• Darts
  • Tennis
  • Alle Sportarten

Anzeige
Anzeige
FC-Keeper im Exklusiv-Interview

Timo Horn exklusiv: "Von freiwilliger Selbstzerstörung sind wir ganz weit weg"

  • Aktualisiert: 14.02.2021
  • 12:49 Uhr
  • ran.de/Andreas Kötter
Article Image Media
© imago images/Revierfoto
Anzeige

Mit dem Erfolg bei Borussia Mönchengladbach hat der 1. FC Köln den Aufwärtstrend in der Bundesliga mit zuletzt zehn Punkten aus fünf Spielen bestätigt. Im Exklusiv-Interview mit ran.de spricht Torwart Timo Horn vor dem Gastspiel bei  Eintracht Frankfurt (Sonntag ab 15:30 Uhr im Liveticker auf ran.de) über die Bedeutung des Derby-Sieges angesichts der aufgeheizten Lage im Umfeld des Klubs, über eine drohende Entfremdung zwischen Fans und Fußball und über die Äußerungen von Roman Weidenfeller, der Horn kürzlich heftig kritisiert hatte.

ran.de: Herr Horn, wieso siegt der FC in Gladbach und Dortmund und punktet gegen Frankfurt und Wolfsburg, verliert aber in Bielefeld und gegen Augsburg?

Timo Horn: "Wenn wir diese Frage mit absoluter Sicherheit beantworten könnten, wäre uns allen damit sehr geholfen. Ich denke, es liegt unter anderem daran, dass wir uns gegen Mannschaften, die das Spiel machen, leichter tun. Wir können uns in solchen Spielen zunächst ganz auf die Defensive konzentrieren, um später, wenn wir sicher stehen, über Umschaltsituationen selbst zum Erfolg zu kommen. Etwas mehr Konstanz und weniger Auf und Ab wäre natürlich dennoch wünschenswert. Aber man muss auch sagen, dass die Mannschaft, wenn der Druck besonders große wurde, meist eine tolle Reaktion zeigt. Das beweist, dass die Truppe intakt ist - was in unserer Situation nicht selbstverständlich ist." 

ran.de: Hat ein Team, das entsprechende Leistungen erst dann abruft, wenn es, auch für den Trainer, eng wird, aber nicht ein Mentalitätsproblem?

Horn: "Auf gar keinen Fall! Uns geht die aktuelle Situation sehr nahe, obwohl wir bereits vor der Saison wussten, dass es ein sehr schwieriges Jahr werden würde. Mir war immer klar, dass wir möglicherweise bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt kämpfen müssen. Bloß ist die Erwartungshaltung rund um den Verein meist eine andere. Fakt ist: Wir haben von den letzten fünf Spielen drei gewonnen." 

ran.de: Welchen Wert hat da der Derby-Sieg in Gladbach, gerade über das rein Sportliche hinaus?

Horn: "Man braucht nicht drum herum zu reden, dass dieser Derby-Sieg, der erste seit drei Jahren, extrem wichtig und Gold wert war - in vielerlei Hinsicht. Allein schon emotional hat das einen großen Wert, für den Verein, für die Fans und natürlich auch für uns als Mannschaft. Das gibt uns Selbstvertrauen und Sicherheit." 

ran.de: Hätte sonst Explosionsgefahr gedroht nach der unpassenden Äußerung von Dominick Drexler und der Posse um den neuen Medienchef, der aus ähnlichen Gründen noch vor Amtsantritt gefeuert wurde?

Horn: "Natürlich helfen uns Ergebnisse auch im Alltag weiter, gerade angesichts der Dinge, die im Vorfeld des Derbys passiert sind." 

Anzeige
Markus Gisdol lobt Eintracht Frankfurt
News

Kölns Gisdol schwärmt von "beeindruckender" Eintracht

Trainer Markus Gisdol vom Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln gerät angesichts des kommenden Gegners Eintracht Frankfurt geradezu ins Schwärmen.

  • 12.02.2021
  • 13:10 Uhr

ran.de: Bisweilen scheint es beinahe so, als habe man beim FC Freude an der Selbstzerstörung …

Horn: "Niemand von uns macht absichtlich Fehler. Weder auf dem Platz noch daneben. Und von freiwilliger Selbstzerstörung sind wir ganz weit weg. Grundsätzlich versuchen wir intern, die Dinge differenziert zu betrachten, und dann die richtige Antwort auf dem Platz geben. Ich denke, dass wir das in Gladbach getan haben." 

ran.de: Schlägt jemand wie Sie, der dem Verein sogar in der 2. Liga die Treue gehalten hat, nicht doch schon mal die Hände über dem Kopf zusammen?

Horn: "Entscheidend sind in dem Fall ausnahmsweise mal nicht meine Hände, sondern dass wir alle einen kühlen Kopf bewahren und konzentriert weiter arbeiten. Mit der Zeit lernt man mit solchen Dingen umzugehen und den Blick möglichst schnell wieder nach vorne zu richten. So kommt man immer noch am besten aus einer solchen Situation heraus. Und ich spüre, dass wir als Mannschaft gerade auch dann fest zusammenstehen, wenn es um uns herum vielleicht einmal nicht alles ganz rund läuft." 

ran.de: Drexler in Köln, Embolo in Gladbach, Tolisso in München - drei unterschiedliche 'Vergehen', die aber vermitteln, dass Profis zunehmend in eigener Sache unterwegs sind und kaum Rücksicht nehmen auf die Belange von Verein und Fans. Ist was dran an diesem Eindruck?

Horn: "Um Gottes willen, nein! Natürlich kann ich nur für unser Team sprechen, aber bei uns gibt jeder Vollgas für den FC. Es glaubt niemand, wichtiger als der Verein zu sein. Und auch wenn das mal anders dargestellt wird – das sind auf jeden Fall ganz normale Jungs, die Gefühle haben und auch schon mal Fehler machen, wie jeder andere auch. Jungs, die den Fußball schon immer lieben, als Kinder auf den Bolzplatz gegangen sind und irgendwann begonnen haben, von einer Karriere als Profi zu träumen - und dann dafür zunächst einmal sehr viel hinten anstellen mussten." 

ran.de: Auch ohne Fehltritte, wie die oben genannten - muss man das Verhältnis zwischen Fans und Profis heute nicht grundsätzlich als belastet bezeichnen, wenn Fans Spieler sogar bedrohen? 

Horn: "Ich kann nicht behaupten, dass ich schon jemals vor Fans hätte Angst haben müssen. Und ich halte es für sehr wichtig, dass man alle mit ins Boot holt. Denn letztlich verbindet uns ein und dasselbe, und das ist der 1. FC Köln. Im Übrigen ist ja bekannt, dass wir als Mannschaftsrat noch am vergangenen Wochenende den Austausch mit den Fan-Vertretern gesucht haben. Und es war ein sehr gutes Gespräch, so haben es beide Seiten empfunden. Dass sich Mannschaft und Fans entfremden oder dass gar eine große Kluft entsteht, das wäre das Schlimmste, was passieren könnte. Ich habe so etwas in Köln schon einmal erlebt. Und das war gewiss keine schöne Zeit." 

ran.de: Sie selbst mussten im Vorjahr zum Teil deutlich überzogene Kritik und sogar Häme aushalten. Was hat das mit ihnen gemacht?

Horn: "Auch das lernt man mit der Zeit, die Emotionen ein Stück weit auszuschalten, um das Ganze für sich selbst sachlich analysieren zu können. Ich bin der Letzte, der nicht offen wäre für konstruktive Kritik und ich habe hart gearbeitet, um mich aus dieser Situation heraus zu kämpfen. Das hat gut funktioniert und ich denke, dass ich der Mannschaft in dieser Saison von hinten heraus wieder die notwendige Sicherheit vermittle. Es gibt Höhen, aber auch Tiefen im Laufe einer Profikarriere. Mal mögen einen die Leute mehr, mal weniger. Wichtig ist, dass man immer bei sich selbst bleibt und sich auf seine Aufgabe fokussiert." 

ran.de: Kritik gab es kürzlich auch vom Weltmeister von 2014, Roman Weidenfeller, der meinte Ihnen via Medien mitteilen zu müssen, dass Sie seit 2017 stagnieren würden und dass Ihre Loyalität zum FC in karrieretechnischer Hinsicht ein Fehler gewesen sei …

Horn: "Ich habe mir die Entscheidung, mit in die 2. Liga zu gehen, damals sehr gut überlegt - mit allen Konsequenzen. Eigentlich ist es doch absurd, dass man für Vereinstreue kritisiert wird, oder? Klar kann man sagen, dass das ein Schritt zurück war, weil es ein Jahr in der Zweiten Liga war. Aber es war von mir eben ein ganz bewusster Schritt, um bei meinem Verein zu bleiben. Im Übrigen gibt es auch genügend Beispiele für Spieler, die ihren Heimatverein für den vermeintlich nächsten Schritt verlassen und sich alsbald in der Versenkung wieder gefunden haben." 

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.
mazgisdol_ST1612520955

Bundesliga-Stehaufmännchen: Gisdols ewiger Abstiegskampf

1. FC Kölns Trainer Markus Gisdol beweist schon seit langem seine Kämpfer-Mentalitäten und versucht den 1. FC im Oberhaus des deutschen Fußballs zu halten.

  • Video
  • 02:21 Min
  • Ab 0

ran.de: Haben Sie sich über diese Kollegenschelte geärgert?

Horn: "Es ist sein gutes Recht, seine Meinung zu äußern. Und vielleicht hätte er in meiner Situation tatsächlich anders gehandelt. Jeder trifft ja seine Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen. Und genau deshalb habe ich meine Entscheidung nie bereut und bin absolut mit mir im Reinen." 

ran.de: Apropos 'Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen': Zuletzt gab es wiederholt Wirbel um den Videoschiedsrichter. Sind Fehlentscheidungen heute, mit VAR, nicht noch ein viel größeres Ärgernis als früher ohne?

Horn: "Wir waren im Pokal ja selbst betroffen, und natürlich war das sehr ärgerlich. Der Treffer, der nicht gegeben wurde, wäre das 3:1 für uns und damit vielleicht eine Vorentscheidung gewesen. Noch am Tag zuvor hatte man in einer ähnlichen Situation auf Tor entschieden. Mag schon sein, dass solche Diskussionen den Fußball ein Stück weit auch ausmachen. Trotzdem wäre es unbedingt wünschenswert, dass die Regeln noch genauer definiert werden und dass es nicht zwei, drei oder - wie kürzlich in Dortmund - sogar fünf Minuten dauert, bis eine Entscheidung gefällt wird. Da ist weder den Spielern, noch den Fans, die hoffentlich bald wieder dabei sein werden, zuzumuten."

Das Interview führte Andreas Kötter

Du willst die wichtigsten Fußball-News, Videos und Daten direkt auf Deinem Smartphone? Dann hole Dir die neue ran-App mit Push-Nachrichten für die wichtigsten News Deiner Lieblings-Sportart. Erhältlich im App-Store für Apple und Android.


© 2024 Seven.One Entertainment Group