Bei UFC 199 will Bobby Green dem Schicksal ein Schnippchen schlagen
- Aktualisiert: 03.06.2016
- 18:49 Uhr
- Mark Bergmann/ran.de
Nach einer Reihe tragischer Ereignisse und ernster Verletzungen kehrt die 29-jährige Leichtgewichtshoffnung Bobby Green am Samstag bei UFC 199 ins Oktagon zurück (Alle Kämpfe live auf ranFIGHTING.de)
München - MMA mag der härteste Sport der Welt sein, doch nichts ist manchmal härter als das Leben selbst. Wenn Lokalmatador Bobby Green in der Nacht auf Sonntag (ab 4:00 Uhr live auf ranFIGHTING.de) bei UFC 199 in Los Angeles ins Oktagon steigt, dann nicht nur für einen Sieg oder seine Kampfgage, sondern um dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, das ihm seit frühester Kindheit übel mitgespielt hat.
Von Kinderheim zum Kampfsport
Geboren 1986 im rauen San Bernadino, Kalifornien, hat es Green von klein auf nicht einfach. Die drogenabhängige Mutter verschwindet als er vier ist, der Vater sitzt die meiste Zeit im Gefängnis. Er wächst auf in Kinderheimen und Pflegefamilien, an die 50 insgesamt. Früh kommt er in Kontakt mit Gewalt und Verbrechen.
Doch damit will der intelligente Bursche nichts zu tun haben, sucht stattdessen Halt im Sport und wird schnell ein passabler Ringer. Einer seiner vielen Pflege-Väter ist es schließlich, der den Kampfsport-Funken auf Green vollends überspringen lässt, als er ihm alte Kämpfe von Muhammad Ali auf Video zeigt.
Da ist er 17 und fasziniert von Können und Charisma des größten Boxers aller Zeiten. Sein Weg ist damit vorgezeichnet, fünf Jahre später bestreitet er sein MMA-Debüt.
Karriere im Turbo-Modus
Während andere Kämpfer ihre Karriere behutsam aufbauen, legt Green von Beginn an den Turbo-Modus ein und bestreitet in seinem ersten Jahr ganze neun Fights. Nach acht Siegen bei nur einer Niederlage werden schnell auch größere Organisationen auf ihn aufmerksam.
2011 landet er bei Strikeforce, der damals zweitgrößten MMA-Organisation der Welt. Nach Startschwierigkeiten im ersten Kampf gewinnt Green vier Duelle in Folge und wird nach Aufkauf und Auflösung von Strikeforce 2013 schließlich in den UFC-Kader übernommen.
Auch dort läuft es hervorragend für den aufstrebenden Leichtgewichtler, der weitere vier Siege hintereinander einfährt. Green scheint es endlich geschafft zu haben, seiner dunklen Vergangenheit zu entkommen. Doch das Schicksal ist noch lange nicht fertig mit ihm.
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Von der Vergangenheit eingeholt
Im Mai 2014 werden fünf seiner Familienmitglieder aus einem vorbeifahrenden Auto heraus auf offener Straße niedergeschossen. Vater, Onkel und zwei Cousins überleben, sein jüngerer Bruder Mitchell stirbt.
Zwei Monate darauf steigt Green trotzdem ins Oktagon, springt kurzfristig ein, mit nur neun Tagen Vorbereitung. Er widmet den Kampf seinem verstorbenen Bruder und besiegt den früheren Strikeforce-Champion Josh Thompson. Es ist der größte und zugleich traurigste Sieg seiner Karriere.
Im September gerät ein weiterer Bruder in eine Schießerei, doch er überlebt. Offenbar ging es um Gang-Rivalitäten. Durch den Buschfunk erfährt Green, dass auch sein eigenes Leben durch die Täter bedroht sein könnte, ein enger Freund stirbt kurz darauf.
Seitdem lebt der 29-Jährige in ständiger Lebensgefahr, pendelt deshalb zwischen der Couch seines Trainers und der Wohnung seiner Freundin, wo auch die gemeinsame Tochter lebt. Die Vergangenheit aus seinem alten Viertel, mit der er nie etwas zu tun haben wollte, hat ihn schließlich doch eingeholt.
Zwangspausen wegen zahlreicher OPs
Als wären all die privaten Probleme nicht genug, erlebt Green in den letzten beiden Jahren auch aus sportlicher Sicht die frustrierendste Zeit seiner Karriere. Im November 2014 kassiert er gegen den brasilianischen Striking-Virtuosen Edson Barboza seine erste UFC-Niederlage und reißt sich dabei den linken Oberschenkelmuskel.
Als nach einer OP und einigen Monaten Zwangspause das linke Bein wieder einigermaßen funktioniert, versagt plötzlich das rechte. Kreuzband und Meniskus geben nach, Green muss erneut unters Messer, wieder mehrere Monate pausieren. Nachdem er bislang mindestens zwei Kämpfe pro Jahr bestritten hatte, war er nun gezwungen, monatelang zuzusehen, wie andere im Leichtgewicht für Furore sorgen.
Das Comeback einer Kämpfernatur
In vielen Jahren voller Enttäuschungen und Rückschläge hat sich Green ein dickes Fell zugelegt, hat gelernt, Dinge einfach wegzulachen. Trotz seiner bewegten Vergangenheit gehörte er stets zu den sympathischsten Kämpfern der UFC, gab bereitwillig Autogramme und Interviews und reichte sogar seine Handynummer an Fans weiter, bei denen er auch schon mal überraschend zum Grillfest auftauchte.
Doch nach zwei schweren Verletzungen in nicht einmal sechs Monaten hatte selbst er genug. Er kapselte sich ab, tauchte unter, war monatelang für niemanden erreichbar. Nun ist er zurück.
Am Sonntagmorgen trifft er im Opener des Hauptprogramms von UFC 199 auf Dustin Poirier, der seit seiner Niederlage gegen Conor McGregor und der darauffolgenden Rückkehr ins Leichtgewicht in drei Kämpfen ungeschlagen ist.
Nach 19 Monaten Pause will Green die 70-Kilo-Klasse der UFC weiter aufmischen. Will dort weitermachen, wo er nach dem Sieg über Thompson aufgehört hat und sich vor allem ein weiteres Mal selbst beweisen, dass er sich vom Schicksal nicht kleinkriegen lässt - egal, wie schwer es ihn auch treffen mag.
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