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Talfahrt in der Bundesliga geht weiter

Schalke 04: Kollektive Krise bei Königsblau

  • Aktualisiert: 19.05.2020
  • 10:45 Uhr
  • ran.de/Thomas Gaber
Article Image Media
© getty

Sportlich am Boden, finanziell am Abgrund. Der Schalke 04 liefert während und nach der Corona-Pause ausschließlich Negativschlagzeilen. Der Trainer ist ratlos und der mächtige Mann im Verein ist kurz davor, Hochverrat zu begehen.

München - Thorsten Legat war noch nie um klare Worte verlegen. Ob als Spieler, später als Trainer auf bisweilen legendären Pressekonferenzen, als Reality-TV-Sternchen oder als gern gehörter Fußball-Experte - es gab regelmäßig "Kasalla".

Seit kurzem betreibt Legat mit dem TV-Moderator Cedric Pick den Podcast den Fußball-Podcast "Legat & Pick - Die Spieltags-Stammtischer". In der neuesten Ausgabe legte sich Legat beim Thema Schalke 04 so richtig ins Zeug. 

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Legat: "Das war unterste Schublade"

"Das Zweikampfverhalten im gesamten Team war nicht vorhanden", legte Legat los: "Einige Spieler gingen beim 0:4 auf Beinschuss. Ich habe mir nur gedacht, ist das ein Derby oder ein U19-Spiel Dortmund gegen Schalke? Das war unterste Schublade. Ich habe mich geärgert, wie die Einstellung der gesamten Mannschaft war und über die Aussage von David Wagner, dass er mit der Kulisse haderte. Das ist amateurhaft und einfach deprimierend. Ich schäme mich für Schalke 04."

Es ist Teil des Jobs als Experte, auch mal beißende Kritik zu äußern, vor allem dann, wenn es um einen Ex-Verein geht. Legat stand von 2000 bis 2002 bei Königsblau unter Vertrag. Doch man muss den Auftritt von Schalke 04 in Spiel eins nach der Corona-Pause nicht bis ins Detail analysieren, um Legat grundsätzlich zuzustimmen. 

Nach einer ordentlichen Anfangsphase fiel Schalke sukzessive auseinander, verteidigte ohne Mumm und agierte Ideen- und antriebslos im Spiel nach vorne.

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Olaf Thon befürchtet "freien Fall"

Man kann nach einem zehnwöchigen Ausnahmezustand mit rudimentärem Training, Hygiene-Wahn und Geisterspiel-Kulisse keine Wunderdinge erwarten. Aber man muss erwarten können, dass sich die Mannschaft im Derby zerreißt. 

"Der FC Schalke 04 hat beim Re-Start sportlich wenig bis gar nichts zur Werbung für die Bundesliga beigetragen", schrieb Eurofighter Olaf Thon in seiner "Kicker"-Kolumne und befürchtet einen weiteren "freien Fall". Der Trend der letzten Spiele vor der Corona-Pause setzte sich am Samstag in Dortmund nahtlos fort. Seit acht Pflichtspielen hat Schalke nicht mehr gewonnen, 19 Gegentore gefressen und nur zwei Mal selbst getroffen.

Legat macht dafür mangelnden "Teamspirit und Zusammenhalt" aus und kreidet diese fehlenden elementaren Dinge dem Trainer an. "Ich weiß nicht, was David Wagner die letzten Wochen und Monate gemacht hat. Ich dachte am Anfang wirklich, da kommt einer aus England, der bringt alles mit, diesen Kampfgeist - davon ist nichts mehr zu sehen. Da fehlt es an allen Ecken und Enden."

Nübel muss wieder ins Tor

Wagner wirkt zunehmend ratlos. "Wir hatten kein Gefühl dafür, wo wir stehen. Im Defensivverhalten war das nicht gut und deshalb haben wir das Spiel verdient verloren. Warum wir solche Probleme hatten, erschließt sich mir aber noch nicht", sagte er nach dem Spiel. 

Ein Problem ist aber offensichtlich: der Torwart. Markus Schubert langte gegen den BVB nicht zum ersten Mal daneben, seit er Alexander Nüberl als Nummer eins ablöste. Legats Urteil - und nicht nur Legats: "Schubert ist nicht bundesligatauglich!"

Nübel ist bei den Schalke-Fans seit seinem bekannt gewordenen Wechsel zum FC Bayern unten durch, aber angesichts der Dauer-Geisterspiel-Schleife bis zum angestrebten Saisonabschluss Ende Juni kann Nübel zumindest nicht im Stadion vom eigenen Anhang angefeindet werden.

Wagner sollte und wird sich sich wohl auch genau überlegen, ob er ihn nicht wieder ins Tor stellt. Nübel statt Schubert im Kasten ist alternativlos, wenn Schalke sein Ziel Europa-League-Platz nicht weiter gefährden will.

Tönnies arbeitet an der Ausgliederung von Schalke
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Tönnies forciert bei Schalke die Ausgliederung: "Das arbeiten wir aus"

Clemens Tönnies forciert beim Fußball-Bundesligisten Schalke 04 Pläne einer Ausgliederung der Profi-Abteilung aus dem eingetragenen Verein.

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Schalke finanziell am Abgrund

Der Druck steigt allmählich auch intern. Aufsichtsrats-Boss Clemens Tönnies forderte nach der Derby-Schmach umgehend Kompensation: "Jetzt ist der Trainer gefragt und die Truppe. Die sollen das nächste Mal zeigen, dass sie es wiedergutmachen. Fertig. Ende."

Damit lenkte Tönnies den Fokus geschickt auf das Sportliche. Denn was ihn und viele auf und um Schalke derzeit tatsächlich mehr beschäftigt als eine Derby-Klatsche, ist die ungewisse Zukunft. Kein anderer Verein in Deutschland wurde während der Corona-Pause so intensiv mit finanziellen Schwierigkeiten in Verbindung gebracht wie der FC Schalke 04. 

Die Rede ist von knapp 200 Millionen Euro Verbindlichkeiten, Steuerstundungen und verpfändeten Fernsehgeldern. Bizarr, wie der Klub seine Anhänger förmlich anwinselte, auf Rückerstattungen von Ticketkäufen zu verzichten. 

Unumwunden sprach Tönnies zuletzt von einer finanziell "prekären Lage" auf Schalke. Fehlende Europacup-Einnahmen, eine verfehlte Transferpolitik und eine hohe Fluktuation in Positionen auf Führungsebene haben dazu geführt, dass der Verein in der letzten Bilanz einen Verlust von 26 Millionen Euro auswies. 

Tönnies plant Ausgliederung der Profi-Abteilung

Um den Kraftakt hinzubekommen und die drohende Insolvenz zu verhindern, ist Tönnies drauf und dran, Hochverrat zu begehen. Er brachte die Ausgliederung der Profi-Abteilung ins Gespräch.

"Wir diskutieren seit Jahren, ob wir einen traditionellen Fußballverein halten können. Vor allem in Corona-Zeiten müssen wir nochmal darüber sprechen. Wir müssen erstmal die nächsten Spiele abwarten. Parallel arbeiten wir aber das alles aus. Dann schauen wir mal", sagte er nach dem Derby bei "Sky".

Das könnte dringend notwendige Investoren anlocken, ist aber ein tiefrotes Tuch bei den Fans. 

Tönnies' Worte sorgten für eine Menge Diskussionspotenzial in den sozialen Netzwerken mit überwiegend ablehnender Haltung seitens der Anhänger.

Sollte Tönnies darüber auf einer Mitgliederversammlung abstimmen lassen, bräuchte es eine Dreiviertelmehrheit. Das ist höchst unwahrscheinlich. 

Umso wahrscheinlicher ist dagegen, dass es in den nächsten Tagen und Wochen ordentlich "Kasalla" auf Schalke gibt. Nicht nur von Seiten der Experten, sondern auch intern.

"Wir müssen ja Abstand halten, aber das hält uns nicht davon ab, uns auch mal gegenseitig die Meinung zu geigen", sagte Sane. Ein reinigendes Gewitter hat noch nie geschadet.  

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