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Abt-Mechaniker macht wieder Stopps: Wie er das Hockenheim-Drama überwand

  • Aktualisiert: 12.05.2022
  • 13:25 Uhr
  • Motorsport-Total
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© ABT Sportsline
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Manuel Stadler kehrte in Portimao in die Abt-Boxencrew zurück: Er erzählt, wie er den Boxenunfall in Hockenheim erlebte und wie sein Ringfinger gerettet wurde

Auch wenn es im Trubel etwas unterging, war es das große Comeback des DTM-Saisonauftakts in Portimao: Abt-Mechaniker Manuel Stadler, der beim Sonntagsrennen in Hockenheim im Oktober 2021 beim Boxenstopp mit der linken Hand in das sich drehende Rad kam und nur knapp einer Amputation des Ringfingers entging, packt wieder bei den Reifenwechseln an. Und nicht nur das: Der 36-Jährige ist neuerdings bei Abt auch technischer Koordinator.

"Man sieht schon, dass der Finger noch etwas deformiert ist und Bewegungseinschränkungen hat, aber der Unfall ist gerade mal ein paar Monate her", deutet Stadler im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' auf seine linke Hand. "Aber in dem Bereich, in dem ich ihn bewegen kann, habe ich volle Kraft. Deswegen kann ich wieder Boxenstopps machen."

"Manu", wie der aus dem Tiroler Pitztal stammende Österreicher bei Abt genannt wird, ist hart im Nehmen. Rund 150 Boxenstopps hat der frühere Chefmechaniker am Auto von Nico Müller seit seinem Unfall schon wieder absolviert. Sich dieser Gefahr nicht mehr auszusetzen, war für ihn nie ein Thema.

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"Übertrieben, wegen so etwas aufzuhören"

"Es wäre übertrieben, wegen so etwas aufzuhören", sagt er trocken. "Jeder kennt das Risiko, und Unfälle passieren nun mal. Es hätte schlimmer kommen können. Zum Beispiel, wenn du die ganze Hand drin hast. Dann hast du eher ein Problem."

Bei ihm waren es "nur" der Ringfinger und der Mittelfinger der linken Hand, nachdem Mike Rockenfeller unglücklicherweise zu früh aufs Gas gestiegen war. Doch Stadler hatte Glück, denn die Erstversorgung klappte perfekt.

"Eine Stunde nach dem Unfall bin ich bereits im OP gelegen und wurde operiert", erinnert er sich. Die Klinik in Ludwigshafen ist auf Amputationen und Verbrennungen spezialisiert - und rettete bereits Niki Lauda nach seinem Nürburgring-Feuerunfall 1976 das Leben. Stadler wurde von einem rein weiblichen Team behandelt - und war bei der über siebeneinhalbstündigen Operation sogar bei Bewusstsein.

Siebeneinhalbstündige OP: "Finger war komplett abgetrennt"

"Sie haben zu mir gesagt, dass es wegen der Nervenstränge besser wäre, wenn ich bei der OP wach bin, denn dann können sie direkt prüfen, ob alles funktioniert - und die Nerven wieder verbinden, denn der Finger war ja komplett abgetrennt", sagt Stadler. "Du liegst also da - und sie schnippeln an dir rum."

Doch alles ging gut - und die Durchblutung des Fingers konnte gewährleistet werden. Stadler ist dem Ärztinnen-Team dankbar: "Die haben das pikobello gemacht. Was für ein Glück, dass ich bei den absoluten Profis gelandet bin."

Noch heute spürt Stadler die Nachwirkungen, wenn er auf einer Tastatur tippt - und ein paar Buchstaben fehlen. "Das mit der Feinmotorik dauert noch", weiß der Abt-Koordinator, der vermutlich noch einmal operiert werden muss, um die Beweglichkeit zu verbessern.

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Stadlers Traumabewältigung: "Habe Job nie Schuld gegeben"

Wie er das mentale Trauma wegsteckt? "Meine Frau war immer eine große Stütze - und wir sind durch den Unfall noch mehr zusammengewachsen", erzählt Stadler, dessen Familie nach dem Unfall zu ihm reiste, um Unterstützung zu leisten. "Aber rein mental habe ich wenig Probleme", sagt er - und überrascht mit einer nüchternen Betrachtungsweise.

"Ich habe nie diesem Job die Schuld gegeben, sondern der Situation", so Stadler, der zwei Hauptursachen sieht und meint, dass eine Zehntelsekunde den Ausschlag gegeben habe. "Am Ende hat der 'Rocky' einen Fehler gemacht, und wir waren langsamer als normal. Ich mache diese Reifenwechsel aber seit zehn Jahren - und wenn man es ordentlich macht, wie auch sonst immer, dann passiert nichts."

Zudem wurde das Reglement geändert: Seit dieser Saison muss zuerst der Hinterreifen gewechselt werden, der dem Österreicher im Vorjahr zum Verhängnis wurde, um zu verhindern, dass die Crew noch nicht fertig ist und sich das Rad bereits dreht.

Biermaier: "Sieht an Körpersprache, dass er ein Macher ist"

Es grenzt an ein Wunder, dass Stadler nun wieder mit seinem eingespielten Partner beim Reifenwechsel in genau der selben Rolle wie früher agiert - als Stecker auf der linken Seite, der das Rad anbringt. "Mit ihm funktioniert das blind - und das bleibt auch weiterhin so", sagt Stadler über seinen Schrauberkollegen.

Zudem wurde er nach einer Saison als Mechaniker an Kelvin van der Lindes Auto befördert. "Ich kümmere mich jetzt um die technische Koordination der drei Autos", erklärt er seine neue Aufgabe. "Ich bin überall zuständig, wo es Probleme gibt - von Reglement-relevanten Dinge über Koordination und Kommunikation bis zu den Set-ups."

Abt-Geschäftsführer und Teamchef Thomas Biermaier weiß, dass er sich auf Stadler verlassen kann. "Er ist einer, der mitdenkt, der wirklich gründlich arbeitet - und der ans Maximale geht, was die Performance angeht. Darum ist er auch wichtig für die Fahrer, weil man an seiner Körpersprache sieht, dass er ein Macher ist."


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