31:9-Sieg über die Kansas City Chiefs
Super Bowl LV: Die Buccaneers-Defense und ihr heimlicher Star sind der wahre MVP
- Aktualisiert: 03.02.2022
- 17:28 Uhr
- ran.de/Julian Huter
Die Defense der Tampa Bay Buccaneers schafft im Super Bowl Historisches und zwingt Chiefs-Superstar Patrick Mahomes zur schwächsten Performance seiner NFL-Karriere. Dabei überzeugen die "Bucs" mit einer geschlossenen Teamleistung. Der eigentliche Star steht aber an der Seitenlinie.
München/Tampa - Diese so ungewöhnliche NFL-Saison 2020 endete letztlich mit einem vertrauten Bild. Tom Brady reckte die Vince Lombardi Trophy in den Nachthimmel - schon zum siebten Mal in seiner Karriere. Die Ehrung als MVP des Spiels gab es als Zugabe oben drauf.
Diesmal war es allerdings nicht der "GOAT", der mit einem spielentscheidenden Drive im letzten Viertel zum Helden wurde. Den Schlusspunkt beim deutlichen 31:9-Sieg der Tampa Bay Buccaneers über die Kansas City Chiefs setzte "Bucs"-Linebacker Devin White. Patrick Mahomes suchte mit einem letzten verzweifelten Pass Star-Tight-End Travis Kelce, White schlug das Spielgerät in die Luft und fing es dann auch selbst ab. Ein symbolisches Ende für den Verlauf dieses Endspiels.
"Bucs"-Defense lässt Mahomes und Co. menschlich aussehen
Könnte man nicht einen Einzelspieler sondern einen kompletten Mannschaftsteil zum Super-Bowl-MVP küren, dann hätte diese Defense um Coordinator Todd Bowles den Titel verdient. Sie schafften, was in dieser Spielzeit keinem anderen Team wirklich gelungen ist: Sie ließen die explosive Offense um Armwunder Mahomes menschlich aussehen.
Zuvor schien es so, als wäre für die Chiefs kein Rückstand zu groß. Im Duell in der regulären Saison spielten Tyreek Hill, Kelce und Co. mit den "Bucs"-Verteidigern noch Katz und Maus, unglaubliche 543 Yards Raumgewinn erzielte die Offense allein in jenem Spiel in Week 12. Die NFL-Welt fragte sich, wer diese übermenschlichen Athleten denn stoppen soll.
Bowles und Co. lieferten im Super Bowl die Antwort. Nicht einen einzigen Touchdown ließen sie zu und zwangen Mahomes zusätzlich zu zwei Interceptions. Gehetzter Blick und die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen - der Schock und der Frust waren dem MVP von 2018 schon während des Spiels ins Gesicht geschrieben.
Mahomes: "Schlimmste Abreibung seit langer Zeit"
"Sie haben uns heute eine ziemlich Abreibung verpasst, die schlimmste, die ich seit langer Zeit erlebt habe", gab der Chiefs-Quarterback nach der Partie zu. Für Mahomes war es die erste Niederlage mit zweistelligem Abstand seit 2016. Damals spielte er noch an der Texas Tech am College.
Nur 26 von Mahomes 49 Pässen fanden ihr Ziel, sein Passer Rating von 52,3 auf einer Skala von 0 bis 158,3 war der schlechteste Wert seiner Karriere. Da der Chiefs-Superstar in der Pocket kaum Zeit zum Werfen hatte, musste er sein Spiel mehr auf schnelle, kurze Würfe verlagern. Diese Optionen deckten die Linebacker und Defensive Backs meist mit einer starke Zone Coverage ab.
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O-Line der Chiefs ohne zwei Starter
Wie bewerkstelligte die "Bucs"-Defense diese Novum in der NFL? "Das Wichtigste war, Mahomes den ersten Read wegzunehmen. Wenn dir das gelingt, muss er den Ball länger halten und nach anderen Anspielstationen suchen. Die Defensive Line hat Druck gemacht, sie haben ihn zum Laufen gezwungen und ihm das Leben schwer gemacht. Das war der Schlüssel", erklärte Bowles.
Tatsächlich musste Mahomes bei gefühlt jedem Snap um sein Leben rennen. Dass die Offensive Line ohne zwei Starter auskommen musste, machte die Angelegenheit noch schwieriger. Das tiefe Passspiel der Chiefs kam so überhaupt nicht zur Entfaltung. Das Laufspiel war ein Non-Faktor.
"Wir als Front Seven müssen Mahomes jagen", hatte Defensive Tackle Ndamokung Suh vor der Partie gefordert - das gelang. Nur drei Sacks standen am Ende für die "Bucs" zu Buche, dafür allerdings 29 Pressures - also Spielzüge, bei denen der Quarterback den Ball schneller loswerden muss, weil die Defense Druck auf ihn macht. Noch nie gab es in einem Super Bowl mehr.
White: "Liebe es, für Bowles zu spielen"
Die Dominanz der "Bucs"-Defense war eben nicht das Produkt eines Superstars, der ein Spiel für die Ewigkeit ablieferte, sondern das Ergebnis einer disziplinierten und geschlossenen Teamleistung. Chiefs-Coach Andy Reid hob daher seinen Trainerkollegen hervor: "Kompliment an Todd Bowles, er hat uns heute auf dem falschen Fuß erwischt."
Zwar kann sich Bowles nicht über den MVP-Award freuen, vielleicht aber schon bald über eine neue Chance als Head Coach. Den Makel, den seine verkorkste Zeit als Cheftrainer der New York Jets hinterlassen hat, dürfte er spätestens jetzt wieder getilgt haben.
Super-Bowl-Held White schwärmte jedenfalls: "Dieser Typ ist einfach ein Mastermind. Ich bin froh, dass er keinen Job als Head Coach bekommen hat. Ich liebe es, für ihn zu spielen." Wer diesen Super Bowl gesehen hat, kann diese Aussage so unterschreiben.
Julian Huter
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