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ran-Interview

Anja Mittag vor EM-Finale exklusiv: "Man wünscht es keiner im Moment so wie Popp"

  • Aktualisiert: 30.07.2022
  • 12:09 Uhr
  • ran.de / Dominik Hechler
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© imago
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Deutschland gegen England. In Wembley. Diese Konstellation ist im Fußball längst ein Klassiker. Eine Neuauflage gibt es im Finale der Frauen-EM am Sonntag (ab 18 Uhr im Liveticker auf ran.de). Vorher sprach Ex-Nationalspielerin Anja Mittag im exklusiven ran-Interview über eine Besonderheit der deutschen Leistungen, ihre Schlussfolgerungen der Interviews von Alexandra Popp, einen beeindruckenden Youngster und die besondere Atmosphäre im Endspiel.

München - Anja Mittag war eine der prägenden Figuren der jüngeren DFB-Vergangenheit. 14 Jahre lang lief sie für die Frauen-Nationalmannschaft auf, sammelte dabei Titel um Titel: bei der WM 2007, bei den EMs 2005, 2009 und 2013 sogar in Reihe, bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro - um nur die wichtigsten Triumphe zu nennen.

Dabei war die Stürmerin, die auch in Schweden und Frankreich aktiv war, weit mehr als die typische Vollstreckerin. 2017 trat sie hochdekoriert zurück, seither fiebert die 37-Jährige mit ihren Nachfolgerinnen.

Natürlich auch bei der laufenden EM 2022, bei der die Mannschaft von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg unerwartet groß auftrumpft und im Finale am Sonntag (ab 18 Uhr im Liveticker auf ran.de) die englischen Gastgeberinnen herausfordert.

im exklusiven ran-Interview spricht Mittag über die bisherigen Leistungen des DFB-Teams, die wiedererstarkte Alexandra Popp, eine enorm überzeugende Turnier-Debütantin, die Rolle der Ersatzspielerinnen und das Endspiel im Wembley-Stadion vor 90.000 Zuschauern.

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Mittag im Interview zur Frauen-EM 2022: "Sie reißen die Zuschauer unglaublich mit"

ran: Anja Mittag, wenn Sie die Leistungen der DFB-Frauen bei der Europameisterschaft in England mit einem Wort beschreiben müssten, welches wäre das?

Anja Mittag: "Ich würde zwei Wörter nehmen: leidenschaftlich und überragend."

ran: Warum?

Mittag:"Ich finde einfach, dass hinter all diesen Erfolgen eine enorme Teamarbeit steckt. Die Mädels spielen nicht nur überragend effektiv und sind enorm laufstark, sondern sie reißen die Zuschauer mit ihren engagierten und erfrischenden Auftritten in England auch noch so unglaublich mit. Das ist richtig schön mit anzusehen."

Lena Oberdorf
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Bei der Frauen-EM zeigt Lena Oberdorf konstant starke Leistungen im DFB-Trikot. Sie dirigiert, läuft Räume zu, treibt an - und dürfte auch im Endspiel gegen England am Sonntag (ab 18:00 Uhr im Liveticker auf ran.de) im Mittelpunkt des Geschehens stehen.

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ran: Sie wirken richtig euphorisch, wenn Sie darüber sprechen …

Mittag: "… ja, absolut. Ich finde es einfach wunderbar. Vor allem, weil die Mannschaft von Anfang an so stark aufgespielt hat und sich nicht erst ins Turnier spielen musste. Normalerweise ist es aus der Erfahrung heraus so, dass sich viele Teams im Laufe eines solchen Wettbewerbs erst von Spiel zu Spiel steigern. Bei der deutschen Mannschaft war das ganz anders. Sie waren sofort da. Das macht es auch nochmal etwas mehr besonders."

ran: Die deutsche Mannschaft ist mit fünf Siegen aus fünf Spielen und 13:1-Toren regelrecht ins EM-Finale gestürmt. Inwiefern haben Sie diesen Turnierverlauf von den DFB-Frauen erwartet?

Mittag: "Ich war vor der EM schon sehr optimistisch. Allerdings schaue ich da als ehemaliges Mitglied dieser deutschen Mannschaft vielleicht auch mit einer anderen Brille drauf. Da ist man dann schon generell immer etwas positiver gestimmt. Denn man weiß aus eigener Erfahrung, was vor so einem Turnier alles passiert und wie die Abläufe sind. Dass es jetzt wirklich so extrem gut läuft, war für viele Experten und Außenstehende allerdings sicherlich nicht unbedingt vorauszusehen."

ran: Was macht diese deutsche Mannschaft aus Ihrer Sicht so stark?

Mittag: "Das sie ein Team sind. Denn genau das strahlen sie zu einhundert Prozent nach außen aus. Der Zuschauer merkt richtig, dass das jedes Mal eine geschlossene Mannschaftsleistung ist, dass sie Spaß auf dem Rasen haben und dass sie die Vorgaben von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg gut umsetzen können. Sie sind zudem immer top auf ihre Gegnerinnen eingestellt. Das hört man zum Beispiel immer in den Interviews von Alexandra Popp nach den Partien heraus. Hinzu kommt das leidenschaftliche verteidigen und das schnelle, schnörkellose Umschaltspiel. Außerdem gönnt in diesem Team jede Spielerin der anderen alles - und das ist etwas Besonderes. Sie haben sich eingeschworen, wollen gemeinsam den Titel gewinnen und nichts soll sich ihnen dabei in den Weg stellen."

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Mittag im Interview über die Ersatzspielerinnen: "Rolle akzeptieren und einordnen"

ran: Wie wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Spielerinnen aus der "zweiten Reihe", die von der Bank oder der Tribüne aus mitfiebern?

Mittag:"Diese Mädels sind enorm wichtig. Es braucht einfach von jeder Seite diese große Unterstützung. Als Auswechselspielerin weißt du ganz genau, dass deine Einsatzmöglichkeiten im Verlaufe eines solchen Turniers nicht besonders groß sind. Diese Erkenntnis muss du verinnerlichen, deine Rolle annehmen und die anderen Spielerinnen dann so gut wie nur möglich pushen. Mit allen Mitteln, die du zur Verfügung hast. Egal ob durch Trainingsleistung, um den Konkurrenzkampf anzuheizen, oder eben durch Anfeuern von der Bank aus. Da geht es eben darum, diese Rolle zu akzeptieren und sich ein Stück weit unterzuordnen. Sowas gehört aus meiner Sicht aber auch zu einem gut funktionierenden Team dazu und kann letztlich auch einen entscheidenden Ausschlag geben."

ran: Vor allem Alexandra Popp scheint mit sechs Toren in fünf Spielen im Moment nicht zu stoppen zu sein. Sie haben selbst noch mit ihr zusammengespielt, kennen Sie also sehr gut. Was macht Sie aus? Wie würden Sie Ihre ehemalige Teamkollegin beschreiben?

Mittag: "Sie ist absolut bodenständig und eine totale Teamplayerin, die sich immer und zu jeder Zeit in den Dienst der Mannschaft stellt. Wenn die Trainerin zu ihr sagt, dass sie in der Offensive außen spielen soll, spielt sie außen. Wenn sie Außenverteidigerin spielen soll, spielt sie eben Außenverteidigerin. Sie hat wirklich jede Rolle in der Mannschaft für sich angenommen und versucht dann, das bestmögliche aus der jeweiligen Situation herauszuholen. Das spricht extrem für sie und ihren Charakter. Auch, wie sie sich nach all den Rückschlägen jetzt wieder zurückgekämpft und ins Team gespielt hat, verdient großen Respekt. Sie ist als erfahrene Spielerin aber auch ein absoluter Fels in dieser Mannschaft, die anderen orientieren sich an ihr. Sowas ist in so einem Turnier Gold wert und man wünscht es keiner anderen Spielerin im Moment so wie Alexandra Popp."

ran: Wie wichtig ist Popp für dieses Team und inwiefern kann so eine Spielerin tatsächlich eine ganze Mannschaft mitreißen?

Mittag: "Das sieht man bei Alex' Beispiel ja momentan sehr gut. Ich möchte den Fokus aber ehrlich gesagt gar nicht nur so sehr auf sie legen. Auch eine Lena Oberdorf oder Marina Hegering spielen wirklich ein ganz tolles Turnier. Aber natürlich ist Alex nicht nur durch ihre Treffsicherheit vor dem Tor, sondern auch ihre Laufbereitschaft extrem gut unterwegs. Sie kann ein Spiel auch entscheiden. Und all das zusammen macht dann eben eine Führungsspielerin wie sie aus."

ran: Sie sind mit der deutschen Nationalmannschaft unter anderem selbst Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin geworden und haben auch auf Vereinsebene alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Inwiefern kann man sich aus Ihrer eigenen Erfahrung heraus vor allem in so einem Turnier in einen gewissen Rausch spielen?

Mittag: "Dafür ist Deutschland aktuell ja ein gutes Beispiel (lacht). Das geht also auf jeden Fall. Es ist in so einer Phase dann auch völlig egal, wer der nächste Gegner ist - man hat einfach ein gutes Gefühl. Auch, wenn es wie jetzt im EM-Finale gegen Gastgeber England geht. Du weißt, dass du auch die schlagen kannst. Dieses Selbstbewusstsein verfestigt sich im Laufe so eines Turniers nochmal ganz stark. Und dieses Gefühl, dass man alles gemeinsam schaffen kann, trägt dich als Mannschaft dann auch durch so einen Wettbewerb."

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Mittag im Interview über Lena Oberdorf: "Schon richtig stark"

ran: Wer oder was hat Sie in der deutschen Mannschaft bislang am meisten beeindruckt?

Mittag: "Wenn ich auf die Spielerinnen schaue, würde ich auf jeden Fall Lena Oberdorf nennen. Wenn man sieht, wie sie ihre erste EM spielt, ist das schon wirklich überragend. Wie sie defensiv arbeitet, wie sie Bälle gewinnt, sie dann verteilt und dann auch noch ihr hohe Spielintelligenz, sowie ihre Übersicht - das hat man in diesem Alter so auch noch nicht so häufig gesehen. Das ist schon richtig stark."

ran: Das EM-Finale steigt jetzt vor 90.000 Fans im Londoner Wembley-Stadion. Mit welchen Gefühlen geht man als Spielerin in so eine Partie? Wie bereitet man sich mental auf so eine wahrscheinlich sehr stimmungsvolle Atmosphäre vor?

Mittag: "Da ist vor allem eine riesige Vorfreude da. Ein EM-Finale vor 90.000 Zuschauern in Wembley, wovon zumindest mal rund 80.000 nicht unbedingt für dich sein werden - das kann schon nochmal zusätzlich motivieren. Ich glaube nicht, dass es die deutschen Mädels runterziehen wird. Im Gegenteil. Du willst das Stadion dann eher zum Schweigen bringen. Diese Partie gegen den Gastgeber ist ein absolutes Highlight und darauf gilt es sich eben wirklich vor allem zu freuen."

ran: Im Endspiel geht es gegen Gastgeber England. Was erwarten Sie für eine Partie und worauf wird es für die deutsche Mannschaft gegen die Engländerinnen vor allem ankommen?

Mittag:"Ich erwarte ein Spiel auf Augenhöhe zwischen den zwei besten Mannschaften dieser Europameisterschaft. England besticht vor allem durch eine starke Offensive. Beth Mead hat genauso wie Alex Popp auch bereits sechs Tore erzielt, hinzu kommt Alessia Russo als Einwechselspielern mit vier Treffern. Das zeigt, dass auch die Engländerinnen über eine gute Ersatzbank verfügen. Genauso wie Deutschland. Für die DFB-Frauen wird es wichtig sein, wieder eine hohe Laufbereitschaft an den Tag zu legen, intensiv gegen den Ball zu arbeiten, gut ins Gegenpressing und vor allem die Umschaltmomente zu kommen. Ich bin davon überzeugt, dass die Engländerinnen durchaus Respekt vor unserer Mannschaft haben."

ran: Wenn Sie der Mannschaft für das Endspiel einen Tipp mit auf den Weg geben könnten, welcher wäre das?

Mittag: "Sie sollen es auf jeden Fall genießen. Das ist das Schönste, was man als Fußballerin erreichen und erleben kann. Also alles mitnehmen, alles aufsaugen und dann das Beste geben. Aber das machen sie ja sowieso - daran wird es sicherlich nicht scheitern. Sie sollen wirklich einfach Spaß haben. Mehr muss man nicht sagen."

ran: Welche Schlagzeile würden Sie gerne nach dem EM-Finale über die DFB-Frauen lesen?

Mittag: "Das ist wirklich schwer. Vielleicht diese Schlagzeile: 'Verdienter Sieg in Wembley'. Oder: 'DFB-Frauen nehmen das Wembley-Stadion auseinander' (lacht)."

Das Interview führte: Dominik Hechler

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