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Cardinals-Sieg ein Wendepunkt? Dunlap haucht Seahawks-Defense neues Leben ein
- Aktualisiert: 20.11.2020
- 22:43 Uhr
- ran.de / Oliver Jensen
Die Defense war über viele Wochen das Sorgenkind der Seattle Seahawks. Die Verpflichtung von Carlos Dunlap schürt die Hoffnung der Fans. Spätestens durch den Sieg über die Arizona Cardinals ist klar: Die Verteidigung aus Seattle ist keine Lachnummer mehr.
München/Seattle – Es war der entscheidende vierte Versuch im Spiel der Seattle Seahawks gegen die Arizona Cardinals: Hätte Kyler Murray seine Offense noch einmal zum Touchdown geführt, hätten die Cardinals das Spiel ausgleichen oder mit einer Two Point Conversion vielleicht sogar gewinnen können.
Dass es nicht dazu kam, hängt mit einem Mann zusammen: Carlos Dunlap.
Der Defensive End tankte sich in das Backfield, ließ den gegnerischen Offensive Tackle Kelvin Beachum wie einen überforderten High-School-Spieler aussehen und riss Murray zu Boden. Damit war das Spiel entschieden. Die Offense der Seahawks brauchte nur noch die Uhr herunterlaufen zu lassen.
"Deswegen haben wir ihn geholt", sagte Quarterback Russell Wilson über den Matchwinner Dunlap.
Die Legion of Boom ist Vergangenheit
Früher war es nicht ungewöhnlich, dass die Defense der Seattle Seahawks Spiele gewann. Die Legion of Boom, so wurde deren Secondary zwischen 2012 und 2018 genannt, war der Garant für den Super-Bowl-Gewinn im Februar 2014.
Auch jetzt beinhaltet die Verteidigung große Namen. Linebacker Bobby Wagner ist längst eine Ikone in Seattle. Jamal Adams, der von den New York Jets kam, gilt zweifelsohne als einer der besten Safetys der Liga.
Das Problem ist nur: All das spiegelte sich auf dem Platz nicht wider.
In den ersten acht Saisonspielen ließ die Defense im Schnitt 30,375 Punkte zu – ein katastrophaler Wert.
Nur weil Quarterback Wilson Woche für Woche ein Offensiv-Feuerwerk fabriziert und mit 2986 Passing Yards der Top-Passgeber der NFL ist, befinden sich die Seattle Seahawks überhaupt auf Playoff-Kurs.
Statistisch noch immer die schwächste Defense der NFL
Statistisch hinkt die Defense der Seahawks noch immer den Ansprüchen hinterher. 343,7 Passing Yards wurden durchschnittlich pro Spiel zugelassen. Insgesamt kamen die gegnerischen Offensiven in zehn Spielen auf 4349 Yards. Beides sind die schlechtesten Werte der Liga.
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Tatsache ist aber auch, dass zuletzt eine positive Tendenz festzustellen war.
Gegen die Cardinals ließen die Seahawks lediglich 269 Passing Yards und 57 Rushing Yards zu. Kyler Murray, der eigentlich für seine Mobilität bekannt ist, konnte gerade einmal 15 Yards erlaufen.
Das mag teilweise damit zusammenhängen, dass Murray aufgrund einer leichten Schulterverletzung nicht allzu viel Risiko eingehen wollte. Die gute Arbeit der Defense, die einfach keine Lücken zuließ, spielte aber ebenfalls eine Rolle.
Teure Versuche mit Clowney und Ansah scheiterten
Carlos Dunlap ist der beste Beweis dafür, wie sehr ein einzelner Spieler eine komplette Defense beflügeln kann.
Die Seahawks litten darunter, dass sie 2019 und auch 2020 keinen richtig starken Pass Rusher hatten. Die kostspieligen Versuche mit Jadeveon Clowney und Ziggy Ansah schlugen vergangene Saison fehl.
Die im Oktober getätigte Verpflichtung von Dunlap, der im Tausch für Center B. J. Finney und einen Siebtrunden-Pick für 2021 von den Cincinnati Bengals geholt wurde, scheint hingegen ein Volltreffer zu sein.
Dass er in den drei Spielen für die Seahawks bereits 3,5 Sacks vorzuweisen hat, zwei davon gegen die Cardinals, sagt nicht einmal ansatzweise genug über den tatsächlichen Einfluss aus.
Allein in der ersten Hälfte des gestrigen Spiels setzte er den Quarterback vier Mal unter Druck - genauso oft wie die gesamte übrige Verteidigung von Seattle.
Im Dienst der Seahawks benötigte er lediglich 77 gegnerische Passspielzüge, um auf elf Quarterback-Pressures zu kommen. Zum Vergleich: Bei den Bengals konnte er bei 162 Versuchen den gegnerischen Spielmacher nur zehn Mal unter Druck setzen.
Caroll lobt Dunlap: "ein klassischer Outside Guy"
Head Coach Pete Caroll sagt über Dunlap: "Er ist ein klassischer Outside Guy. Er ist genau der Typ, den man braucht, wenn man nach einem echten Edge Rusher sucht."
Der Trainer lobt vor allem die Vielseitigkeit des Zweitrunden-Picks von 2010. Der 31-Jährige dringt zwar vorwiegend über die Außenseite ins Backfield vor, kann sich allerdings auch innen durchsetzen und ist dadurch unberechenbar.
Der Gelobte selbst blieb gelassen: "Genau das ist doch der Grund dafür, dass sie mich hierher geholt haben."
Dunlap gibt sich vielleicht auch deshalb bescheiden, weil er weiß, dass die Leistung der Defense nicht nur auf sein Zutun zurückzuführen ist. In diesem Spiel, und das ist in der Saison 2020 tatsächlich eine Besonderheit, hat die gesamte Verteidigung funktioniert.
Viele Blitze: Ken Norton Jr. wählt die richtige Taktik
Defensive Coordinator Ken Norton Jr., der Sohn der mittlerweile verstorbenen Box-Ikone Ken Norton, entschied sich für die richtige Taktik. Um die spielerische Qualität von Kyler Murray einzudämmen, ließ er immer wieder verschiedene Akteure zum Quarterback durchmarschieren, also blitzen.
Manchmal war lediglich Adams der "Blitzer", manchmal setzten gleich mehrere Verteidiger den gegnerischen Spielemacher unter Druck. "Das hat Verwirrung gestiftet", lobt Wagner die vorgegebene Taktik.
Und weiter: "Wir mussten zu diesem Kerl (Murray, Anm.d.Red.) durchkommen. Wir mussten es diesem Kerl unbequem machen. Das war die einzige Chance, dieses Spiel zu gewinnen. Ich bin mir sicher, dass er uns gespürt hat."
Ganz besonders als Dunlap ihn im entscheidenden vierten Spielzug zu Boden riss.
Oliver Jensen
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