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Kongress in Ruanda

Gianni Infantino bleibt FIFA-Präsident: Ein schlechter Tag für den Fußball - Kommentar

  • Aktualisiert: 16.03.2023
  • 18:40 Uhr
  • ran.de
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© IMAGO/Just Pictures
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Ohne Gegenkandidaten und nur mit Applaus wird Gianni Infantino erneut als FIFA-Präsident wiedergewählt. Angesichts der Skandal-Bilanz des Schweizers ein verheerendes Zeichen. Ein Kommentar.

Von Martin Volkmar

Wenn Eigenlob tatsächlich stinken würde, wären die Teilnehmer des FIFA-Kongresses in Ruanda nicht ohne Atemmasken ausgekommen.

Denn allein was Gianni Infantino am Tag seiner Wiederwahl als Präsident für einen Unsinn verzapfte, war einmal mehr abenteuerlich.

Unter anderem bezeichnete der Schweizer die Skandal-Weltmeisterschaft in Katar tatsächlich als "beste WM der Geschichte" und ließ sich auch sonst von der übergroßen Mehrheit der Delegierten für seine angeblichen Heldentaten feiern.

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Gianni Infantino: Durchschaubare One-Man-Show

Infantinos One-Man-Show ist zwar für jeden intelligenten Menschen durchschaubar, er zieht sie aber trotzdem ab. So bediente er einmal mehr das Narrativ des selbstlosen Dieners im Sinne des Fußballs.

"Alles, was ich als Präsident mache, tue ich für alle von euch", erklärte er. Und: "Alle, die mich lieben, alle die mich hassen, ich weiß, es gibt da ein paar - ich liebe euch alle."

Ein Spruch, der an Erich Mielkes fast gleichlautende Aussage nach dem Zusammenbruch der DDR vor der Volkskammer erinnerte - auch der Stasi-Chef behauptete damals genau das Gegenteil von dem, was er getan hatte, und machte sich damit lächerlich.

Gianni Infantino (Klub-WM)
News

Infantino erneut zum FIFA-Präsidenten gewählt

Gianni Infantino ist erneut zum Präsidenten der FIFA gewählt worden. Beim Kongress in Ruanda setzte er sich allerdings in keiner Wahl durch, da es keinen Gegenkandidaten gab. Der DFB verweigerte die Unterstützung.

  • 16.03.2023
  • 15:06 Uhr

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FIFA: Irgendwo zwischen Diktatur und Kaninenchenzüchterverein

Zwar kann man die FIFA nicht mit einer Diktatur vergleichen, Infantinos so genannte Wahl per Akklamation erinnerte aber durchaus an das Wahlverhalten totalitärer Staaten. Oder auch an das von Kaninchenzüchtervereinen, wo langjährige Vorsitzende regelmäßig mit Applaus bestätigt werden. So tief ist der skandalumwitterte Weltverband mittlerweile gesunken.

Auch in Kigali klatschten die meisten Delegierten begeistert, um das Mandat ihres Lieblings Infantino bis 2027 zu verlängern. Schließlich sind sie von den Wohltaten des populistischen Glatzkopfs abhängig, womit wir bei seinem ersten Zitat oben wären.

Wahr ist: Ohne Infantinos Millionen könnten einige Klein- und Kleinst-Verbände der FIFA wie die Komoren, die Cook-Inseln, Bhutan oder Aruba nicht überleben und die Funktionäre dieses Geld auch nicht zur eigenen Bereicherung nutzen.

Deshalb sitzt Infantino an der Spitze des Weltverbandes sicher im Sattel.

Obwohl - oder vielleicht gerade weil - er mit Diktatoren wie Vladimir Putin und autokratischen Regimes wie in Katar gemeinsame Sache macht, seine Unterstützer und Kumpel wie den wegen sexueller Belästigung als Präsident des französischen Fußballverbandes zurückgetretenen Noel le Graet mit lukrativen Posten versorgt, sich fast seit Amtsantritt 2016 mit zahlreichen konkreten Vorwürfen von Vorteilsnahme und Compliance-Verstößen konfrontiert sieht, den Fußball-Kalender immer weiter sinnlos aufbläht und sich auch sonst regelmäßig öffentlich blamiert ("Heute bin ich schwul").

Die Liste ließe sich problemlos noch viel weiter verlängern.

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Gianni Infantino als FIFA-Boss offensichtlich überfordert

Für eine Abwahl des Alleinherrschers aus dem Wallis reicht das wegen der eindeutigen Mehrheitsverhältnisse aber alles nicht, obwohl Infantino mit der Amtsführung des Weltverbandes offensichtlich überfordert ist und davon mit seinen Millionen-Geschenken, irrlichternden Statements und sinnfreien Vorschlägen abzulenken versucht.

Seine uneingeschränkte Macht liegt auch daran, dass es keine echte Opposition in der FIFA gibt. Immerhin haben einige europäische Verbände am Donnerstag nicht mitgeklatscht, darunter auch die DFB-Delegation mit Präsident Bernd Neuendorf an der Spitze.

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DFB-Präsident Neuendorf muss ab jetzt handeln

Doch diese Symbolpolitik reicht eben nicht, wenn man wirklich etwas verändern will. Da Neuendorf künftig im wichtigsten Gremium, dem FIFA-Council, sitzen wird, muss man ihn spätestens ab jetzt an seinen Taten messen.

Möglichkeiten gäbe es einige, um zumindest die von Infantino fest eingeplante nächste Wiederwahl zu verhindern. Von wirklich unabhängigen internen Ermittlungen über klare Opposition in Entscheidungen gegen den Fußball bis hin zum Boykott der großen europäischen Ligen oder ernsthaften Drohungen eines Austritts aus der FIFA, wie er in Skandinavien schon diskutiert wird.

Für den Moment geht Infantino aber als strahlender Gewinner aus der Applaus-Posse von Ruanda hervor und deshalb ist dieser Tag ein schlechter Tag für den Fußball.


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