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Corona-Zoff beim 1. FC Köln

ranSicht zum Fall Verstraete: Moralisches Eigentor des FC

  • Aktualisiert: 03.05.2020
  • 23:53 Uhr
  • ran.de/Christian Stüwe
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© 2020 TF-Images
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Birger Verstraete vom 1. FC Köln äußert sich besorgt wegen der positiven Coronatests in der Mannschaft. Seine Freundin ist herzkrank. Anstatt mit Empathie zu reagieren, muss der Mittelfeldspieler beim FC zum Rapport. Ein Kommentar von ran-Redakteur Christian Stüwe. 

In Krisenzeiten von SARS-CoV-2 betrachten viele Menschen Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Auch der Fußball ist davon betroffen. Seit Jahrzehnten das liebste Kind der Deutschen (mal abgesehen vom Auto), wird das Millionenspektakel derzeit so kritisch gesehen wie vielleicht noch nie.

Das Geprotze der Spieler bei Social Media, die immer höheren Ablösesummen und Gehälter, die Korruptionsskandale der Verbände. All das ist schwer vermittelbar in einer Zeit, in der viele Menschen um ihre Existenz und mitunter ihr Leben bangen. Die seit Jahren zu beobachtende Entfremdung zwischen Profifußball und Fans ist in den letzten Wochen nochmals rasant fortgeschritten.

Auch die Pläne der DFL, die Bundesliga-Saison mit Geisterspielen zu Ende zu bringen, wird von vielen Fußballanhängern skeptisch gesehen. Schließlich geht es hierbei einmal mehr nicht um die Interessen der Fans, sondern vor allem darum, die Einnahmen aus den lukrativen TV-Verträgen zu retten.

Ein aufwendiges Hygienekonzept wurde hierfür vorgelegt, das auch die regelmäßige Testung der Spieler beinhaltet. Beim 1. FC Köln schlugen die Coronatests direkt an, zwei Spieler wurden positiv getestet, außerdem noch ein Physiotheraupeut.

Nun sollte man meinen, dass sich die Mannschaft und der Betreuerstab geschlossen in Quarantäne begeben würden. Aber der Neustart der Bundesliga ist offenbar wichtiger als gesundheitliche Bedenken. Lediglich die drei betroffenen Personen mussten sich isolieren.

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Kein glattbebügeltes Interview

FC-Profi Birger Verstraete hat dafür kein Verständnis. Seine Freundin hat Herzprobleme, ist Mitglied der Risikogruppe. "Es ist bizarr, dass wir nicht in Quarantäne müssen", sagte der Mittelfeldspieler im belgischen TV. Und weiter: Er wolle, dass alle wieder gesund sind, bevor Fußball gespielt werde. Der Sinn stehe ihm derzeit nicht nach Fußball. Die Gesundheit seiner Freundin sei ihm wichtiger.

Verständlich. Kein glatt gebügeltes Interview, wie man es so oft von Fußballprofis hört. Sondern ehrliche Aussagen, die wohl Millionen Menschen in Deutschland derzeit so unterschreiben würden.

Am Geißbockheim wurden sie aber offensichtlich nicht gerne gehört. Verstraete musste zum Rapport, danach hörte sich alles anders ein. Er habe sich an einigen Stellen falsch ausgedrückt, wird Verstraete in einer Mitteilung des Vereins zitiert, in der Übersetzung seiner Aussagen sei ein falscher Eindruck entstanden.

Chance verpasst

Verstraetes Freundin wird nun in die belgische Heimat fahren, der eingenordete Profi sich weiter mit der Mannschaft auf den Neustart der Bundesliga vorbereiten. Der FC hat dabei die Chance verpasst, mit Menschlichkeit und Empathie auf die berechtigte Angst seines Spielers zu reagieren. Es hätte der ganzen Fußballbranche gutgetan.

Letztlich hat der FC ein moralisches Eigentor geschossen. Die Reaktionen der Fans in den sozialen Netzwerken schwanken zwischen Wut und Fassungslosigkeit. Was ins Bild passt, das die Bundesliga gerade abgibt. Die Show muss weitergehen, um jeden Preis. Während große Teile der Gesellschaft in der Krise wieder näher zusammenrücken, entfernt sich der Fußball noch weiter von seiner Basis. Wenn die Pandemie irgendwann überwunden ist, werden die Fans das nicht vergessen haben.

Christian Stüwe

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