Motorsport DTM
Fehlstart für Testversion des neuen DTM-Reifens: Nach acht Runden unfahrbar?
Bei den DTM-Teams herrscht große Verunsicherung wegen der neuen Pirelli-Reifen, die speziell für die DTM entwickelt werden und 2026 bessere Rundenzeiten und mehr Spannung durch Reifenabbau liefern sollen. Denn der zweitägige Test in Le Castellet am 26. und 27. November, bei dem sieben DTM-Hersteller vor Ort waren, um erstmals zwei Reifen-Testträger für die DTM zu testen, lief nicht nach Wunsch.
Man hört, dass die Mercedes-AMG-Piloten ihre Longrun-Versuche nach acht Runden abbrechen mussten, weil die Reifen durch das "Graining" unfahrbar waren. Die Marke mit dem Stern war offenbar am stärksten betroffen, aber auch andere Hersteller hatten ihre Not. "Bei uns war es ähnlich", sagt Emil-Frey-Technikchef Jürg Flach im Gespräch mit Motorsport-Total.com.
"Die Reifen waren zwar auf eine Runde gut, aber sie gingen weg. Der eine hatte nach wenigen Runden kaum mehr Gummi drauf. Und auch bei den Rundenzeiten hatten sie einen Abbau, wie wir ihn von der jetzigen Spezifikation überhaupt nicht gewohnt sind", erklärt der Schweizer.
"Rennen fahren brauchst du damit nicht"
Dass der Reifen stärker abbaut als der bisherige DTM-Reifen Pirelli PZero DHG, ist gewollt, aber auf so extreme Art? Einmal ließen die Rundenzeiten beim Ferrari in neun Runden um acht Sekunden nach, ein anderes Mal waren es in zehn Runden vier Sekunden. "Nach wenigen Runden war nicht mehr viel da, und die Reifen haben nach ein paar Runden fürchterlich ausgeschaut, vor allem am ersten Tag", sagt Flach.
Bei manchen erhitzte sich die Oberfläche des Reifens so stark, dass diese komplett aufgerissen wurde. "Rennen fahren brauchst du damit nicht", hört man von einem anderen Team - und der Tenor ist überall ähnlich.
Auf Pirelli-Wunsch setzte das Emil-Frey-Ferrari-Team am zweiten Tag auf ein weicheres Set-up, um gegen das Graining vorzugehen. "Das hat die Situation ein bisschen verbessert", so Flach. "Aber mit dem können wir nicht antreten", hält er die aktuellen Versuchsreifen für keine gute Wahl und fordert zumindest eine Anpassung. "Da müssen wir noch eine Iteration machen."
"Würden uns mehr Probleme einhandeln als was für Sport zu tun"
Der Aufwärmprozess des Reifens sei zwar verbessert worden, aber "Graining" und Abbau seien zu stark - zumal es wie 2025 nicht geplant ist, an den Renntagen mehr als die drei oder vier Reifensätze an die Teams auszuliefern.
"Ich glaube, es ist auch nicht im Sinne der Organisation, auf der Schiene weiterzufahren", warnt Flach. "Ich glaube, wir würden uns mehr Probleme einhandeln als etwas für den Sport zu tun." Außerdem ist es bereits Dezember - und die Herstellung der Reifen benötigt Zeit.
Lang es an den niedrigen Streckentemperaturen?
Aber waren die schwierigen Bedingungen die Ursache für das extreme "Körnen" der Reifen? Die niedrigen Asphalttemperaturen von drei bis rund 15 Grad und der Wind spielten sicher eine große Rolle, außerdem kühlen auf der langen Mistral-Geraden des Circuit Paul Ricard zusätzlich die Reifen aus.
Doch die Schikane in der Mitte der Geraden war Teil des Layouts, außerdem drohen Ende April beim Saisonauftakt in der Höhenlage des Red-Bull-Rings, der ebenfalls über lange Geraden verfügt, ähnliche Bedingungen.
"Das können wir uns nicht leisten", meint der erfahrene Emil-Frey-Teamchef. Denn es kommen auch noch Strecken wie der Sachsenring, der über schnelle Kurven und einen rauen Asphalt verfügt. "Dann hast du nichts mehr drauf", fürchtet er um die Reifen.
Herausforderung für Balance of Performance
Auch was die Balance of Performance angeht, könnte der hohe Abbau die Verantwortlichen vor große Herausforderungen stellen: Denn während die reifenschonende Tendenz des Mercedes-AMG GT3 zumindest bei den Reifen-Testträgern alles andere als ein Vorteil sein dürfte, weil nur die Reifenoberfläche auf Temperatur kommt, sah zum Beispiel der McLaren beim Test deutlich besser aus.
Und auch die Fahrer spielen beim Umgang mit den Reifen eine entscheidende Rolle, was die BoP-Einstufung nicht einfacher macht.
HRT-Teamchef fühlt sich an Hankook-Entwicklung erinnert
Einer, der trotz des schwierigen Testauftakts für die neuen DTM-Reifen vor zu viel Pessimismus warnt, ist HRT-Teamchef Ulrich Fritz. Der ehemalige Mercedes-AMG-Motorsportchef fühlt sich an das Jahr 2017 erinnert, als ein spezieller Hankook-Reifen mit mehr Abbau eingeführt wurde.
"Ich war damals bei der Entwicklung dabei", sagt Fritz. "Am Anfang waren alle besorgt, aber am Ende haben sie sich dann auf die Schulter geklopft und gemeint, sie hätten was Tolles entwickelt. Ein Entwicklungsprozess hat meistens ein paar Iterationsschleifen."
Er wolle sich "kein Urteil anmaßen, weil wir beim Test nicht dabei waren, aber ich schätze Pirelli als sehr kompetenten und bemühten Reifenpartner ein. Sie wollen sicher beweisen, dass sie das hinkriegen - und sie werden es hinkriegen."