Verpasster Titelgewinn als Ansporn
Borussia Dortmund: Der BVB ist auch 2024 ein Kandidat auf die Meisterschaft - ein Kommentar
- Aktualisiert: 30.05.2023
- 14:49 Uhr
- ran.de
Borussia Dortmund hat die große Chance auf die Meisterschaft fahrlässig hergeschenkt, für viele Beobachter war es mit Blick auf die kommenden Jahre eine einmalige Gelegenheit. Doch das muss nicht so sein: Wenn der Klub die richtigen Lehren zieht, ist der Titelgewinn 2024 erneut greifbar. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Manche Chancen hat man nur einmal im Leben. Eine außergewöhnliche Gelegenheit, erschaffen durch noch außergewöhnlichere Umstände. Die Möglichkeit, ein Ziel zu verwirklichen, das normalerweise eigentlich weit entfernt schien. Once in a lifetime.
Wer die Bilder vom Samstag im Dortmunder Stadion gesehen hat, als die Mannschaft des BVB und ihr Trainer Edin Terzic völlig leer und wie seelenlose Hüllen ins Nichts starrten oder ihren Tränen freien Lauf ließen, der konnte den Eindruck bekommen, dass gerade eben eine derartige Gelegenheit verschenkt wurde.
Sicher wird es dauern, bis der BVB die verpasste Meisterschaft verdaut hat. Doch die Annahme, dass es sich um eine einmalige Gelegenheit gehandelt hat, die so schnell nicht wiederkommt, trügt. Schon im kommenden Jahr könnten die Dortmunder wieder um den Titel spielen. Und das hat Gründe.
Der große Konkurrent FC Bayern München, der das Geschenk am Samstag gerne angenommen hat, befindet sich in turbulenten Zeiten. Die Tragweite der personellen und strukturellen Veränderungen ist dermaßen groß, dass es noch Monate dauern wird, bis an der Säbener Straße wieder Ruhe einkehrt.
BVB sollte sich ein Beispiel an Bayern 2012 nehmen
Diese Zeit kann und muss der BVB in aller Gelassenheit nutzen, um seine eigenen Hausaufgaben zu machen. Die Führungsebene ist gefestigt, die Kompetenzen klar verteilt. Alle ziehen an einem Strang: Klub, Fans, Spieler. Davon ist man in München aktuell weit entfernt. Die Meisterschaft kann darüber nicht hinwegtäuschen.
Zudem sind es oft die größten Niederlagen, die der Ausgangspunkt der größten Siege sind. Auch hier dienen die Bayern als Beispiel. 2012 war der Klub in seinem Selbstverständnis angeschlagen. Die verlorene Meisterschaft gegen den BVB, dazu das Fiasko im Pokalendspiel sowie im "Finale dahoam": Der FC Bayern hing in den Seilen.
Doch der Klub berappelte sich und schlug ein Jahr später mit dem Triple zurück. Daraus muss der BVB in der aktuellen Situation seine Lehren ziehen. Aus dem maximalen Scheitern die maximale Energie ziehen, um den maximalen Erfolg anzupeilen.
Sich nun in Selbstmitleid zu flüchten und über das eigene Schicksal zu jammern, bringt gar nichts. Und es entspräche auch nicht der Mentalität des Ruhrgebiets. Hinfallen, aufstehen, weiterarbeiten. Diese Herangehensweise wird Schwarz-Gelb geradewegs zurück auf den Pfad des Erfolgs führen. (Die Relegation zur Bundesliga live in SAT.1 und auf ran.de sehen)
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Bellingham-Transfer verschafft ganz neue Möglichkeiten
Und wenn dann im Frühjahr 2024 die Situation eintritt, dass die Dortmunder erneut um den Titel kämpfen, dann sind Spieler, Trainer und Umfeld diese eine Erfahrung reicher, die es braucht, um diesen letzten Schritt zu gehen.
Abseits der mentalen Situation darf bei dem Pessimismus, der dem BVB auf Jahre die Chance auf die Meisterschaft abspricht, eines nicht vergessen werden: Der Klub steht sportlich unheimlich gut da. Der Kader ist ausgewogen zusammengestellt und wird in diesem Sommer punktuell verstärkt.
Ja, Jude Bellingham und damit ein absoluter Schlüsselspieler wird den Klub nahezu sicher verlassen. Aber dieser Transfer allein verschafft dem BVB durch die riesigen Einnahmen ganz neue Gelegenheiten. Eine kluge Transferstrategie, gepaart mit den plötzlich deutlich größeren finanziellen Möglichkeiten und dem unbedingten Willen, diesen Titel zu gewinnen, wäre eine mehr als brauchbare Basis für eine erfolgreiche Saison.
So schmerzhaft die verlorene Meisterschaft für die ganze Region auch war, sie kann und sollte ein "Jetzt erst recht"-Gefühl wecken. Wenn das gelingt, war 2023 keine einmalige Chance - sondern der Startschuss für eine möglicherweise goldene Ära.