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Eintracht im Halbfinale gegen West Ham gefordert

Eintracht Frankfurt - Präsident Peter Fischer exklusiv: "Mannschaft weiß, dass das nicht normal ist"

  • Aktualisiert: 28.04.2022
  • 15:02 Uhr
  • ran.de/Markus Bosch
Article Image Media
© IMAGO/Revierfoto
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Eintracht Frankfurt schreibt in der Europa League erneut ein Märchen. Klub-Präsident Peter Fischer erklärt, was die Reise der Hessen so besonders macht und warum er dem Team jetzt sogar den Titel zutraut. Außerdem lobt der 66-Jährige Filip Kostic. 

München/Frankfurt - Eintracht-Präsident Peter Fischer gilt als "Mann des Volkes". So mischte sich der 66-Jährige auch vor dem Jahrhundert-Spiel in Barcelona unter die Fans und bekam dort hautnah mit, welche Anstrengungen einige Fans auf sich nahmen, um im Camp Nou dabei sein zu können. 

Von der Partie in Barcelona und seinen Erlebnissen drumherum, erzählt Fischer im exklusiven Interview mit ran. Außerdem erklärt der 66-Jährige, warum die Bundesliga ein deutsches Ausrufezeichen im internationalen Wettbewerb braucht und was die Eintracht gegen West Ham im Halbfinale (am Donnerstag ab 21:00 Uhr im Liveticker auf ran.de) erwartet.

ran: Herr Fischerdas Spiel gegen den FC Barcelona liegt ein paar Tage zurück, konnten Sie die Ereignisse schon ein wenig verarbeiten?

Peter Fischer: Zum Verarbeiten blieb wenig Zeit. Ich habe aber schon gemerkt, dass ich kaputt bin, denn das Spiel hat viel Energie gezogen, hinzu kommt wenig Schlaf. Aber so langsam kommt man wieder in der Normalität an.

ran: Sie haben erzählt, dass Sie viele Fan-Geschichten in Barcelona gehört haben. An welche besonders verrückte Geschichte können Sie sich noch erinnern?

Fischer: Vor allem die Anreisewege der Fans waren sehr kurios. Mich hätte es nicht gewundert, wenn es eine Anreise Frankfurt-Hawaii-Barcelona gegeben hätte. Das ist gleichzeitig aber auch so ziemlich das Einzige, was ich nicht als Anreise gehört habe. Es ging über Asien, Afrika oder London nach Barcelona, das war teilweise echt verrückt. Teilweise sind die Fans auch als Tramper mit anderen Frankfurt-Anhängern nach Barcelona gekommen. Man könnte allein über die verschiedenen Anreisen ein Buch schreiben. Hinzu kommen noch die klassischen Autopannen oder das Geld ging aus.

ran: Wie erklären Sie sich die große Reisefreude der Eintracht-Fans?

Fischer: Das war nicht das erste Mal, dass tausende Fans von uns mitgereist sind. Zum Beispiel in Bordeaux waren 12.000 Fans dabei. Selbst beim Geisterspiel in Marseille waren tausende Fans vor Ort, obwohl niemand ins Stadion durfte. Das liegt einfach in der DNA des Klubs, wir sind einfach ein anderer Verein. Wir sagen das nicht nur, sondern wir sind einfach ein anderer Klub. Bei uns gibt es drei Stränge, die zusammenwirken. Das ist zuallererst einmal die Mannschaft mit Trainerteam, die auf dem Platz für sportlichen Erfolg sorgen muss. Dann gibt es die Klub-Verantwortlichen, die sportliche und wirtschaftliche Entscheidungen zum Wohle des Klubs treffen müssen. Und der dritte Strang ist unsere unglaubliche Fan-Base, die uns unglaublich unterstützt. Diese drei Komponenten passen bei uns so gut zusammen, weil man sich akzeptiert und gemeinsam die Kultur gelebt wird. Es gibt einen enorm hohen gegenseitigen Respekt untereinander. Die Mannschaft weiß, dass das nicht normal ist, mit welcher Leidenschaft sie unterstützt wird. Der Fan-Support ist auch ein wichtiger Teil unserer DNA, die uns einmalig macht. Europa-League-Spiele sind für uns Festtage, schon Tage vorher vibriert die Stadt.

ran: Erhoffen Sie sich eine ähnliche Fan-Unterstützung bei West Ham United im Halbfinale?

Fischer: Im Halbfinale in Chelsea 2018/2019 haben wir gesehen, wie es in England läuft. Als einige Eintracht-Fans bei unserem Tor jubelten, wurden sie aus dem Stadion geworfen. Ich bin sicher, dass wir eine tolle Unterstützung von unseren Fans bekommen werden, aber es werden sicher nicht so viele dabei sein können wie in Barcelona. In der Stadt werden wir sicher auch wieder viele haben, die uns in London aus den Pubs unterstützen werden. Leider ist es durch den Brexit schwieriger nach England zu reisen. Das finde ich als überzeugter Europäer sehr schwierig.

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ran: Welchen Stellenwert hat das Spiel in Barcelona für Sie persönlich und für den Klub, auch im Vergleich mit dem Pokalsieg 2018?

Fischer: Der Pokalsieg hat eine ähnliche Geschichte. Auch dort traten die Außenseiter gegen einen Favoriten an und fast alle Faktoren haben gegen uns gesprochen. Aber dann kehrten wir mit dem Pokal zurück nach Frankfurt und die ganze Stadt stand Kopf. Das war ein sichtbarer Erfolg durch die Trophäe. Aber auf internationaler Ebene, das sehen wir an den Anfragen und Berichten, hat uns das Barcelona-Spiel einen unglaublichen Schub gegeben. Wir haben auf spektakuläre Art und Weise in der internationalen Fußball-Welt für Aufsehen gesorgt. Die Eintracht hat ein großes Ausrufezeichen für sich selbst, aber auch für die Bundesliga und den deutschen Fußball gesetzt. Es kann jetzt passieren, dass wir in Sevilla ein Finale eines europäischen Wettbewerbs sehen, in dem zwei deutsche Mannschaften aufeinandertreffen.

ran: Braucht die Bundesliga ein deutsches Ausrufezeichen im internationalen Wettbewerb?

Fischer: Ich denke schon, denn in den vergangenen Jahren war die Liga etwas unterrepräsentiert. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass viele Traditions-Mannschaften inzwischen in der 2. Bundesliga spielen. Die Bundesliga wurde mit Klubs ergänzt, die außerhalb Deutschlands eher weniger bekannt sind. Zudem entsteht durch die immer gleiche Reihenfolge an der Spitze auch ein Stück weit Langeweile.

ran: Trauen Sie der Mannschaft jetzt auch den Titel in der Europa League zu?

Fischer: Bereits kurz nach dem Spiel hat man gespürt, dass die Mannschaft sich bewusst war, wie groß der Sieg war. Aber ihnen ist auch klar, dass noch nichts erreicht ist. Wir wollen etwas in der Hand halten, wir wollen etwas hochhalten. Der mentale Fokus ging schnell auf West Ham United. Das ist ein schwerer, schwerer Gegner. Wir werden in der Außenseiterrolle sein. Wir haben das Glück, das Rückspiel diesmal zuhause zu haben. Das kann ein kleiner Vorteil sein. Trotzdem brauchen wir ein vernünftiges Ergebnis in London. Aber die Reise geht weiter, unser Motto war von Anfang an 'Road to Sevilla'. Die führt jetzt erst einmal nach London. Ich traue unserer Mannschaft inzwischen alles zu, denn sie setzt sich selbst in der Europa League keine Limits.

ran: Blicken wir auf Filip Kostic, der im Camp Nou überragte. Er wollte sich im Sommer wegstreiken und geht jetzt vorneweg und schießt wichtige Tore. Ist er auf dem Weg zur Legende?

Fischer: Bei allen Irritationen im Sommer, Filip war vom ersten Moment auf dem Trainingsplatz und hat dort zu 100 Prozent Einsatz gezeigt. Ja, er ist ein Unterschiedsspieler. Das akzeptiert das Team auch. Er dürfte sich nirgends wohler fühlen, bei den Fans ist er ein Held. Abends beim Italiener muss er, glaube ich, relativ selten seine Spaghetti selbst bezahlen. Er ist unendlich akzeptiert in der Mannschaft und ist ein wahnsinnig fairer Sportler mit einem unglaublichen Ehrgeiz. Wir können froh sein, dass wir einen Kostic in Frankfurt haben und wir würden uns alle freuen, wenn Filip weiterhin in Frankfurt spielen wird und vielleicht auch seine Karriere bei uns beendet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er anderswo eine ähnlich hohe Anerkennung und Sympathie erhalten würde.

ran: Wohin führt der Eintracht-Weg in der Zukunft? Will man Dauergast im internationalen Wettbewerb sein?

Fischer: Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Wir haben unter Corona sicherlich mehr gelitten als andere Klubs und müssen finanziell noch einige Herausforderungen bewältigen. Aber unser Weg ist klar und ich bin sehr froh, dass wir als Klub so geerdet sind. Das sportliche Ziel ist es, dauerhaft unter den ersten Neun in der Bundesliga-Tabelle zu sein. Dadurch hat man dann auch regelmäßig die Chance, in einen internationalen Wettbewerb zu kommen. Es wäre arrogant und würde an der Wirklichkeit vorbeigehen, wenn ich sagen würde, dass Eintracht Frankfurt in jedem Jahr international spielen wird. Natürlich wünschen wir uns das alle, aber wir müssen die Realität sehen. Wir sehen uns aber als Traditionsklub und wollen im Duell mit den anderen Teams aus dieser Kategorie immer derjenige sein, der die Nase vorn hat.

Das Interview führte Markus Bosch

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