemacht. Ein Kommentar von ran-Redakteur Thomas Gaber.

München - Am Montagabend waren die Hertha-Fans Jürgen Klinsmann noch ganz nah. Facebook-Live-Session mit dem Coach. Dem Reformer Fragen stellen dürfen, die Sorgen über die sportliche Situation nach dem miesen Spiel gegen Mainz 05 mitteilen. Coole Sache, die der Verein da seinen Anhängern ermöglicht.

Und Klinsmann war auch recht auskunftsfreudig. Knapp 20 Minuten nahm er sich Zeit, die Fragen zu beantworten. Wie immer verbunden mit jeder Menge Zuversicht.

"Die Mannschaft spielt immer besser."

"Es macht sehr viel Spaß."

"Es gibt viele Lichtblicke."

"Der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft ist richtig toll."

"Wir freuen uns sehr auf die Rückkehr von Cunha."

Alles supi also bei der Hertha. Wie könnte es auch anders sein? Klinsi ist ja da. Der Antreiber. Der Heilsbringer. Der Wachküsser.  Der Visionär. Big City Club, Baby. Yeah! Läuft die Nummer.

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Klinsmanns dreiste Lüge 

Ganze 14 Stunden nach dem Wohlfühlbad teilte Klinsmann via Facebook (wie zynisch!) mit, dass er seine Tätigkeit als Cheftrainer von Hertha BSC mit sofortiger Wirkung beendet. Begründung: mangelndes Vertrauen. Am Abend legt er in der "Bild"-Zeitung nach.

"Ich habe ein Himmelfahrtskommando übernommen."

"Ich habe schon länger das Gefühl, dass es so nicht funktioniert."

"Es gab deutliche Anzeichen, dass sich die Situation eher noch verschlechtert."

Also doch keine Lichtblicke. Keine Weiterentwicklung. Und vor allem kein Spaß. Klinsmann gaukelte den Hertha-Fans bloß was vor. Er hat sie schlicht und ergreifend angelogen. Dreister geht's kaum.

Die Hertha-Fans sollten sich nicht grämen, sie sollten lieber froh sein, dass der Blender wieder verschwunden ist. Zumindest von der Trainerbank.

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Viel verbrannte Erde

Klinsmann hat bei Amtsantritt Großes verkündet. Von Champions League und deutscher Meisterschaft gesprochen. Vom spannendsten Fußballprojekt Europas. Man muss es ihm lassen: Er kann Leute mitreißen. Aber es steckt halt verdammt wenig dahinter.

Rückblickend bleibt ein 76 Tage andauerndes Intermezzo mit viel verbrannter Erde. Verprellte Leistungsträger wie Vedad Ibisevic und Salomon Kalou. Zu Statisten degradierte Top-Talente wie Arne Meier. Eine im Affekt teuer zusammengestöpselte Mannschaft. Und obendrein ein PR-Desaster oberster Güte.

Indem Klinsmann seine Entscheidung in Eigenregie über Facebook mitteilte, entzog er dem Klub die Kommunikationshoheit. Geschäftsführung, Mannschaft, Presseabteilung - niemand wurde vorab informiert. Klinsmann hat den ganzen Verein vor den Kopf gestoßen, er hat ihn lächerlich gemacht. Ich bin Jürgen Klinsmann, ich mach das mal eben selbst. Eine Selbstinszenierung deluxe. Stilloser geht's kaum.

Mauerfußball statt Offensivspektakel 

In seiner Urteilsbegründung stellte Klinsmann die seiner Ansicht nach erfolgreiche Arbeit der letzten zehn Wochen in den Vordergrund. Seine Bilanz aus zehn Pflichtspielen (drei Siege, drei Unentschieden, vier Niederlagen) ist noch ganz ok.

Doch eine Handschrift des Trainers oder eine spielerische Weiterentwicklung waren nicht mal im Ansatz erkennbar. Klinsmann versprach Offensivfußball, schnelles vertikales Spiel. Heraus kam zumeist Mauerfußball in einem unausgereiften taktischen Konzept, dass die Mannschaft überforderte.

Anstatt sich auf seine tägliche Arbeit als Übungsleiter zu konzentrieren und die Spieler auch mental auf den Abstiegskampf vorzubereiten, wollte Klinsmann die Macht im Verein an sich reißen. Er wollte Trainer nach englischem Modell werden mit der alleinigen Verantwortung für den gesamten sportlichen Bereich. Kaderplanung alleine vorantreiben, Transfers alleine einfädeln, statt sich mit dem Management abzusprechen.

Weil aber das Management, allen voran Geschäftsführer Michael Preetz, die schwierige sportliche Situation für wesentlich wichtiger hält als etwaige strukturelle Veränderungen, springt Klinsmann ab. Lieber schnell verpissen, bevor's ungemütlich wird im Abstiegskampf. War ja auch ein Himmelfahrtskommando. Durfte im Januar ja nur 80 Millionen Euro (mehr als jeder andere Klub in Europa!) für neue Spieler ausgeben.

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Klinsmann will Aufsichtsratsmitglied

Klinsmann setzt der ganzen Nummer noch die Krone auf, indem er angibt, nach dem Rücktritt als Trainer die Rolle als Mitglied des Aufsichtsrats von Hertha BSC weiter ausführen zu wollen. Er will also fortan die Arbeit der Personen, denen er mangelndes Vertrauen vorwirft, kontrollieren. Bizarrer geht's kaum. 

Für den Verein und seine Fans wäre es ein Segen, wenn Jürgen Klinsmann mit seinem Projekt Hertha BSC abschließt. Und zwar ganz. 

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