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Europa League

Bayer Leverkusen hadert mit Zeitspiel: "Das ist kein Fußball, das ist eine Frechheit"

  • Aktualisiert: 22.05.2023
  • 13:05 Uhr
  • ran.de
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© IMAGO/Kolvenbach
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Bayer Leverkusen ist im Halbfinale der Europa League an der ekligen Cleverness und dem auf die Spitze getriebenen Zeitspiel der AS Rom gescheitert. Aber vor allem auch an sich selbst.

Aus Leverkusen berichtet Andreas Reiners

Ein Blick in die Gesichter sprach Bände. Das reichte, um sich ein Bild zu machen.

Ob nun Florian Wirtz, Kerem Demirbay oder Lukas Hradecky: Die Enttäuschung saß tief. Der Frust, die Wut, die Ungläubigkeit. Das wird ohne Frage noch ein paar Tage so sein. Ziemlich sicher sogar noch ein paar Wochen. 

Denn Bayer Leverkusen war nah dran am Finale der Europa League, schied nach einem 0:0 im Rückspiel gegen die AS Rom aber durch das 0:1 im Hinspiel aus. Es war aber nicht alleine die Tatsache, dass der Traum vom ersten Titel seit 30 Jahren brutal geplatzt ist. Und das auf den Tag genau 35 Jahre nach dem historischen UEFA-Cup-Triumph.

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Defensiv-Bollwerk und Zeitspiel aus dem Lehrbuch

Es war das "wie". Die Art und Weise.

Der Anti-Fußball der Römer. Die Zerstörungstaktik von Startrainer Jose Mourinho. Das Defensiv-Bollwerk der Italiener. Das Schlimmste war jedoch das bis zur Perfektion zelebrierte Zeitspiel. Von Anfang an, immer wieder, ließen sie sich aufreizend Zeit, ließen sich fallen, lange behandeln. Lamentierten, diskutierten, nahmen Zeit von der Uhr und nutzten dafür auch die billigsten Taschenspieler-Tricks.

Die Einzelkritik Bayer Leverkusens gegen die AS Rom

Bayer bemüht, aber tragisch - Die Noten von Wirtz & Co.

Bayer Leverkusen hat das Finale der Europa League verpasst. Trotz deutlicher Überlegenheit blieb es gegen die AS Rom nach 90 Minuten bei einem 0:0. Wir haben das Bayer-Team benotet.

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  • 18.05.2023
  • 23:13 Uhr

Alles vom Regelwerk abgesegnet, am Rande des Legalität, im Graubereich. Aber eben auch alles weit am guten Geschmack vorbei, am Sinn des Fußballs, an der Liebe zum Spiel. Was ein Schlag ins Gesicht aller Romantiker war, dient als Lehrbeispiel für nüchterne Ergebnis-Enthusiasten. Denn der Erfolg gibt Mourinho Recht, so simpel und brutal ist der Fußball am Ende.

Viel reden wollten die Leverkusener deshalb nicht. 

Sie absolvierten ein paar Pflicht-Interviews im Fernsehen, in denen sie zu verstehen gaben, was sie von der Art und Weise, wie die Roma das 0:0 ermauerte, hielten. Ein müdes Kopfschütteln gab es in der Mixed Zone von Wirtz, ein kurzes "Nein" von Nadiem Amiri, andere tauchten gar nicht erst auf.

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"Das ist kein Fußball, das ist eine Frechheit"

Amiri hatte zuvor bei "RTL" gewettert, "das ist kein Fußball, das ist eine Frechheit. Dass so eine Mannschaft im Finale steht, ist bitter." Demirbay nannte die Römer "sehr erfahren. Dass so eine Spielweise belohnt wird, ist bitter. Man muss dennoch Glück wünschen, sie haben es eklig, aber gut gemacht".

Bayers Trainer Xabi Alonso wollte niemanden kritisieren. "Das ist Fußball, wir haben alles probiert. Ich habe es schon gesehen, aber ich möchte das nicht kommentieren", sagte der Spanier, der von 2010 bis 2013 bei Real Madrid unter dem Portugiesen spielte. Beide verstehen sich gut, klatschten sich um kurz vor Mitternacht, als Mourinho das x-te Sieger-Interview gab und Alonso in die Nacht entschwand, noch einmal ab. 

Auch für Alonso war es eine Art Lehrstück, wie man eine Mannschaft zu einem Titel führt. Auch wenn es "keine schöne Art" ist, "in ein Finale einzuziehen", wie "RTL"-Experte Karl-Heinz Riedle kritisierte. "Es ist schon bitter, wenn man so rausfliegt. Die AS Rom hat so gut wie gar nichts gemacht. Sie haben permanent das Spiel verzögert. Für den Fußball ist das eine Schande."

Lothar Matthäus ("Das ist kein schöner Fußball, aber das Ergebnis spricht für Rom und Mourinho") ist sich sicher, dass bei der WM in Katar angesichts des überdimensionierten Zeitspiels 20 Minuten nachgespielt worden wären. In Leverkusen waren es ganze acht, die Schiedsrichter Slavko Vincic aus Slowenienoben drauf packte. 

"Dann lässt sich der Schiedsrichter verarschen"

"Wenn wir die WM sehen, wo schon normale Spiele zehn Minuten Nachspielzeit hatten, dann müssen wir heute 20 oder mehr Minuten nachspielen. Ansonsten lässt der Schiedsrichter sich verarschen, wenn er das mit sich machen lässt", schimpfte Sportchef Simon Rolfes.

Rolfes ärgerte sich, "dass nach jedem Torschuss ein Römer fast mit der Trage runtergetragen werden musste, so schwer waren die ja verletzt". Die Italiener hätten "permanent versucht, den Rhythmus des Spiels und die Stimmung im Stadion zu brechen. Wenn wir gute Situationen hatten, lag ja ganz sicher einer auf dem Boden".

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Doch hier muss Bayer bei allem verständlichen Frust auch ein Stück weit vor der eigenen Türe kehren. Denn Chancen waren da, Bayer dominierte die erste Halbzeit, stellte die Roma vor große Probleme, hatte Räume, Momente, Möglichkeiten, ließ das alles jedoch ungenutzt liegen. Und machte das destruktive und provokante Gehabe des Gegners überhaupt erst möglich.

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Das Treiben zeigt Wirkung

Als es die Gäste nach dem Seitenwechsel mit der dreckigen Note ihres eigenen Spiels auf die Spitze trieben, zeigte das Treiben irgendwann tatsächlich Wirkung, der Rhythmus litt, die Zielstrebigkeit, die Konzentration. Das Leverkusener Spiel lief durch die kleinen Nebenkriegsschauplätze längst nicht mehr so flüssig. Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis, dass die Qualität da ist, um die Europa League zu gewinnen, zur internationalen Klasse aber auch das Toreschießen gehört. Was die Enttäuschung nur potenzierte.

Auch das war in den Gesichtern deutlich abzulesen.


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