Zwei Monate vor dem NFL-Draft
XFL-Star Kenny Robinson: Sein Einstieg in den NFL-Draft als historischer Umweg
- Aktualisiert: 24.02.2020
- 19:34 Uhr
- ran.de/Sebastian Kratzer
Der Safety der St. Louis Battlehawks könnte mit seinem Sprung über den Draft in die NFL für ein außergewöhnliches Novum sorgen. Anstatt beim NFL Scouting Combine anzutreten, spielt Kenny Robinson lieber für gutes Geld in der XFL, um seine Familie nebenbei zu versorgen. Über die Geschichte eines eigentlich Verstoßenen, der mit seiner Aktion einen neuen Weg ebnen könnte.
München/St. Louis - Star-Safety Kenny Robinson hat seine Verfügbarkeit für den NFL-Draft 2020 erklärt.
So weit, so gewöhnlich. Interessant wird die Sache dadurch, dass Robinson für die St. Louis Battlehawks in der XFL spielt. Schon im College als großes Talent gehandelt, spielt der Safety derzeit in der neuen Footballliga groß auf und könnte deshalb schon bald in der NFL Fuß fassen.
In der XFL-Partie zwischen den St. Louis Battlehawks und den New York Guardians (29:9) am vergangenen Wochenende etwa gelang Kenny Robinson eine spektakuläre Interception, die ihn verbunden mit seinen bisherigen starken Leistungen in der XFL auf die Zettel der NFL-Scouts gebracht hat. Sollte ihm beim Draft der Sprung in die NFL gelingen, wäre dies sehr bedeutend für den Stellenwert der XFL, denn von Robinsons Sprung in die NFL könnte die komplette Zukunft des bisherigen Systems der Spielerentwicklung in den USA abhängen.
Der ungewöhnliche Weg bis zum NFL-Draft
Mit seinen 21 Jahren gilt Robinson immer noch als Talent und würde am College derzeit in seinem Junior-Jahr spielen, also dem dritten Jahr an einer amerikanischen Universität. Er ging in West Virginia aufs College und galt dort als eine der tragenden Säulen in der Defense, bevor er aufgrund einer Verletzung der internen College-Richtlinien entlassen wurde. Daraufhin begab er sich in den Transfer-Pool der NCAA, um an ein anderes College wechseln zu können.
So zog er zwar schnell die Aufmerksamkeit der Top-Colleges wie Alabama oder Oklahoma auf sich, hätte aber bei einem Wechsel nach NCAA-Richtlinien ein Jahr aussetzen müssen, um seinen Namen wegen der Entlassung wieder "reinzuwaschen".
In der Zeit, zu der sich Robinson nach neuen Colleges umschaute, traf ihn ein unerwarteter Schicksalsschlag. Bei seiner Mutter wurde Krebs diagnostiziert und seine persönlichen Interessen standen erstmal hintenan. Die neugegründete XFL ging damals an den Start und stattete die ersten Spieler mit Verträgen aus.
Aufgrund einer Regel, dass Spieler bereits nach zwei Jahren auf dem College in der XFL anheuern dürfen und dies sogar erwünscht ist, konnte Robinson den Schritt zum Profi absolvieren, um nebenbei für seine Familie Geld zu verdienen.
"Die Entscheidung für mich war, entweder normal zur Schule zu gehen oder mich um meine Familie zu kümmern und für das bezahlt zu werden, was ich liebe", erklärte er bei "The Athletic" die Entscheidung: "Die XFL bezahlt mich also, damit ich meine Kurse wahrnehmen und gleichzeitig für meine Familie sorgen kann."
In der NFL gibt es die Regel, dass alle Spieler, die in den Draft-Pool eintreten wollen, mindestens drei Jahre außerhalb der High School verbracht haben müssen. Anstatt also ein Jahr auf die Universität zu gehen und kein Football spielen zu können, entschied er sich für die XFL.
Vor dem Draft: XFL statt Combine
Am 21. Januar dieses Jahres hatte Robinson dann allen Grund zur Freude. Er hatte es tatsächlich geschafft, dem Draft Pool 2020 der NFL beitreten zu können, da ihn das NFL Player Personnel als zulässigen Kandidaten anerkannte. Nachdem Robinson bereits im Oktober im XFL Draft ausgewählt wurde, könnte er aller Voraussicht nach nun nur wenige Monate später bereits zum zweiten Mal in einem Draft gezogen werden.
Normalerweise treten die Prospects vor dem Draft beim NFL Scouting Combine an, um ihren persönlichen Wert nochmal zu steigern. Dabei müssen sie sich sowohl physischen als auch psychischen Tests unterziehen, um die Eignung für die NFL zu prüfen.
Während beim Combine Spielsituationen lediglich simuliert werden und eher die individuellen Fähigkeiten der Spieler getestet werden, können die Scouts bei Robinson anhand seiner Auftritte in der XFL bereits herausfiltern, wie er sich auf Profi-Niveau in einer Wettbewerbssituation präsentiert. Freilich herrscht in der NFL ein weitaus höherer Leistungsanspruch als in der XFL, dennoch wird er durch ehemalige NFL-Receiver und -Quarterbacks regelmäßig geprüft.
Zusätzlich ist die physische Gangart in der XFL um einiges härter als in der NFL oder am College, wodurch seine Verletzungsresistenz bereits zu Beginn seiner Karriere auf die Probe gestellt wird. In der XFL überzeugte Robinson bislang besonders durch die für seine Gewichtsklasse von knapp 92 Kilogramm sehr ausgeprägte Athletik. Nach Einschätzung der Experten ist er demnach wie geschaffen für die Safety-Postion und hat die passenden Voraussetzungen, um sich in der NFL behaupten zu können.
Ob Robinson im Draft nun höher oder tiefer gelistet wird, als wenn er noch am College spielen würde, lässt sich nur schwer einschätzen. Mit der Profi-Erfahrung, die er derzeit in der XFL sammelt, hat er in Sachen Druck und Aufmerksamkeit den anderen Talenten allerdings Einiges voraus, weshalb er einem Team in der NFL vermutlich direkt helfen könnte. Obwohl er nicht beim Combine erscheinen darf, gilt der Sprung in die NFL als wahrscheinlich.
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Robinson als wichtigster Spieler der XFL
Was der NCAA nicht gefallen dürfte. Denn nichts fürchtet der College-Sportverband mehr als eine alternative Profilliga, die Erfolg verspricht und Aufstiegsmöglichkeiten in die NFL bietet. Nun könnte Robinson der entscheidende Spieler werden, der das bisherige Entwicklungssystem von Football-Spielern in den USA auf den Kopf stellt. Sollte der Weg des Safetys über die XFL in die NFL am Ende von Erfolg gekrönt sein, könnten auch andere Spieler diesem Beispiel folgen und bereits nach zwei Jahren College als Zwischenschritt in die XFL wechseln.
Ein großer Kritikpunkt am aktuellen System der NCAA ist die fehlende Bezahlung der Spieler, da diese mit Stipendien an den Colleges eingeschrieben sind. So könnten nicht nur gesperrte oder entlassene Spieler wie Robinson den Umweg über die XFL gehen, sondern auch Spieler, die vor ihrer eigentlichen Profikarriere lediglich Geld verdienen wollen.
Die XFL wird alle Daumen drücken, dass Robinson möglichst früh ausgewählt wird und einen guten Start in die NFL erwischt. Wenn dies gelingt, hat die XFL die besten Voraussetzungen, sich als Durchgangs-Liga zwischen dem College und der NFL auf Jahre zu positionieren.
Der Umweg von Robinson über die XFL in den NFL-Draft könnte ein historischer werden.
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