Champions-League-Halbfinale
Alphonso Davies: Ein Kunstwerk als Versprechen
- Aktualisiert: 16.08.2020
- 23:52 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Am Mittwoch (21 Uhr im Liveticker auf ran.de) spielt der FC Bayern gegen Olympique Lyon um den Einzug in das Finale der Champions League. Der Mann für die besonders magischen Momente könnte dann wieder Alphonso Davies werden.
München - Es gibt Szenen, die brennen sich ein. Für immer.
Sie sind stets abrufbar, verewigen sich durch ihre Einzigartigkeit, ihre Komposition. Wie ein Gesamt-Kunstwerk, das seine Wirkung erst langsam entfaltet, dann aber umso nachhaltiger bleibt.
16 Sekunden für die Ewigkeit
Das von Alphonso Davies orchestrierte und choreografierte Dribbling dauert exakt 16 Sekunden, für den Fußball ist es als Einzelaktion aber fast schon eine kleine Ewigkeit, perfekt für einen echten Spannungsbogen und ideal, um sich komplett zu vergucken.
Nicht die Explosion eines Torschusses, die geballte Euphorie eines kurzen Moments, sondern die Ästhetik eines Angriffs, die Magie der Einfachheit des Spiels. Ihr gegen mich, einer gegen alle.
Es spricht für sich, dass seine Aktion beim 8:2 des FC Bayern gegen den FC Barcelona sogar das unglaubliche Ergebnis des Champions-League-Viertelfinals ein wenig in den Schatten stellt.
Ein Kunstwerk als Versprechen.
In der 62. Minute setzt sich Davies erst gegen Lionel Messi durch, dann gegen Arturo Vidal, dann gegen Nelson Semedo. Leichtfüßig, unbekümmert, fast schon unverschämt, als er immer wieder mit dem linken Bein wedelt, ehe er unwiderstehlich in Richtung Barca-Tor zieht und Joshua Kimmich bedient, in diesem perfekten, letztmöglichen Moment.
Die Bühne – hier das Viertelfinale der Königsklasse – rundet den Rahmen ab.
Externer Inhalt
"Noch so viel Potential"
Da verneigen sich sogar die ganz großen Stars. "Du bringst Freude in meine Augen, wenn ich dich spielen sehe", schrieb Real Madrids Linksverteidiger Marcelo bei Instagram.
Auch Teamkollege Jerome Boateng ist voll des Lobes. "Da ist noch so viel Potential. Da kann man noch viel erwarten, der wird noch viel besser! So einen talentierten Jungen, der dann auch noch so explodiert, das gibt es nicht oft", sagte er.
Was bei solchen Szenen als i-Tüpfelchen hinzu kommt, ist die Kombination Aktion und Spieler. Man kennt das von Messi oder Cristiano Ronaldo: Bei dem einen sind Wunderdinge immer ein bisschen magischer, weil die Sympathie größer ist und dadurch das Dribbling, die Vorlage oder das Tor besonderer wird. Die Allgemeinheit kann sich auf die Extravaganz der Aktion kollektiv und einfacher einigen.
Davies mag mit seinen 19 Jahren zur Generation der TikTok-Jungstars gehören, doch "Phonzy" ist weder abgehoben noch eingebildet, sondern "ein super sympathischer Junge", wie Boateng erklärt: "Total auf dem Boden geblieben. Er will besser werden und weiter lernen, es ist eine Freude, ihm zuzusehen."
Hinzu kommt seine Vorgeschichte. Nachdem seine Eltern vor dem Bürgerkrieg in Liberia geflohen waren, wurde er im November 2000 im ghanaischen Flüchtlingslager Buduburam geboren.
Kanadisches Schnäppchen
Fünf Jahre lang lebte er dort. Erinnerungen daran - so sagt er - hat er keine mehr daran. Doch die Zeit war hart, bis die Familie 2005 nach Kanada ausreiste. Kind hin oder her: So etwas macht demütig und bescheiden, so etwas prägt.
Zehn Millionen Euro zahlte der FC Bayern Anfang 2019, um den Kanadier von den Vancouver Whitecaps zu holen. Als Linksaußen wohlgemerkt. "Ich fand es definitiv einschüchternd", sagte Davies mal über seinen Start an der Säbener Straße, "als junger Spieler aus Kanada wusste ich nicht, was mich erwarten würde".
Doch sowohl Niko Kovac als auch Hans Flick erkennen Davies' defensive Qualitäten, als Linksverteidiger startete er bei den Bayern endgültig durch.
Mit seinem unglaublichen Tempo (der Bundesliga-Rekord für den mit 36,51 km/h schnellsten Sprint gehört ihm), seiner Technik, seiner Dynamik und seinem Instinkt sorgt er auf der linken Außenbahn immer wieder für gefährliche Vorstöße, für Überraschungsmonente.
Nun ist der Junge 19, was heißt: Da ist noch jede Menge Luft nach oben, was sich auch an gelegentlichen defensiven Wacklern zeigt.
Gerne öfter
"Einfach schön. Er hat die Qualität", sagte Flick über eingangs erwähntes Dribbling. Er sei "sehr zufrieden", und wenn Davies "es noch öfter macht, wäre es umso schöner".
Gerne bereits am Mittwoch im Halbfinale der Champions League gegen Olympique Lyon (21 Uhr im Liveticker auf ran.de).
Denn klar: Wegzudenken aus der Startelf der Bayern ist er aktuell nicht.
Und das liegt nicht nur an einzelnen Szenen. Auch wenn die sich schon mal für immer einbrennen.
Andreas Reiners
Du willst die wichtigsten Fußball-News, Videos und Daten direkt auf Deinem Smartphone? Dann hole Dir die neue ran-App mit Push-Nachrichten für die wichtigsten News Deiner Lieblings-Sportart. Erhältlich im App-Store für Apple und Android