Besser spät als nie!
Das "Protokoll Kopfverletzungen" in der Bundesliga war überfällig – ein Kommentar
- Aktualisiert: 31.03.2023
- 10:23 Uhr
- ran.de / Tobias Wiltschek
Dass die DFL ihre Bemühungen verstärkt, schwere Kopfverletzungen zu verhindern, ist richtig. Die Vorgaben müssen nun aber auch strikt umgesetzt werden, damit die Heroisierung von ungesunder Härte endlich aufhört. Ein Kommentar.
Endlich!
Endlich haben sich die deutschen Profiklubs auf ein einheitliches und schärferes Vorgehen bei Kopfverletzungen der Spieler geeinigt.
Dieser Schritt ist richtig, war aber auch längst überfällig. Zu lange herrschte die Meinung vor, es sei ein Zeichen echter Härte, wenn Spieler trotz blutender Köpfe und Brummschädel weiterhin alles gaben für den Erfolg ihrer Mannschaft.
Bestes Beispiel: Bayern-Stürmer Dieter Hoeneß, der im Pokalfinale 1982 beim Sieg gegen Nürnberg mit seinem Turban auch noch ein Tor per Kopf erzielte.
Live-Kommentator Dieter Kürten sprach damals schon von einer Verantwortungslosigkeit, Hoeneß weiterspielen zu lassen. Seine Kritik hat in dieser Zeit nur niemand ernst genommen. Sie ging unter in der allgemeinen Bewunderung für den Turban-Dieter.
Es musste erst Christoph Kramer im WM-Finale von Rio nach einem schweren Zusammenprall mit einem Gegenspieler minutenlang orientierungslos durchs Maracana irren, bis auch in der Öffentlichkeit nach und nach ein Umdenken beim Fußball stattfand.
Mit Kopfverletzungen ist nicht zu spaßen! Diese Erkenntnis, die von zahlreichen Studien bestätigt wird und in der NFL schon vor zehn Jahren zur Einführung des "Concussion Protocols" führte, hat sich nun auch in Deutschland durchgesetzt.
Dass an dem Bundesliga-Konzept der langjährige DFB-Teamarzt Tim Meyer entscheidend mitgewirkt hat, schafft zusätzliches Vertrauen in die Maßnahmen. Mit seinem Namen ist bekanntlich auch die erfolgreiche Covid-Strategie im Fußball verbunden.
Protokoll Kopfverletzungen: Vorgaben müssen genauestens umgesetzt werden
Nun geht es darum, die konkreten Vorgaben auch zügig in die Praxis umzusetzen. Auch hier lohnt ein Blick über den Teich in die NFL. Dort hat in der vergangenen Saison der Fall von Tua Tagovailoa die Schwachstellen des "Concussion Protocols" aufgezeigt.
Der Quarterback der Miami Dolphins war trotz mehrmaliger Gehirnerschütterungen jeweils kurze Zeit später wieder für spielfähig erklärt worden. Erst nach dem dritten Vorfall und stetig wachsender Kritik wurden die Protokoll-Bestimmungen verschärft - und Tagovailoa nicht mehr aus dem Protokoll entlassen.
Externer Inhalt
In der Bundesliga darf es solche Start-Probleme bei der Umsetzung nicht geben. Denn auch unter Fußballern steigt die Zahl der diagnostizierten Fälle von Gehirnkrankheiten, wie CTE, die im schlimmsten Fall tödlich sein können.
Deshalb muss von nun an jede Kopfverletzung noch auf dem Platz exakt untersucht werden, auch wenn das mal ein paar Minuten länger dauern sollte. Und sollte es nur den kleinsten Zweifel daran geben, dass der Profi weiterspielen kann, muss er vom Feld!
So viel Zeit und Entschlossenheit sollte sich die Bundesliga leisten – zum Wohle ihrer Spieler.