Jimmy Garoppolo: Vom Dschungel auf die große Super-Bowl-Bühne

München/Miami - Immer wieder der Wischer über die Stirn. Mit der Hand entfernt Jimmy Garoppolo die Schweißperlen.

Ist es die Hitze von Miami, drückende Schwüle, die den Schweiß aus den Poren drückt?

Oder ist der Quarterback der San Francisco 49ers gar nervös?

Große Bühne, die größte im Marlins Park, dem Baseball-Stadion des MLB-Klubs Miami Marlins. Alle Blicke auf ihn gerichtet.

Auf der großen Bühne angekommen

Neben ihm Hall of Famer Michael Irvin, führt eines der unzähligen Interviews jetzt gerade das NFL Network.

Aber sie sind alle da, die großen TV-Stationen der USA. Und nicht nur die. Aus allen Herren Ländern der Welt. Auch ProSieben und ran Football sind in Miami. Bei der Pressekonferenz von Jimmy Garoppolo.

"Das letzte Mal war ich da unten, in diesem ganzen Dschungel", sagt der Quarterback der San Francisco 49ers und deutet in die Journalisten-Meute.

"Jetzt bin ich hier auf der großen Bühne", vergleicht Jimmy G. die diesjährige Opening Media Night mit den vorherigen, als er noch Backup von Tom Brady bei den New England Patriots war.

Also doch Lampenfieber? Nervosität im Scheinwerferlicht?

Dauergrinsen im Gesicht

Jimmy G. hat gleich die passende Antwort parat: "Hier oben habe ich etwas mehr Platz, hier lässt es sich aushalten."

James Richard Garoppolo wirkt locker, entspannt, seine Antworten auf die Fragen aus dem Journalisten-Dschungel ehrlich. Er nimmt sich die Zeit, verzichtet auf Floskeln.

Keine Spur eines glattgebürsteten 137-Millionen-Dollar Lächeln, viel mehr ein ehrliches, mehr spitzbübisches Grinsen, eine ungespielte Freude.

Warum auch nicht. "Wir sind im Super Bowl, es gibt also keinen Grund, nicht zu lächeln."

Schicksalsgegner Kansas City Chiefs

Vor einem Jahr sah das noch ganz anders aus. Da war Garoppolo das Lachen vergangen. Vielmehr galt es, die Zähne zusammenzubeißen. Schuften für das Comeback.

"Vor einem Jahr habe ich erst wieder lernen müssen, zu laufen", erinnert sich Garoppolo.

Kreuzbandriss war die niederschmetternde Diagnose. Ausgerechnet zugezogen gegen den Gegner jetzt im Super Bowl, die Kansas City Chiefs (Sonntag, Webshow ab 15:00 Uhr auf ran.de, Countdown Show ab 20:15 Uhr auf ProSieben MAXX und der Super Bowl LIV live aus Miami ab 22:45 Uhr auf ProSieben).

Die Chiefs, sein Schicksalsgegner. Und der seiner 49ers. Denn so bitter die Verletzung ist, sie hatte auch seine Vorteile.

"Nur so konnten wir Nick Bosa draften", sieht auch Garoppolo das Positive in seiner Misere.

Nur acht Passversuche gegen die Packers

Und mit Bosa hat sich auch Garoppolos Spiel verändert. War er noch bei seiner Ankunft nach dem Trade aus New England der große Hoffnungsträger, der alles mit seinem Arm richten musste, richten sollte, ist jetzt mehr seine Spielintelligenz gefragt.

Garoppolo muss kein Spiel mehr mit seinem Arm entscheiden. In den beiden Playoffspielen zusammen warf er nur 27 Pässe, 19 gegen die Minnesota Vikings nur ganze 8 beim Sieg über die Green Bay Packers.

Zum Vergleich: Patrick Mahomes, der Quarterback der Chiefs, kam in beiden Spielen auf jeweils 35 Versuche.

Garoppolo weiß, was er machen muss. Schließlich hat er vom Besten gelernt: Tom Brady.

Lernen hinter Brady

Dreieinhalb Jahre sah er aus nächster Nähe, wie Brady trainiert, sich auf Spiele vorbereitet, während des Spiels auf dem Spielfeld und der Seitenlinie verhält.

Wann der tiefe Pass gefragt ist, wann der kurze. Wann er auch einfach mal nur den Ball an seine Running Backs übergeben muss.

Und gerade letzteres machte Jimmy G. im Championship Game gegen die Packers reichlich.

Warum auch etwas anderes, wenn das Laufspiel so gut funktioniert, Raheem Mostert vier Touchdowns erzielt und über 200 Yards läuft?

Jimmy G. ist Prince Charming

Aber eben nicht nur auf dem Spielfeld, auch abseits hat Garoppolo viel von Brady gelernt. Während zahlreiche seiner Mitspieler und Kontrahenten im Laufe der Hot Week immer bei all dem Medien-Rummel wortkarger bei Interviews werden, Garoppolo ist Prince Charming.

Er spricht offen über seine Vergangenheit, die Anfänge als Linebacker an der High School, der Wechsel auf Quarterback, seine Zeit am College von Northern Illinois, seine Beziehung zu Brady.

Zum Einzug in Super Bowl schickte ihm der GOAT Glückwunschnachrichten aufs Handy.

Den Super Bowl immer im Hinterkopf

Dank Brady ist Garoppolo bereits im Besitz zweier Ringe, darf sich Champion 2014 und 2016 nennen. Aber eine Minute gespielt im Super Bowl hat er noch nicht.

Seine ersten erwarten ihn nun am Sonntag.

Dabei galten die 49ers zu Saisonstart nicht als Anwärter auf die Teilnahme. Die Seattle Seahawks und vor allem die Los Angeles Rams waren in der NFC West favorisiert.

Aber wie war es bei Garoppolo beim Saisonstart, nach seiner Verletzung? "Super Bowl? Du hast es immer im Hinterkopf", gibt er offen zu.

Von Lampenfieber oder Nervosität nichts zu spüren. Nur gesundes Selbstvertrauen - trotz der Schweißperlen auf der Stirn.

Rainer Nachtwey

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