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Krise auf dem Kiez

Kult-Klub FC St. Pauli: Doch nur ein Verein wie jeder andere

  • Aktualisiert: 15.04.2019
  • 14:33 Uhr
  • ran.de / Oliver Jensen
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© imago

Hastige Trainerentlassungen, verbale Attacken, Pfiffe von den eigenen Fans – der FC St. Pauli droht das Image des "besonderen Vereins" zu verlieren.

Hamburg - Der FC St. Pauli gilt eigentlich als der besondere Verein. Hier soll es nicht nur um Erfolg oder Misserfolg gehen. Im Millerntor-Stadion sollen die Spieler von ihren Fans immer gefeiert werden - ob sie nun gewonnen haben oder nicht. Am Kiez geht es um mehr als Fußball: Der Verein vertritt offensiv und aktiv die Menschenrechte, kämpft zum Beispiel gegen Rechtsradikalismus und für Toleranz gegenüber Homosexuellen, setzt sich zudem für Flüchtlinge ein. 

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Dass der FC St. Pauli auch fußballpolitisch oft im Sinne der Fans handelt, sich zum Beispiel für die 50+1-Regelung einsetzt und gegen Vereine wie RB Leipzig protestiert, hat dem Verein ebenfalls viele Sympathien eingebracht.

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Studie: St. Pauli ist der sympathischste Verein in Deutschland

Die TU Braunschweig erforschte im Jahre 2017 in ihrer Studie die Attraktivität der 36 Bundesligavereine und ihre Marken-Beliebtheit. Das Ergebnis: St. Pauli landete auf Platz 4, noch vor dem FC Bayern München. Damit nicht genug: Von den Sympathie-Werten belegte St. Pauli sogar Platz 1. Ein beachtliches Ergebnis für einen Verein, der in 56 Jahren Bundesliga gerade einmal acht Spielzeiten im Oberhaus verbracht hat.

Die Anerkennung reicht sogar über die Landesgrenze hinaus. "Ob nun in Österreich, in der Schweiz, in Finnland oder sogar in den USA – in der ganzen Welt wird wahrgenommen, wofür der FC St. Pauli steht", sagt der Technische Direktor Ewald Lienen.

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Kauczinski & Stöver: Der Doppel-Rauswurf

Die Frage ist nur, wie lange der FC St. Pauli noch als der "besondere Verein" wahrgenommen wird. Die jüngere Vergangenheit weckt den Eindruck, dass die Uhren am Hamburger Kiez genauso ticken wie überall – nämlich sehr schnell. Der jüngste Beweis war der Doppel-Rauswurf von Trainer Markus Kauczinski und Sportchef Uwe Stöver.  

Dazu muss man wissen: Präsident Oke Göttlich hatte vor Saisonbeginn als Ziel Tabellenplatz 7 oder 8 ausgegeben. Und wo stand St. Pauli in der vergangenen Woche, als der Paukenschlag erfolgte? Auf Platz 6 – mit nur vier Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz.

Damit nicht genug: Göttlich holte in einer Pressekonferenz zum Rundumschlag aus, sprach von einer "lethargischen Stimmung", kritisierte die taktische Ausrichtung in den vergangenen Wochen, ließ also kein gutes Haar an Ex-Trainer Markus Kauczinski. Es war ein Auftritt, der überhaupt nicht zu dem freundlichen Image des FC St. Pauli passte.

Fünf Trainer seit November 2014

Seit November 2014 steht Göttlich als Vereinspräsident in der Verantwortung. Er warb für Kontinuität auf den Führungspositionen, wollte anders sein als der Stadtnachbar Hamburger SV mit den vielen Trainerentlassungen. Tatsache ist aber: Während seiner Amtszeit gab es bei St. Pauli fünf verschiedene Trainer.

Noch im Dezember hatte Göttlich bei der Mitgliederversammlung Stöver und Kauczinski gelobt. Damit nicht genug: Im November wurde der Vertrag des Trainers verlängert, Mitte Februar der Vertrag von Stöver. Weitsichtigkeit sieht anders aus. Das zeigt: Wenn der Erfolg ausbleibt, wird mit Aktionismus reagiert – so wie bei jedem anderen Verein auch.

In Jos Luhukay wurde ein Trainer verpflichtet, der zuletzt beim englischen Zweitligisten Sheffield Wednesday entlassen wurde. Und was hat es gebracht? Der FC St. Pauli lieferte am Sonntag gegen Arminia Bielefeld eine furchtbar schwache erste Halbzeit ab, konnte sich nur dank einer Steigerung in der zweiten Hälfte ein Unentschieden sichern.

Es hatte nicht den Anschein, als wäre der Trainerwechsel für die Mannschaft eine Befreiung gewesen. Im Gegenteil: Die taktische Umstellung schien die Mannschaft zu überfordern.  

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Pfiffe, Beleidigungen & Pyro

Auch neben dem Platz entstand zuletzt vermehrt der Eindruck, der FC St. Pauli entfernt sich von dem Image des "besonderen Vereins". Da gab es zum Beispiel den Fall Jeremy Dudziak: Nachdem sein Wechsel zum Stadtnachbar HSV publik wurde, beleidigten ihn die Fans mit einem großen Banner als "Rautenschwein."

Oder das Nordderby gegen den HSV: Wegen wiederholter Pyro-Vorfälle beider Fan-Lager stand das Spiel kurz vor dem Abbruch. Vom Fanblock des FC St. Pauli aus flogen Leuchtraketen sogar auf das Spielfeld und in Richtung der Gegengerade.

Auch die Zeiten, in denen die Fans unabhängig vom Spielausgang ihre Spieler feiern, drohen bald der Vergangenheit anzugehören. Zuletzt waren im Millerntor-Stadion vermehrt Pfiffe gegen die eigene Mannschaft zu vernehmen.

Eben genauso wie bei vielen anderen Vereinen auch ...

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