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DTM live auf ProSieben und ran.de

ADAC-Motorsportchef über DTM-Regeln: "Bin gegen künstliche Spannungsmacher"

  • Aktualisiert: 25.05.2023
  • 14:28 Uhr
  • Motorsport-Total
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© Alexander Trienitz
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ADAC-Motorsportchef Thomas Voss erklärt im Interview, wie sich das Gesicht der DTM im Vergleich zur Ära Berger ändern wird und wieso Indy-Starts in Europa nicht klappen.

Während der Trend in der Formel 1 zu mehr Show in den vergangenen Jahren unübersehbar war und auch in der DTM im Vorjahr Crashfestivals und Chaosrennen an der Tagesordnung waren, will der ADAC die Traditionsserie in ruhigere Gefilde steuern.

Denn ADAC-Motorsportchef Thomas Voss legt großen Wert darauf, dass auch der Fan vor Ort versteht, was sich auf der Rennstrecke abspielt.

Im Interview mit "Motorsport-Total.com" erklärt Voss vor dem DTM-Auftakt in Oschersleben am Wochenende (live auf ProSieben und ran.de), warum die Indy-Restarts seiner Meinung nach in Europa nicht funktionieren, warum er Reifen mit hohem Abbau für überflüssig hält und womit die DTM dieses Jahr bei den Fans punkten will.

Frage: Herr Voss, der spektakuläre, aber umstrittene DTM-Formation-Start nach Indy-Vorbild in engen Zweierreihen wird vom ADAC durch einen normalen fliegenden Start ersetzt, Restarts finden in Single-File-Formation statt. Warum?

Thomas Voss: In den USA funktionieren Starts in einer Formation gut. Die Jungs dort kennen das seit 50 Jahren und werden damit groß. Auf den Ovalkursen sieht auch der Fahrer ganz hinten, wo der Erste startet und wie sich das Feld nach dem Start entwickelt.

Auf einem klassischen europäischen Rundkurs wie in Hockenheim funktioniert das aufgrund der eingeschränkten Sicht nicht. Ich glaube, es ist ein Trugschluss, so ein Startprozedere zu übernehmen und zu sagen: Das funktioniert in Amerika, machen wir das doch auch in Europa. So gerne ich den US-Motorsport habe ...

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Warum Die DTM den Start aus dem ADAC GT Masters übernimmt

Frage: War es für den ADAC Thema, die Indy-Formation zumindest beim Rennstart zu übernehmen, oder war immer klar, dass Starts wie im ADAC GT Masters der richtige Weg sind?

Voss: Im ADAC GT Masters haben die Start über viele Jahre wirklich toll funktioniert. Und frei nach dem Motto 'never change a running System' werden wir das beibehalten. Wir gehen davon aus, dass das auch in der DTM gut klappen wird.

Natürlich gibt es im Feld auch andere Faktoren, die für Unfälle sorgen. Das ist zum einen Sache des Rennleiters, das in der Fahrerbesprechung anzusprechen, zum anderen auch Sache der Teamchefs, ihre Fahrer ein bisschen im Zaum zu halten. Ich würde mir von ihnen wünschen, dass sie uns bei diesen Aufgaben helfen - und insgesamt bei der Weiterentwicklung der DTM, nicht nur bei den Restarts.

Frage: Auch wenn nicht immer alles so kommt, wie sie es sich wünschen, hört man von den Teams, dass der ADAC ein offenes Ohr für sie hat.

Voss: Wir sehen uns auch als Dienstleister für die Teams. Wir könnten natürlich sagen: 'Wir machen das jetzt wie wir wollen!' Aber ich bin der Meinung: Eine Rennserie hat auf Dauer nur Bestand, wenn alle an einem Strang ziehen und vom Konzept überzeugt sind. Man wird nie alle glücklich machen können.

Aber es muss gemeinsam das getan werden, was für die Zukunft der Rennserie am besten ist. Das ist gleichbedeutend mit der Zukunft der Teams, die das Rückgrat der Serie sind. Wenn man durch erhöhte Kosten oder andere Maßnahmen dauerhaft jemanden benachteiligt, dann bricht das System aus Fahrer, Teams, Rennstrecke, Rennpromoter und Veranstalter auseinander. Für den Promoter ist es die Kunst, diese Stakeholder einer Rennserie wirklich gleich zu beteiligen.

"Gute Show heißt nicht Crashfestivals"

Frage: Welche Bedeutung hat der Show-Aspekt bei den ADAC-Plänen?

Voss: Ich glaube unsere Anpassungen für die Saison 2023 tun der Show keinen Abbruch. Das Wichtige bei der DTM ist, dass es insgesamt eine gute Show wird - auf und neben der Strecke. Und gute Show heißt nicht Crashfestivals.

Das kann passieren, darf aber kein Element der Serie sein, denn die muss ausgeglichenes und nachvollziehbares Racing bieten. Und es muss rund um das Racing etwas passieren - sowohl in den Medien, als auch an der Rennstrecke. Unter diesen Aspekten wird die DTM sicherlich schnell bei den Zuschauern punkten können.

Frage: Der Pirelli-Reifen hat nicht so einen Peak wie der bisher genutzte Michelin-Reifen. Der Fahrer hat also im Qualifying mehrere Versuche, um eine schnelle Runde zu fahren. Gab es Ideen, künstlich Spannung zu erzeugen, indem der Fahrer vielleicht nur einen Reifensatz verwenden darf?

Voss: Ich bin ein Gegner von künstlichen Spannungsmachern. Dazu zählen Reifen, die sehr schnell abbauen oder generell keine gute Performance liefern, was in anderen Rennserien schon gemacht wurde. Auch mit DRS tue ich mich schwer. Da bin ich von der alten Schule und finde, die Fahrer sollen das unter sich ausmachen.

Das ist nicht einfach bei einer Fahrzeugeinstufung mit Fahrzeugen auf einem nahezu identischen Leistungsniveau. Einen Reifen zu produzieren, der einen Peak hat und dann abfällt, kostet zusätzliches Geld. Das ist ein Aufwand für einen Reifenhersteller. Beim einen fällt er dann nach drei und beim nächsten nach fünf Runden ab - und der ist dann der vermeintliche Reifenflüsterer.

Ich bin nicht überzeugt davon, dass dies ein guter Weg ist. Für mich zählt einen gleichbleibende Qualität und auch eine vernünftige Berechenbarkeit des Reifens. Alles weitere sollen die Fahrer auf der Strecke machen, nicht die Technik.

Frage: Gilt das auch für Reglement-Kniffe im Rennen, um Spannung reinzubringen?

Voss: Der Zuschauer an der Rennstrecke soll sehen, wer als erster durch das Ziel fährt, das ist für mich ganz wichtig. Viele der Kniffe in anderen Rennserien sind nur vor dem Fernseher sichtbar.

Nehmen wir zum Beispiel den Attack-Mode in der Formel E: Ob der Fahrer im Attack-Mode ist, ist für den Zuschauer nur am Auto sichtbar, weil dort blauen Lampen leuchten. Für viele Zuschauer, die einfach nur ein tolles Event erleben möchten und keine ausgewiesen Motorsport-Experten sind, ist so etwas ziemlich undurchsichtig. Für mich muss der Sport wieder zuschauerfreundlicher sein.

Frage: Was bedeutet das?

Voss: Der Sport muss für den Zuschauer wieder verständlich sein. Nicht nur für den Experten, sondern auch für denjenigen, der mal zu einem DTM-Rennen kommt, weil er die Tickets von seiner Frau geschenkt bekommen hat - oder sie von ihrem Mann. Sie muss hingehen und sagen: 'Wow, ich habe tolles Racing gesehen.' Und dafür sind künstliche Spannungsmacher immer schwierig, weil sie erklärt werden müssen.

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Tracklimits-Strafen und Rückversetzungen? "Weg damit!"

Frage: Gibt es weitere Beispiele?

Voss: Das gilt auch für Tracklimits-Strafen. Das, was der Zuschauer nicht sieht und was technisch mit hohem technischem Aufwand sichtbar gemacht werden muss, ist erklärungsbedürftig. Für den Zuschauer an der Strecke ist es schwierig zu verstehen und der Fernkommentator muss es lange erklären. Ich glaube, da müssen wir wieder einfacher werden, damit der Zuschauer - und zwar nicht nur der Expertenzuschauer, sondern auch der sportinteressierte Zuschauer - gerne zur DTM kommt, weil er geiles Racing sieht.

Frage: Ein ähnliches Phänomen: Manche Fahrer haben in den vergangenen Jahren in aussichtslosen Positionen ihre Autos abgestellt, um Reifen zu schonen.

Voss: Das halte ich für unfair gegenüber dem Zuschauer, der Eintrittsgeld bezahlt hat und eine gute Show sehen will. Ich bin ein Gegner solcher Dinge.

Frage: Abgesehen davon hat man manchmal wegen der Tracklimits-Strafen und Rückversetzungen im Qualifying einen Taschenrechner gebraucht, um das Ergebnis zu ermitteln.

Voss: Ja, weg damit! Klar müssen sich auch Ingenieure wiederfinden. Und es muss auch eine hochtechnische Serie mit faszinierenden Autos sein, da brauchen wir auch nicht drüber zu diskutieren.

Frage: Ist das auch der Grund, warum TCR in Deutschland immer ein bisschen ein Schattendasein hatte?

Voss: In anderen Ländern sind die TCR-Fahrzeuge ja durchaus akzeptiert und anerkannt als tolle Rennfahrzeuge. In Deutschland sind wir über Class 1, über DTM und über GT-Masters Sportwagen und hochtechnologische Autos gewohnt. Dabei ist so ein TCR-Auto auch vom Engineering her nicht ohne.

Das sind 350 PS auf der Vorderachse - das ist auch fahrerisch nicht einfach zu beherrschen. Leider haben sich die TCR-Fahrzeuge nicht durchgesetzt. Auf der anderen Seite haben wir in Deutschland eine sehr starke Szene mit GT3 und GT4-Fahrzeugen und nun auch LMP3.


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