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DTM

Gerhard Berger im ran-Interview: ADAC hat mit der DTM das richtige Zugpferd

  • Aktualisiert: 07.12.2022
  • 22:24 Uhr
  • ran.de
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© IMAGO/Pakusch
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Gerhard Berger hat die DTM an den ADAC verkauft. Im ran-Interview spricht der Österreicher über die Gründe, über die Gespräche, Reaktionen aus der Motorsport-Szene, seine Zukunft und die des deutschen Motorsports.

München - Die Zukunft der DTM ist gesichert: Ex-Serienchef Gerhard Berger hat die Rechte an den ADAC verkauft, der am 8. Dezember im Rahmen einer Pressekonferenz erklären wird, wie es mit der Traditionsrennserie weitergehen wird. Wie es mit Berger selbst weitergeht, verrät er im ran-Interview.

Außerdem spricht der Österreicher über die Gründe des Verkaufs, über die Gespräche, Reaktionen aus der Motorsport-Szene und die Zukunft des deutschen Motorsports.

ran: Gerhard Berger, die ITR ist aufgelöst, die Rechte sind verkauft, die DTM ist beim ADAC - wie ist Ihre Gefühlslage? 

Gerhard Berger: Ich habe in den vergangenen fünf Jahren nicht nur viel Herzblut in die DTM gesteckt, sondern auch in diese Zukunftsentscheidung. Ich bin überzeugt: Die Marke ist beim ADAC langfristig in guten Händen.

ran: Sie haben die DTM nach dem Hersteller-Ausstieg Ende 2020 mit der GT3-Lösung gerettet. Empfinden Sie den Verkauf als Niederlage?

Berger: Ich bin Unternehmer – es war immer klar, dass ich die DTM eines Tages verkaufen werde. Ich habe die DTM in einer sehr schwierigen Zeit übernommen, sie wieder aufgebaut, weiterentwickelt und jetzt an den ADAC verkauft. Das war der Plan, der auch zu meiner persönlichen Lebensplanung passt.

ran: Welche konkreten Reaktionen von Teams, Fahrern oder Fans haben Sie erhalten?

Berger: Ich habe in den letzten Tagen viel Zeit am Telefon verbracht und war mit den Teams und Herstellern, die für 2023 Interesse hatten, im Austausch. Es war ja auch explizit das Anliegen der Teams und Hersteller, in den Dialog mit dem ADAC zu gehen, um Synergien zu schaffen. Daher waren Reaktionen von dieser Seite durchwegs positiv. Für Fans und Außenstehende mag es überraschend gewesen sein. Aber ich bin mir sicher, dass der ADAC die DTM im Sinne der Fans weiterentwickeln wird.

ran: Warum ist diese Lösung alternativlos gewesen?

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Berger: Sie war überhaupt nicht alternativlos. Sie ist eine von mehreren Lösungen und das richtige Paket, wenn ich nicht nur meine eigenen Interessen in den Vordergrund stelle, sondern vor allem den deutschen Motorsport insgesamt. Ich habe die Marke an den ADAC verkauft, um die langfristige Zukunft der DTM im deutschsprachigen Raum sicherzustellen. Das war mir bei allen Gesprächen, die ich geführt habe, ein wichtiges Anliegen.

ran: Welche Faktoren haben es insgesamt erschwert, die DTM so wie bisher weiterzuführen?

Berger: Vor dem Hintergrund von fast zweieinhalb Jahren Pandemie und den Auswirkungen des Ukraine-Krieges mit Energiekrise und Rekord-Inflation hat das ITR-Team insgesamt sehr ordentlich gewirtschaftet. Leider hat sich eine zusätzliche Hürde in der Budgetierung für 2023 ergeben: Nachhaltigkeit ist nachvollziehbarerweise für viele Unternehmen eine notwendige Voraussetzung für eine Beteiligung an der DTM geworden. Das bedeutet im Rahmen der DTM-Plattform: Die Verknüpfung mit der DTM Electric und entsprechenden Meilensteinen war Voraussetzung dafür, die vollen Sponsoringbudgets zu erhalten. Allerdings gestaltete sich die Finanzierung der DTM Electric selbst schwieriger als gedacht. Vor diesem Hintergrund wurde das wirtschaftliche Risiko für das nächste Jahr größer. Darum bin ich jetzt meiner unternehmerischen Verantwortung nachgekommen und habe die notwendigen Maßnahmen ergriffen.

ran: Was hat eine Saison der DTM in etwa gekostet und wie hoch waren die Verluste?

Berger: Ich habe im Lauf meiner Karriere nie über Zahlen gesprochen. Aber die vergangenen Jahre liefen unter den gegebenen Umständen planmäßig und nach dem Einzug der Pandemie sogar besser als ich erwartet habe. Ob und wie viel Verluste es künftig gegeben hätte, kann ich nicht abschätzen.

ran: Was hat der Verkauf der Rechte eingebracht?

Berger: Wie gesagt: Ich habe in der Vergangenheit nicht über Zahlen gesprochen und werde das auch in Zukunft nicht tun.

ran: War es für Sie als Unternehmer unter dem Strich ein Verlustgeschäft?

Berger: Ich habe mein Leben lang nur Verlustgeschäfte gemacht (lacht).

ran: Es gibt auch den ideellen Wert: Wie viel Strahlkraft hat der Name DTM im Motorsport noch?

Berger: Die DTM ist eine starke, internationale Marke. Sie hat eine über 35-jährige Historie, eine riesige Fangemeinde und verfügt über einen enormen Bekanntheitsgrad. Die DTM ist eine weltweit anerkannte Plattform, die über Jahre hinweg aufgebaut wurde, gewachsen ist und nun beim ADAC eine aussichtsreiche Zukunft hat.

ran: Wann wurden die Verkaufsgedanken bei Ihnen konkret?

Berger: Als die verschiedenen Optionen auf dem Tisch lagen.

ran: Warum hat sich kein Investor für die DTM Electric gefunden?

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Berger: Wir haben mit der DTM Electric zwar frühzeitig die richtigen Weichen gestellt, aber die Vorleistungen, die für die weitere Entwicklung nötig wären, sind enorm hoch. Unter den aktuellen Marktgegebenheiten konnte leider kein Investor für dieses Multi- Millionen-Projekt gefunden werden. Neben Schaeffler und Mahle gab es auch eine Zusage von Varta, die uns aber dann kurzfristig doch abgesagt haben. Ich hoffe, dass der Markt hier zu einer Investitionsbereitschaft zurückfindet.

ran: Was passiert mit der DTM Electric?

Berger: Wir werden wir uns in den nächsten Wochen mit unseren Partnern zusammensetzen und die weiteren Schritte besprechen.

ran: Wie geht es mit Ihren Mitarbeitern weiter? Und was wird aus bestehenden Verträgen mit dem AvD und dem TV-Partner?

Berger: Wir stellen den Betrieb der ITR ein und legen den Fokus auf eine geordnete Abwicklung. Was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ITR betrifft, gibt es über mein Netzwerk und meine anderen Unternehmen möglicherweise Optionen für die Zukunft. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich Möglichkeiten im neuen Setup ergeben. Was die Verträge betrifft: Die unterliegen natürlich der Vertraulichkeit, aber selbstverständlich besprechen wir mit jedem unserer Vertragspartner die nächsten Schritte. Wahrscheinlich wird es für die meisten ausreichend Optionen geben.

ran: Wie kompliziert waren die Gespräche mit dem ADAC?

Berger: So kompliziert waren die Gespräche nicht, denn inhaltlich waren wir uns relativ schnell einig. Beide Seiten wussten angesichts der wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen um die Notwendigkeit. Daher haben wir sehr sachlich verhandelt. Allerdings haben die Gespräche – bedingt durch die Prozesse und Strukturen beim ADAC – etwas länger gedauert als bei Unternehmen aus der freien Wirtschaft.

ran: Was sprach gegen die Lösung, eine Art "Übergabe" beim DTM-Finale zu machen, um die Fans abzuholen?

Berger: Die Zeit.

ran: Welche Vorteile hat die Lösung mit dem ADAC?

Berger: Ich habe die Marke dem ADAC verkauft, weil ich überzeugt bin, dass er das Produkt unter den gegebenen Rahmenbedingungen, die mit Pandemie, Inflation und Energiekrise natürlich nicht ideal sind, weiter stärken kann. Dort ist das nötige Know-How vorhanden, um den Fans attraktiven Motorsport zu bieten. Der ADAC hat langjährige Erfahrung, etablierte und funktionierende Strukturen. Außerdem ist das Engagement für den Motorsport dort qua Satzung verankert. Also beste Voraussetzungen dafür, dass die DTM vor allem in Deutschland konsequent weiterentwickelt wird.

ran: Werden Sie in Zukunft noch bei der DTM involviert sein? Welche Pläne haben Sie?

Berger: Nein, ich werde nicht involviert sein. Ich bin Unternehmer und habe neben der DTM noch andere Firmen. Neben meinen beruflichen Aktivitäten liegt die Priorität künftig auch bei meiner Familie und meinen Kindern, mit denen ich mehr Zeit verbringen möchte.

ran: Sie haben in Ihrer Zeit als DTM-Chef jede Menge erlebt. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Berger: Die DTM hat sich nach meiner Übernahme vor zwei Jahren sogar besser entwickelt als ich erwartet habe. Sie ist die härteste und beste GT3-Serie der Welt. Natürlich war die Pandemie eine riesige Herausforderung, die noch immer ihre Spuren hinterlässt. Trotz aller Umstände hatten wir eine überragende Meisterschaft. Und es ist uns auch gelungen, den Markenpool im Vergleich zur Vergangenheit wesentlich zu vergrößern, was meine Vorgänger bereits versucht und nicht erreicht haben. Insgesamt ist das Produkt hervorragend aufgestellt und kommt bei den Fans richtig gut an – eine gute Ausgangsbasis für die nächste Phase unter dem ADAC.

ran: Wenn Sie zurückschauen: Welche Dinge würden Sie anders machen? 

Berger: Nichts. Ich schaue auch lieber nach vorne als in den Rückspiegel.

ran: Für die Zukunft: In welcher Position sehen Sie Martin Tomczyk in dem neuen DTM/GT Masters-Umfeld?

Berger: Wie es für Martin weitergeht, muss er beantworten.

ran: Der ADAC will seine Pläne am 8. Dezember vorstellen. Welche endgültige Lösung würden Sie am besten finden?

Berger: Was künftig der richtige Weg ist, wird der ADAC entscheiden.

ran: Wie sehen Sie den deutschen Motorsport generell aufgestellt?

Berger: Der Motorsport in Deutschland braucht frische Initiativen und neues Engagement. Die Herausforderungen haben sich verändert, Nachhaltigkeit ist mittlerweile ein entscheidendes Kriterium. Die Nähe zwischen Motorsport und Automobilindustrie ist im Rahmen der tiefgreifenden Transformation, in der sich die Branche befindet, verlorengegangen und damit auch seine ursprüngliche Rolle als Innovationslabor für die Straße. Ich bin der Meinung, dass der ADAC in seiner Verantwortung für den deutschen Motorsport mit der DTM nun auch das richtige Zugpferd in der Hand hat, um den Motorsport in Deutschland wieder nach vorne zu bringen.

ran: Nur noch ein deutscher F1-Fahrer, Mick Schumacher wahrscheinlich nur Ersatzfahrer, dahinter warten kaum Talente - was muss sich ändern, damit wieder mehr gefördert wird, damit mehr Talente nach oben kommen?

Berger: Der Kern der Nachwuchsförderung beginnt im Kartsport. Da der ADAC als Verband vom Kartsport bis zur höchsten Klasse mit der DTM nun alles in seiner Hand hat, kann er jetzt die richtigen Weichen für die Zukunft stellen.

Das Interview führte Andreas Reiners


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