Filip Daems exklusiv: "Aktuell läuft es nicht. Trotzdem kein Grund zur Panik"
- Aktualisiert: 14.03.2014
- 19:53 Uhr
- ran.de / Andreas Kötter
Verkehrte Welt. Nachdem Borussia Mönchengladbach in der Hinrunde gleich mehrere Positiv-Rekorde aufstellte, ist die Elf halbserien-übergreifend nun schon seit neun Spielen ohne Sieg. Im Exklusiv-Interview mit ran.de analysiert Mannschaftskapitän Filip Daems vor dem schweren Spiel bei Borussia Dortmund die aktuelle Situation, er spricht über die Stimmung im Team und zeigt Verständnis für die Reaktionen der Fans.
ran.de: Herr Daems, oft wird der Begriff "Krise" zu früh benutzt - trifft er bei Borussia nach neun sieglosen Spielen aber zu?
Filip Daems: Keine Frage, wenn man neun Spiele in Folge nicht gewinnt, kann man kaum behaupten, dass alles gut läuft. Trotzdem sehe ich keinen Grund zur Panik. Im Fußball kann es bisweilen nun mal so sein, dass es ebenso steil nach oben und wie kurz darauf auch nach unten gehen kann. Vor der Winterpause ging es bei uns nur bergauf, aktuell läuft es leider nicht gut.
ran.de: Verblüffend ist, dass Borussia zurzeit regelmäßig in Führung geht, zudem Chancen hat, diese Führung auszubauen, dann aber regelmäßig einbricht; haben Sie eine Erklärung?
Daems: Ich weiß nicht, ob man gleich von "einbrechen" sprechen sollte. Aber es stimmt natürlich, dass wir uns Chancen erarbeiten, mit denen wir unsere Führung ausbauen könnten. Gelingt das aber nicht, lassen wir völlig unverständlicherweise nach. Bloß eine Erklärung habe ich dafür leider nicht. Es ist verrückt, wir gehen in Führung und sind überlegen, lassen uns dann aber plötzlich zurück fallen. Und das hat gewiss nicht bloß mit der Stärke des jeweiligen Gegners zu tun. Ich kann mich nicht erinnern, dass etwa die Augsburger viele klare Chancen gegen uns gehabt hätten, aber...
ran.de: ...sie haben den entscheidenden Konter gesetzt...
Daems: Das ist richtig. Wir wollten unbedingt den zweiten Treffer erzielen und haben uns dabei klassisch auskontern lassen. Das darf uns so nicht passieren. Jeder muss jetzt alles daran setzen, den Hebel endlich wieder umlegen zu können.
ran.de: Hat wirklich jeder die Situation erkannt, oder schwelgt der eine oder andere noch in Erinnerungen an seine starken Leistungen aus der Vorrunde?
Daems: Das glaube ich nicht. Wir sind alle realistisch genug zu wissen, dass auch während unserer sehr guten Vorrunde nicht alles Gold war, was geglänzt hat. Wir sollten nicht vergessen, dass etwa bei unseren Heimsiegen gegen Dortmund und gegen Nürnberg eine Portion Glück mit im Spiel war.
ran.de: Wenn aber ein Max Kruse in Interviews mehr über seine WM-Chancen sinniert als über die Lage bei Borussia, wirkt das auf Außenstehende zumindest befremdlich...
Daems: Ich bin sicher, dass Max – wie jeder andere auch - alles für Borussia gibt.
ran.de: Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist nach wie vor intakt?
Daems: Davon bin ich überzeugt! Alles andere wäre aber auch fatal. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen und es auch noch in der Mannschaft zu kriseln beginnt, dann bist du auf einem ganz schlechten Weg! Aber, wie gesagt, das sehe ich bei uns nicht. Vielleicht ist das sogar das Gute an so einer Krise, dass man merkt, dass die Truppe auch in schwierigen Zeiten zusammensteht. Dem widerspricht auch überhaupt nicht, dass man sich im Training oder im Spiel vielleicht mal die Meinung sagt wie das bei Marc und mir in Braunschweig der Fall war. Das gehört einfach zum Fußball und ist spätestens in der Kabine längst abgehakt.
ran.de: Kann es eine Mannschaft entzweien, wenn die Hoffnung auf die Verlängerung eines auslaufenden Vertrages, etwa bei Arango, vielleicht enttäuscht wird?
Daems: Das glaube ich nicht. Im Fußball bleibt man eine Zeit lang zusammen, irgendwann aber trennen sich die Wege auch wieder. So ist das Geschäft nun mal. Und wir alle sind schon lange genug Profis, um damit auch umgehen zu können. In nur zwei Monaten ist diese Saison bereits wieder Geschichte. In diesen zwei Monaten aber will jeder, der Profi ist, noch das Beste herausholen, egal ob er in der kommenden Saison für Borussia spielt oder nicht. Denn keiner will sich am Saisonende nachsagen lassen, dass er nicht alles gegeben hat.
ran.de: Ein Teil der Fans scheint mittlerweile allerdings die Geduld zu verlieren, wie gegen Augsburg deutlich zu hören war; haben Sie dafür Verständnis?
Daems: Auf jeden Fall! Die Fans haben Recht, wir selbst haben doch auch mehr erwartet! Für mich ist es kein Problem, wenn die Fans zeigen, dass sie nicht zufrieden sind; vielmehr wäre es für mich ein Problem, wenn sie gar nicht kommen würden. Aber das ist nicht der Fall. Auch gegen Augsburg waren es wieder fast 50.000. Und auch auswärts werden wir immer hervorragend unterstützt. Das zeigt, was für großartige Fans die Borussia hat!
ran.de: Nicht jeder Ihrer Kollegen ist nach dem Spiel gegen Augsburg aber in die Fankurve gegangen, um sich für diese Unterstützung zu bedanken...
Daems: Ich habe nicht auf jeden einzelnen geachtet. Grundsätzlich gehört es sich aber, dass die Mannschaft nach dem Spiel geschlossen zu den Fans geht, um sich zu bedanken. Mit etwaiger Kritik muss ein Profi einfach umgehen können.
ran.de: Mit dem Schweizer Yann Sommer steht ein neuer Kollege für die kommende Saison bereits fest; konnten Sie mit Sommer bei seiner Vorstellung bereits ein paar Worte wechseln?
Daems: Nein, leider nicht. Granit (Xhaka, Schweizer Landsmann von Sommer; d. Red.) hat aber schon erzählt, was für ein guter Torwart Sommer ist. Wenn man einen Klasse-Keeper wie Marc-André ter Stegen ersetzen muss, ist es bestimmt nicht so einfach, adäquaten Ersatz zu finden. Umso schöner, dass Borussia offensichtlich einen solchen Mann gefunden hat.
ran.de: Und mit Lucien Favre wurde trotz der aktuellen Negativ-Serie verlängert; das richtige Zeichen?
Daems: Kontinuität ist immer besser. Auch wenn wir aktuell eine schlechte Serie hingelegt haben, ist das kein Grund, alles umzuwerfen. Der Klub setzt auf Kontinuität – und das ist gut! Vor allem ist es ein gutes Zeichen für uns Spieler und für das Umfeld. Der Trainer hat bewiesen, dass er Stabilität in die Mannschaft bekommen hat. Jetzt müssen wir gemeinsam schauen, dass wir so schnell wie möglich wieder bessere Resultate erzielen.