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EM 2021: Frankreich nach K.o. am Boden! Die Selbstzerfleischung beginnt

  • Aktualisiert: 29.06.2021
  • 17:46 Uhr
  • ran.de / Tobias Hlusiak
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© 2021 Daniel Mihailescu - Pool
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Der große Favorit ist raus. Schon im Achtelfinale ist für Frankreich bei der EM spektakulär Schluss. Das Spiel gegen die Schweiz bringt die Probleme rund um die Equipe Tricolore auf den Punkt. Trainer Didier Deschamps steht im Kreuzfeuer. Kommt nun der große Heilsbringer?

München/Bukarest -Eigentlich war die Sache durch.

Als Paul Pogba eine Viertelstunde vor dem Ende zu einem Tänzchen ansetzte, schien das EM-Achtelfinale Frankreichs gegen die Schweiz entschieden. Gerade eben hatte der einst teuerste Fußballer der Welt das 3:1 erzielt - per Traumtor, aus 20 Metern genau ins Kreuzeck.

Nach einer erschreckend schwachen ersten Halbzeit war der amtierende Weltmeister zurückgekommen und hatte die Partie nach Rückstand gedreht. Durch Pogbas Kunstschuss führte man komfortabel. Also tanzte Pogba. Erst allein, dann mit Mitspieler Presnel Kimpembe. Und als ihm schließlich alle Kollegen gratuliert hatten, legte er noch zwei solide choreographierte Tanzschritte nach.

Es war dieser Moment, der das Spiel erneut kippen ließ.

Denn während die Franzosen nun dachten, alles sei noch einmal gut gegangen und in den Verwaltungs - und Zaubermodus schalteten, fühlten sich die Schweizer an der Ehre gepackt. "Wir haben gemerkt, dass Frankreich eine Phase hatte, in der sie ein bisschen überheblich waren", meinte Keeper Yann Sommer später. Da war der Gladbacher längst zum Elfmeter-Helden geworden.

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EM 2021: Mbappe und Deschamps im Zentrum der Kritik

Heute fragt sich ganz Frankreich, wie die eigene, hochfavorisierte Mannschaft am Ende noch alles verspielen konnte. Das 4:5 nach Elfmeterschießen hat die stolze Nation bis ins Mark erschüttert. "Das müssen wir uns auf die Fahne schreiben. In der Vergangenheit wussten wir, wie man die Spiele zu Ende bringt", klagte Torhüter Hugo Lloris. "Vernichtet", titelt "L'Equipe" am Tag nach dem Debakel und bringt damit die Gemütslage auf den Punkt.

Im Mittelpunkt der Kritik stehen zwei Männer: Superstar Kylian Mbappe und Trainer Didier Deschamps.

Mbappe hatte mit seinem entscheidenden Fehlschuss im Elfmeterduell mit Sommer das Aus besiegelt und die passende Schlusspointe für eine für ihn untypisch durchschnittliche Turnierperformance geliefert.  

"Ich wollte der Mannschaft helfen, aber ich habe versagt", schrieb der 22-Jährige noch in der Nacht bei Instagram. "Traurig" sei er, aber "so etwas passiert leider in diesem Sport, den ich so sehr liebe". Und den er eigentlich so filigran beherrscht, dass der Stürmer von Paris St.-Germain vor dem Turnier als große Nummer dieser EM eingeplant war.

Nach vier Spielen steht er nun ohne eigenes Tor und als tragischer Held da. Drei Jahre nachdem Mbappe sein Land als Teenager zum WM-Titel ballerte, muss er nun mit einem herben - auch persönlichen - Rückschlag umgehen. "Er ist unglaublich traurig", sagte Trainer Deschamps bei "TF1" über seinen Star. Trotzdem könne "niemand sauer auf ihn sein, er hat die Verantwortung beim fünften Elfmeter übernommen"

EM 2021: Deschamps werden viele Fehler vorgehalten

Über Deschamps selbst ergießt sich derweil ein Schwall aus Wut und Kritik. Der Coach war schon vor dem Turnier nicht ganz unumstritten. Nun wackelt der Stuhl des 52-Jährigen bedenklich.

In einem seltenen 3-3-2-2-System mit Clement Lenglet in der Startelf und Adrien Rabiot auf der ungewohnten linken Außenbahn hatte er seine Mannschaft aufs Feld geschickt und damit für Verwunderung gesorgt. Nicht nur bei Fans und Experten, sondern ganz offensichtlich auch bei seinen eigenen Spielern. Völlig uninspiriert präsentierte sich das Star-Ensemble in der ersten Halbzeit und blieb vollkommen ungefährlich.

Beim Stand von 0:1 musste Deschamps in der Pause zurückrudern und auf Viererkette umstellen. Lenglet wechselte er aus. Es folgten epische zweite 45 Minuten, in denen Lloris einen Elfmeter parierte, Karim Benzema und Pogba drei Traumtore zur beruhigenden Führung gelangen, die Schweizer spät ausglichen und Kingsley Coman in buchstäblich letzter Sekunde die Latte traf.

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EM 2021: Coman streitet mit Trainer Deschamps

Den Bayern-Star hatte Deschamps zur Halbzeit erst eingewechselt. Nach 111 Minuten nahm er den "King" dann wieder vom Feld. Vorausgegangen war ein Streit der beiden während des Seitenwechsels in der Verlängerung.

Coman hatte sich behandeln lassen. Die Nachfrage seines Trainers, ob er denn weiterspielen könne, beantwortete er positiv. Deschamps sah dies allerdings anders und brachte wenige Minuten nach der hitzigen Diskussion den Gladbacher Marcus Thuram.

"Er hat Muskelprobleme im Oberschenkel gespürt, aber wollte trotz allem weitermachen - im Wissen, dass es schwer werden wird. Es reicht nicht weitermachen zu wollen. Man muss es auch können", ließ der Coach später in seiner öffentlichen Bewertung der Szene tief blicken.

Die Episode zwischen Deschamps und Coman zeigt, wie schwer die Mannschaft des amtierenden Weltmeisters zu führen ist. Es ist eine Aufgabe, der Deschamps - trotz offensichtlicher großer Erfolge - in seiner nun neunjährigen Amtszeit, in der öffentlichen Wahrnehmung nie ganz gerecht werden konnte.

Bei jeder Bewertung des Trainers schwingt mit, dass auf Grund der schieren Qualität des Kaders noch deutlich mehr möglich gewesen wäre. Besonders die bittere Pleite im Finale der Heim-EM 2016 gegen Portugal hat man nicht vergessen.

EM 2021: Netflix und Fortnite bis tief in die Nacht?

Auch der Auftritt bei der paneuropäischen EM wurde nun (fast schon traditionell) von jeder Menge Querelen begleitet. So stritten sich Mbappe und Olivier Giroud schon vor dem ersten Spiel darum, wer wem wie oft den Ball in den Fuß spielen würde. Und während der Zeit im EM-Quartier kamen Gerüchte über Undiszipliniertheiten auf.

Mehrere französische Medien berichteten von großen Schwierigkeiten des Trainerstabs, den Schlafrhythmus der Stars in geregelten Bahnen zu halten.

"Sie spielen online und es ist unmöglich, sie ständig zu kontrollieren und von Zimmer zu Zimmer zu gehen, um zu sehen, ob das Licht aus ist", wurde der ehemalige Pressesprecher Philippe Tournon bei "20Minute" zitiert. Und weiter: "Früher sind wir einfach zum Concierge des Hotels gegangen und haben gesagt, dass er bitte nach 22 Uhr keine Anrufe mehr zu den Spielern durchstellen solle. Aber was sollen wir jetzt machen? Jeder von ihnen hat ein oder zwei Smartphones, ein Tablet, einen Computer. Es gibt nichts, was du dagegen tun kannst."

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EM 2021: Kommt jetzt Zidane für Deschamps?

Deschamps will trotzdem weitermachen.

"Wir sehen uns im September", sagte er noch und grinste, bevor er das Stadion in Bukarest verließ. Doch der "General" wird selbst am besten wissen: Bis September - wenn die Fortsetzung der WM-Qualifikation auf dem Programm steht - kann viel passieren.

Denn längst hat sich ein potentieller Nachfolger in Stellung gebracht.

Zinedine Zidane, Deschamps Mitspieler beim legendären WM-Triumph 1998, wird seit Wochen als neuer Dompteur der Equipe Tricolore gehandelt. Nach seiner zweiten Amtszeit bei Real Madrid, die kürzlich endete, scheint der Job des Nationaltrainers der einzig logische nächste Schritt für "Zizou" zu sein.

Die Diskussion dürfte nun Fahrt aufnehmen...

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