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Saison 2008

Matt Cassel: Als die New England Patriots ohne Tom Brady auskamen

  • Aktualisiert: 16.04.2020
  • 08:32 Uhr
  • ran.de / Andreas Reiners
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© 2008 Getty Images

Nach dem Wechsel von Tom Brady zu den Tampa Bay Buccaneers wird die Frage oft gestellt: Können die New England Patriots ohne ihn funktionieren? In der Vergangenheit funktionierte das schon mal ziemlich gut. 

München – Der Teamarzt war etwas vorschnell. Leichtfertig? Ja, wohl auch das. Es war einfach eine Info zu viel an diesem 7. September 2008. Der falsche Zeitpunkt.

Matt Cassel hatte gerade für Tom Brady übernommen, der am ersten Spieltag im ersten Viertel gegen die Kansas City Chiefs am linken Bein getroffen worden war. 

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Immer der Backup

Bis zu dem Zeitpunkt hatte der Backup in der NFL in drei Jahren 39 Mal den Ball geworfen. Streng genommen war er der Ersatzmann-Prototyp, selbst auf dem College turnte er vier Jahre lang nur in der zweiten Reihe hinter Carson Palmer und Matt Leinart herum.

33 Bälle warf er in der ganzen Zeit. 33.

Irgendetwas muss Belichick in Cassel gesehen haben, als er ihn 2005 in Runde sieben draftete.

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BradyQB

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Und jetzt schwamm er da, im eiskalten Wasser der NFL, als kleiner Fisch im Haifischbecken.

Als Ersatz des amtierenden NFL-MVP, nach einer beeindruckenden 16-0-Saison 2007, die erst die New York Giants im Super Bowl stoppten.

Und der Doc meinte wenig später lapidar: "Sieht nicht gut aus, ich denke, das ist jetzt dein Team in diesem Jahr."

Ups.

"Ich dachte nur: 'Hätte er nicht bis nach dem Spiel warten können, um mir das zu sagen?'", erinnert sich Cassel bei "TheRinger" an die Situation, als er für Brady einsprang. Als die New England Patriots in eine Art Schockzustand verfielen, denn die Diagnose Kreuzbandriss bedeutete tatsächlich das Saisonaus für Brady.

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Die große Karriere-Chance

Für Cassel war es die große Chance seiner Karriere, für Head Coach Bill Belichick eine exzellente Möglichkeit zu zeigen, dass es auch ohne Brady funktionieren kann. Dass er auch dann ein Siegerteam hat, wenn die Schlüsselposition neu besetzt werden muss.

Wie 2020, nachdem Brady die Patriots nach 20 Saisons verlassen hat, um zu den Tampa Bay Buccaneers zu wechseln. 

Natürlich sind das zwei völlig verschiedene Pats-Teams, zwei ganz unterschiedliche Situationen, dafür aber ein Trainer: 2008 ist ein guter Beleg dafür, dass die Patriots auch ohne ihren Superstar bestehen können.

"Wir haben alles auf das ausgerichtet, was für ihn am besten war, genauso wie wir immer alles auf das ausgerichtet haben, was für Tom am besten war, um unsere Offense zu unterstützen. Ich sehe also nicht, dass sich daran etwas ändert", sagt Belichick heute, kurz vor dem Draft (in der Nacht vom 23. auf den 24. April ab 1:45 Uhr live auf ProSieben MAXX und ran.de), wenn zahlreiche Experten davon ausgehen, dass die Patriots mit einem ihrer Picks einen Signal Caller auswählen werden, der sich dann mit den aktuellen Quarterbacks im Kader, Jarrett Stidham und Brian Hoyer, misst.

2008 war es Belichick, dessen Art dafür sorgte, die Panik, den emotionalen Sturm, den die Brady-Verletzung auslöste, zu beruhigen.

Belichicks monotone Stimme

"Was tröstete, war Bills monotone Stimme. Sie war immer da", sagte Star-Safety Rodney Harrison. "Die ganze Welt geriet in Panik. Wir waren fassungslos. Es gibt viele Emotionen im Football, aber er blieb immer derselbe."

Belichick ging damals nur einmal auf die Brady-Verletzung ein. Als er sein Team warnte: "Er sagte uns, dass die Medien versuchen würden, uns zu spalten und den Panikknopf zu drücken, aber dass wir nicht in Panik geraten sollen. Er sagte nicht: "Oh mein Gott, die Welt geht unter", so Harrison.

Und was sagte er zu Cassel? "Ok Cassel, du bist im Spiel."

Eine kurze Anweisung nur, ein typischer Belichick halt. Nüchtern. Auf das Wesentliche beschränkt. Kein Mann der großen Worte.

Cassel hat später, im Laufe seiner insgesamt immerhin 14 Jahre in der NFL, andere Trainer kennengelernt, die über solche Probleme lamentierten oder es stets thematisierten. "Belichick war das ganze Jahr über unglaublich", so Cassel, der für 3693 Yards warf und 21 Touchdowns bei elf Interceptions. "Er hat mich großartig unterstützt, dadurch habe ich Vertrauen bekommen."

Das stetig wuchs, weil Matt Matt sein konnte und nicht versuchen musste, Brady zu spielen. Das System wurde deshalb an Cassels Fähigkeiten angepasst, modifiziert, wenn auch nicht viel, aber effektiv.

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Bittere Bilanz

Für Cassel zahlte sich der Einsatz später im wahrsten Sinne des Wortes aus.

Denn 2009 ging er in der Offseason zu den Kansas City Chiefs, unterschrieb einen 62 Millionen Dollar schweren Sechsjahresvertrag. 

Das, was bei vielen Beteiligten von 2008 aber leider vor allem hängengeblieben ist: Die Bilanz, denn die war bitter. Elf Siege bei fünf Niederlagen war angesichts der Situation fast schon sensationell, doch trotzdem war es eine von nur drei Saisons in der Belichick-Ära, in der die Patriots die Playoffs verpassten.

Belichicks Reaktion? So monoton und nüchtern wie bei Siegen. Was im Erfolg an der einen oder anderen Stelle immer noch etwas hölzern und langweilig wirkt, ist ohne Frage ein Vorteil, wenn das Team sowieso schon am Boden liegt. Cassels Fazit: "Bill ist immer am Puls des Teams."

Damals ging es deshalb auch ohne Brady. 2020 ebenfalls?

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