FC Bayern München: Süle-Nachfolger gesucht - Nagelsmann-Kritik an Nianzou zur rechten Zeit?
- Aktualisiert: 11.02.2022
- 22:38 Uhr
- ran.de/Christoph Gailer
Der FC Bayern München sucht den Nachfolger für Niklas Süle. Mit Tanguy Nianzou hat sich ein möglicher Kandidat ausgerechnet in dieser Phase der Nachfolger-Suche zuletzt harte Kritik von Trainer Julian Nagelsmann eingehandelt.
München - Das Casting beim FC Bayern München ist eröffnet. Gesucht wird der Nachfolger für den im Sommer 2022 ablösefrei zu Borussia Dortmund wechselnden Niklas Süle. Nicht zuletzt die Münchner Innenverteidiger aus der zweiten Reihe dürfen sich möglicherweise Hoffnung machen, durch den Süle-Abgang im internen Ranking nach oben zu klettern.
Doch dafür muss dann mutmaßlich schon auch alles passen, damit die Süle-Nachfolger intern geregelt wird. Diese Erfahrung muss möglicherweise Talent Tanguy Nianzou machen, nachdem der 19-jährige Franzose vor dem Münchner Bundesliga-Spiel beim VfL Bochum (Sa., ab 15:30 Uhr im Liveticker) von Coach Julian Nagelsmann recht deutlich getadelt wurde.
Nagelsmann: "Nianzou ist keine 18 mehr"
"Tanguy ist ein Talent", sagte Nagelsmann bei der Pressekonferenz, "trotzdem ist er jetzt in einem Alter … Er ist keine 18 mehr." Vor allem die mangelnde Verlässlichkeit stört den Bayern-Trainer an Nianzou. "Bei Abwehrspielern muss die große Überschrift über einer Leistung immer Verlässlichkeit sein", verdeutlichte Nagelsmann das Anforderungsprofil an seine Defensivspieler.
Genau daran müsse Nianzou laut seinem Trainer noch arbeiten: "Er hat immer wieder Momente, wo er herausragende Pässe ins Mittelfeld spielt, wo er eine sehr gute Spieleröffnung hat. Er hat aber auch immer wieder Situationen, wo er haarsträubende Fehler macht."
Nianzous Entwicklung: Nagelsmann nimmt sich in die Pflicht
Dass Ex-PSG-Talent Nianzou bei den Bayern in seinem zweiten Jahr noch nicht wirklich Fuß fassen konnte, kreidet sich Nagelsmann aber auch persönlich etwas an.
Vor allem in Sachen Spiel-Rhythmus von Nianzou nimmt sich der 34-Jährige selbst in die Pflicht. "Als Trainer muss man sich gewisse Dinge an die Fahne heften", sagte Nagelsmann und blickt damit an den Anfang seiner Bayern-Ära im Sommer 2021 zurück.
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"Wir mussten uns erst aneinander gewöhnen und die nötigen Ergebnisse liefern", erklärte Nagelsmann und sieht in der Rückschau Nianzou eben dadurch nicht optimal gefördert in seiner Entwicklung: "Du musst als Spieler schon stabil sein, um die Spielzeit zu kriegen. Und dann ist es ein kleiner Teufelskreis, dass du dich einen Tick weniger entwickelst, weil es diese Spielzeit nicht gibt und die Verlässlichkeit nicht wirklich hochgeschraubt wird. Das ist immer eine gewisse Gratwanderung, und aus diesem Teufelskreis muss sich der Spieler ein Stück weit selbst befreien, indem er die Verlässlichkeit reinkriegt und an diesen Dingen arbeitet."
Ernüchternde Tendenz
Die Fakten zum von Nagelsmann angesprochenen Teufelskreis lesen sich aus Sicht Nianzous ernüchternd: In der Bundesliga kam das Defensivtalent zwar bislang zu elf Saisoneinsätzen, aber in Summe waren es eben doch nur 171 Minuten – keiner von Nianzous Einsätze dauerte länger als 45 Minuten.
Besonders enttäuschend für Nianzou: Seit Saisonbeginn hat der Franzose mit ivorischen Wurzeln nicht etwa Stück für Stück mehr Einsatzzeiten bekommen, sondern es lief genau andersrum.
Die beiden Bundesliga-Einsätze über jeweils 45 Minuten waren nämlich am zweiten und dritten Spieltag, danach langte es für Nianzou höchstens noch zu Kurzeinsätzen. Dabei schien der Innenverteidiger zum Saisonstart gute Chancen zu haben, Süle möglicherweise dauerhaft zu verdrängen – ein Ziel, von dem er gut ein halbes Jahr später weiter denn je entfernt zu sein scheint.
Angezählt, aber nicht abgeschrieben
So gesehen, darf Nianzou Nagelsmanns kürzliche Kritik durchaus als eine Art Warnung verstehen, wenn der noch bis 2024 an die Bayern gebundene Abwehrspieler doch noch seinen Durchbruch an der Säbener Straße schaffen will. Von Nagelsmann wurde Nianzou zwar deutlich angezählt, aber noch lange nicht abgeschrieben - ganz im Gegenteil. Neben dem Tadel, den Nagelsmann zum Ausdruck brachte, gab es durchaus auch Lob für den U20-Nationalspieler Frankreichs.
Nagelsmann attestiert Nianzou "ein ganz, ganz großes Gut" und präzisiert: "Diese Aggressivität, dieser unbedingte Wille zu verteidigen. Und in seiner Berufsbezeichnung steckt am Ende - egal ob das dann zentral, halb oder Innenverteidiger ist - auf jeden Fall das Wort Verteidiger. Da gibt es in Europa in seiner Altersstufe tatsächlich nicht mehr ganz so viele, die auch wirklich verteidigen wollen."
Zudem stellte Nagelsmann Nianzous Qualitäten im fußballerischen Bereich als Spieleröffner heraus, allerdings mit einer klaren Einschränkung. Die Risikobereitschaft müsse Nianzou bisweilen noch minimieren, sonst dürfte er es auch in der näheren Zukunft schwer haben, seinen Coach zu überzeugen. Nagelsmann sendet eine klare Botschaft: "Du musst als Trainer gerade bei Abwehrspielern immer das Gefühl haben, 'den kannst du reinwerfen, und da passiert nichts'. Ob der dann am Ende des Tages ein Tor vorbereitet oder nicht, ist mir erstmal scheißegal. Wichtig ist, dass er keins für den Gegner vorbereitet."
Nur, wenn Nianzou diese Anforderungen Nagelsmanns umsetzt, dürfte er eine Chance haben, im Süle-Nachfolger-Casting ernsthaft berücksichtigt zu werden.
Von Christoph Gailer
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