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Playoff-Pleite gegen Nordmazedonien

Italien verpasst WM 2022: Nach erneuter Quali-Qual wieder alles auf Anfang?

  • Aktualisiert: 27.03.2022
  • 18:52 Uhr
  • ran.de / Marcus Giebel
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© imago
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Seit Italien die WM 2018 verpasst hat, ging es für die "Squadra Azzurra" steilt bergauf. Mit dem EM-Titel als Höhepunkt. Ein Jahr nach dem großen Triumph folgt der Kater. Trainer Roberto Mancini steht in gewisser Weise wieder da, wo für ihn alles begann.

München - Ein langer Abschlag von Keeper Stole Dimitrievski. Per Kopf in den Lauf von Aleksandar Trajkovski weitergeleitet.

Der Nordmazedonier schaltet am schnellsten, nimmt die Kugel zunächst mit der Brust, dann mit dem rechten Unterschenkel und schließlich mit dem rechten Fuß mit. Um den Ball mit der vierten Berührung zum krönenden Abschluss aus 20 Metern unhaltbar ins linke untere Eck zu jagen.

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Italien versinkt im Tal der Tränen

So gestaltete sich der Vorhof der Fußball-Hölle für Italien, das wenige Minuten später im Tal der Tränen versank. 0:1 gegen den krassen Außenseiter verloren. Wie schon vor vier Jahren findet die WM ohne Italien statt. Mamma Mia!

Eine Tragödie für die so stolzen wie emotionalen Italiener, die vor nicht einmal neun Monaten den Fußball-Gipfel erklommen hatten. Und sich dabei in die Herzen vieler Fans rund um den Globus spielten.

Trainer Roberto Mancini schien etwas Wunderbares, beinahe Magisches aufgebaut zu haben. Er hatte einer großen Fußballnation, die am Boden lag, binnen zwei Jahren zur Nummer eins des Kontinents verholfen, mit Siegen über Belgien, Spanien und England.

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Mancini: "Größte Enttäuschung meines Lebens"

Das Fundament für weitere Großtaten war geschaffen. Dachten viele. Doch schon jetzt bröckelt das Mancini-Werk. Der Erfolg in Wembley verblasst angesichts der Schmach von Palermo. "So wie die EM die schönste Erfahrung meines Lebens war, war dies die größte Enttäuschung", stammelte der Trainer nach Abpfiff.

Auch er weiß: Nichts ist so alt wie der Titel von gestern. Die "Squadra Azzurra" scheint wieder ganz am Anfang zu stehen. Genau dort, wo Mancini die verunsicherte Mannschaft im Mai 2018 abholte, als die Reise begann.

Mancinis Weltrekord mit vielen Quali-Unentschieden

Seither verlor der 57-Jährige nur vier von 47 Spielen. Bis zum 1:2 im Nations-League-Halbfinale gegen Spanien im vergangenen Oktober blieb der viermalige Weltmeister 37 Partien lang ungeschlagen. Weltrekord.

Doch zur Wahrheit gehört auch: Von den letzten fünf Gruppenspielen in der WM-Quali gewann sein Team nur eins. Vor dem Auftritt in Nordirland führte Italien die Tabelle noch punktgleich vor der Schweiz an, kam bei den Briten aber nicht über ein 0:0 hinaus.

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Jorginho scheitert gegen Schweiz zweimal vom Punkt

Mindestens ebenso sehr schmerzten aber die beiden Unentschieden gegen die Eidgenossen. Zumal Italien in beiden Partien einen Elfmeter zugesprochen bekam, doch Jorginho brachte keinen davon im Tor unter.

"Es tut mir weh, wenn ich an die beiden verschossenen Elfmeter denke, ich denke immer noch daran und ich werde es leider mein ganzes Leben lang tun. Wenn man seinem Team zweimal nicht hilft, lastet das schwer auf einem", verdeutlichte der Profi des FC Chelsea, wie sehr ihn seine Fehlschüsse noch immer beschäftigen.

Von "Europas Fußballer des Jahres" zur "Schnecke" im Rekordtempo

Im vergangenen Sommer war der Taktgeber im Mittelfeld direkt vor der ruhmreichen EM mit den "Blues" Champions-League-Sieger geworden. Nur folgerichtig staubte er Ende des Jahres die Trophäe als "Europas Fußballer des Jahres" ab.

Nun kanzelte ihn die italienische Sportzeitung "Tuttosport" brüsk als "Schnecke" ab. So schnell fallen auch Fußballstars in Ungnade.

Italien triumphierte bei EM ohne den großen Star

Wobei das bei der EM eben genau die Stärke Italiens gewesen zu sein schien. Es gab keinen Spieler, der über allen schwebte und an dem sich die anderen aufrichteten. Vielmehr war jeder nahezu in gleichem Maße gefragt, konnte sich so als wichtiger Teil des großen Ganzen fühlen.

Selbst diverse Rückschläge brachten dieses Kollektiv nicht ins Wanken, das zum eingeschworenen Haufen mutierte, wie er wohl nur entstehen kann, wenn eine Gruppe über Wochen fast jede Minute miteinander verbringt. Bereits vor dem Turnier brachen Stefano Sensi und Lorenzo Pellegrini verletzt weg. Marco Verratti war zu Beginn ebenfalls nicht einsatzfähig.

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Team feierte verletzten Spinazzola im Flugzeug

Alessandro Florenzi musste in der Halbzeit des ersten Spiels passen und gab erst im Finale kurz vorm Elfmeterschießen sein Comeback. Und Leonardo Spinazzola, der zum Shootingstar aufstieg, riss sich im Viertelfinale die Achillessehne.

Auch aus solchen Erfahrungen kann eine Mannschaft zusätzliche Kraft entfalten, noch mehr zusammenwachsen. Unvergessen, wie die Teamkollegen ihren "Spina" im Flugzeug nach dem Spiel inbrünstig besangen.

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Italiens Leichtigkeit verflogen

Mancinis Mannen waren wirklich wie im Rausch. Schienen unaufhaltbar. Genau das könnte ihnen nun auf die Füße gefallen sein. "Die Europameisterschaft war nur eine Illusion", schwant der "Gazzetta dello Sport". Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die damals gewonnene Leichtigkeit längst verflogen ist.

Dabei hat die Elf, die es mit Nordmazedonien aufnahm, durchaus Ähnlichkeiten zur Startformation des EM-Endspiels. Da wäre das identische Dreier-Mittelfeld mit Jorginho, Nicolo Barella und Verratti, vorne bot Mancini wieder Lorenzo Insigne und Ciro Immobile auf, hinten links Emerson, im Tor Gianluigi Donnarumma.

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Welttorhüter Donnarumma in Paris nicht unumstritten

Der Keeper ist auf dem besten Weg, das Aushängeschild des italienischen Fußballs zu werden. Obwohl er erst 23 Jahre alt ist. Aber schon Welttorhüter. Doch auch bei ihm persönlich läuft seit diesem Märchen-Sommer nicht alles rund.

Donnarumma verließ seinen Heimatklub AC Mailand ablösefrei in Richtung Paris St. Germain. Doch in Frankreich ist er alles andere als die unumstrittene Nummer eins, muss sich die Einsätze mit Keylor Navas teilen.

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Chiellini und Bonucci haben wohl fertig

Zwei andere wichtige Korsettstangen des EM-Triumphs, Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci, torkeln mit Juventus Turin mehr schlecht als recht durch eine schon jetzt verkorkste Saison. Letzterer fehlte am Donnerstagabend wegen Wadenproblemen, der eigentliche Kapitän Chiellini kam erst sehr spät rein - kurz bevor Dimitrievski weit abschlug und das Unheil seinen Lauf nahm.

Hinten bemüht sich Mancini um den offenbar überfälligen Generationenwechsel. Doch die größte Problemzone befindet sich ohnehin am anderen Ende des Platzes.

Berardi nutzt Fauxpas des Keepers nicht

Mehr als 30 Abschlüsse verzeichneten die Statistiker am Donnerstagabend für Italien. Domenico Berardi brachte sogar das Kunststück fertig, einen Fehlpass von Dimitrievski aus 16 Metern nicht im leeren Tor unterzubringen.

Kurzum: Der an einem Kreuzbandriss laborierende Federico Chiesa wurde schmerzlich vermisst. Dabei offenbarte sich auch schon bei der EM, dass Mancini keinen wirklichen Knipser in seinen Reihen hat. Die 13 EM-Turniertore verteilten sich auf sieben eigene Spieler und den Türken Merih Demiral.

Rechtsverteidiger Di Lorenzo bester Torschütze in WM-Quali

Auch in den neun WM-Quali-Spielen traf kein Italiener häufiger als zweimal. So führt Rechtsverteidiger Giovanni Di Lorenzo die interne Liste gemeinsam mit Immobile an.

Ist Italien also nach dem EM-Höhenflug einfach nur auf dem Boden der Tatsachen gelandet? Die Auswahl überaus williger, aber in manchen und vor allem wichtigen Momenten zu naiver Akteure noch nicht so weit, wie es den Anschein hatte?

Aus Spanien und Schweden werden Schweiz und Nordmazedonien

Auf dem Weg zur WM 2018, vor Mancini, scheiterte die "Squadra Azzurra" in der Quali-Gruppe an Spanien und in den Playoffs an Schweden. Diesmal waren schon die Schweiz und Nordmazedonien unlösbare Aufgaben.

Die alles andere als zimperlichen Medien in der Heimat waren reichlich bedient. "Italien, dieser Fußball ist eine Lüge", schimpfte der "Corriere dello Sport". Derweil befand der "Corriere della Sera": "Der italienische Fußball erreicht sein niedrigstes Niveau."

Mancinis Vertrag läuft bis 2026

Ein Satz, der auf ein ausgeprägtes Kurzzeitgedächtnis schließen lässt. Und Mancinis Team sicher nicht gerecht wird.

Aktuell deutet nichts darauf hin, dass die Mission des Trainers, der zwei Jahre lang alles zu Gold werden ließ und die enthusiastischen Tifosi mühevoll wieder einfangen musste, nun endet. Sein Vertrag läuft noch bis 2026.

Dann findet die nächste WM statt. Die erste mit 48 Teams. Was für die Quali-geplagten Italiener dann auch ein klitzekleiner Trost sein sollte.

Marcus Giebel

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