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Bundesliga

Christian Heidel zurück beim 1. FSV Mainz 05: Der Messias, der keiner sein will

  • Aktualisiert: 03.01.2021
  • 09:24 Uhr
  • ran.de / Andreas Reiners
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© imago images/Martin Hoffmann

Mit dem Spiel beim FC Bayern am Sonntag (18 Uhr im Liveticker auf ran.de) beginnt für Christian Heidel die zweite Liaison mit dem 1. FSV Mainz 05. Eine aufgewärmte Liebe als Rettungsanker oder doch nur schwere Kost?

München/Mainz – Christian Heidel macht keinen Hehl aus seinen Gefühlen. Schließlich war die Liebe zu seinem 1. FSV Mainz 05 nie wirklich erloschen. 

"Es ist ein Gefühl, wie wenn man nach Hause kommt", sagte Heidel bei seiner Vorstellung als neuer Sportvorstand der Mainzer.

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Alte Liebe rostet nicht

Vor allem ist es emotional, wie das bei innigen und langen Beziehungen nun mal so ist. Alte Liebe rostet ja nicht, sagt man. Deshalb hat es auch nur "fünf Minuten und zwei E-Mails" gedauert, bis seine Rückkehr fix war, wie er verriet.

Doch es ist egal, wie man es nennt. Ob nun zurück zum Ex, ein überraschendes Liebes-Comeback, eine zweite Chance oder die gemeinsame Vergangenheit als Hoffnungsanker für die ungewisse Zukunft - ist das Aufgewärmte nicht sehr oft einfach nur schwere Kost? Unverdaulich und damit zum Scheitern verurteilt? Wird es nicht oft nur eine billige Kopie, ein schlechter Abklatsch des Originals? 

Heidel weiß zumindest, dass es nicht einfach wird.  

Gerade dann, wenn die erste Liaison die große Liebe war, bei der alles passte und sich zusammenfügte. 

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Heidel und Mainz – das passte. Der frühere Autoverkäufer, der sich zum gewieften und angesehenen Bundesliga-Manager hocharbeitete und der Provinzklub, der sich zum sympathischen Karnevalsklub entwickelte. Ein Verein, mit dem man sich auch als Gegner irgendwie arrangieren konnte. Erst recht dank der Führungsfiguren wie Heidel oder auch Trainer Jürgen Klopp. 

Wie viel ist von dem alten Glanz nach 1690 Tagen Trennung noch übrig?

"Die Erwartungshaltung ist erdrückend", sagte Heidel. Und schob deshalb gleich mal hinterher: "Aber ich bin nicht der Heiland, ich bin nicht der Messias. In der Vergangenheit war mit mir auch nicht alles optimal." 

Doch natürlich weiß der 57-Jährige, dass er es irgendwie dann doch ist: eine Art Messias. Die letzte Hoffnung.

Denn aus dem Kult-Klub, der einst die Großen ärgerte und immer wieder kreative Lösungen fand, um nach dem Aufstieg im Sommer 2004 in der Bundesliga mit zwei Ausnahmen (2007/08 und 2008/09) nicht nur zu bestehen, sondern auch viermal europäisch zu spielen, ist ein Chaosklub geworden.

Beliebig. Austauschbar. Die eigene Identität suchend. 

Bei den Rheinhessen herrscht nicht erst seit dem Spielerstreik im September und dem Rauswurf von Trainer Achim Beierlorzer permanent Unruhe.  

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Vom Kult- zum Chaosklub

Mit Heidel soll nun ein großes Stück Identität mit einem Schlag zurückkommen. Einer, der das Kommando übernimmt, der sagt, wo es langgeht. Hoffnungsträger. Einer für die großen Gefühle. Schmetterlinge im Bauch. Frühlingsgefühle. Aufbruchstimmung. Irgendwie, mit aller Macht. 

Alle Kompetenzen reißt Heidel aber nicht an sich, er will nicht mehr ganz vorne mitmischen, wegen seines Schlaganfalls im August 2019.

In Martin Schmidt holt sich Heidel deshalb einen Manager, der als Ex-Trainer ebenfalls Stallgeruch hat. 

Und Bo Svensson ist als heißer Trainerkandidat ebenfalls aus dem eigenen Stall, er spielte von 2007 bis 2014 beim FSV, nach dem Ende seiner aktiven Karriere war er von 2015 bis 2019 Juniorentrainer in Mainz, ehe er zum österreichischen Zweitligisten FC Liefering ging, wo er noch bis 2023 unter Vertrag steht.

"Zu Namen sagen wir nichts", sagte Schmidt und sagte dann doch etwas zum Namen Svensson: "Aber hier kennt man Bo. Dass die Idee aufkommt, ist nicht so abwegig."

Im ersten Spiel am Sonntag (18 Uhr im Liveticker auf ran.de) bei Spitzenreiter Bayern München wird erst einmal Interimscoach Jan Siewert den Tabellenvorletzten betreuen. 

Klar: Wäre unvorteilhaft, den Neuen mit der zu erwartenden Niederlage beim Rekordmeister in die Rettungsmission starten zu lassen.

Welche Impulse sind möglich?

Die große Frage: Welche Impulse kann Heidel einem Verein, der mit sechs Punkten Vorletzter und finanziell angeschlagen ist, setzen? Sein von 1992 bis 2016 erarbeiteter Ruf bekam einige Schrammen, als er vor rund viereinhalb Jahren zum FC Schalke wechselte. 

Es war eine – sagen wir – komplizierte Zeit und Beziehung.

Es gab in der Zeit Glücksgriffe wie den ablösefreien Naldo, den günstigen Guido Burgstaller oder den zunächst erfolgreichen Trainer Domenico Tedesco, Verpflichtungen der Marke Mainz. Unter Tedesco wurde Schalke Vizemeister und erreichte das DFB-Pokal-Halbfinale.

Der Rest ist Absturz.

Denn dass Heidel in Gelsenkirchen im Gegensatz zu früher Millionen raushauen konnte, ging zu oft schief – mit Flops wie zum Beispiel Nabil Bentaleb, Breel Embolo, Holger Badstuber, Amine Harit oder Sebastian Rudy.

Heidel vergriff sich dabei sportlich, überraschenderweise aber auch charakterlich. So wurde Schalke nicht nur auf dem Platz ein Problemfall, sondern auch in der Kabine. Ihm wird zurecht ein Anteil an der aktuellen Lage der Schalker zugemessen, auch wenn er im März 2019 seinen Hut nahm.

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Echte Herkulesaufgabe

Heidel und Schmidt haben nun die Herkulesaufgabe, den Klub zu retten und einen möglichen Abstieg, also zweigleisig zu planen. Was Heidel dabei benötigt: Sein Näschen für Überraschungen. Und gute Entscheidungen. Fingerspitzengefühl. Geduld. Und Kampfgeist. "Mainz 05 darf und wird nicht zerbrechen, wenn es in die 2. Liga gehen sollte", sagte Heidel.

Alte Liebe rostet schließlich nicht.

Andreas Reiners

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