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Motorsport DTM

Manthey erhebt neue Vorwürfe gegen BMW: Verdacht auf "Zauber-Mapping"

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© ADAC Motorsport

Nach dem verpassten DTM-Titelgewinn für BMW-Werksfahrer Rene Rast, der als Folge des harten Duells mit dem späteren Champion Ayhancan Güven abgeräumt wurde und ausschied, gibt es Spannungen zwischen BMW und dem Porsche-Topteam Manthey. Und das Thema Nürburgring - und der Vorwurf, der BMW M4 GT3 Evo könne in speziellen Situationen plötzlich mehr Leistung abrufen - kocht erneut hoch.

"Was in der Haarnadelkurve passiert ist, kann ich ehrlich gesagt nicht verstehen, denn so wollen wir das letzte Rennen um die Meisterschaft nicht fahren", ärgerte sich BMW-Motorsportchef Andreas Roos über das Manöver Güvens. Der bremste beim Saisonfinale in Hockenheim nach dem verlorenen Beschleunigungsduell mit Rast innen besonders spät, wodurch dieser nicht einlenken konnte und Opfer einer Kettenreaktion wurde.

"Es war schön, so viele Autos im Titelkampf zu sehen", so Roos. "Leider sind wir ausgeschieden. Und das tut mir wirklich leid, aber ehrlich gesagt ist es nicht das, was ich in der ersten Runde und vor allem in dieser Kurve sehen möchte."

"Sehe extreme überraschende Beschleunigungsfähigkeit vom BMW"

Aber wie reagiert Manthey-Geschäftsführer Nicolas Raeder auf die Kritik des BMW-Motorsportleiters? "So wollen wir nicht fahren", wiederholt er im Gespräch mit Motorsport-Total.com Roos' Worte. "Für mich war das wieder eine extreme überraschende Beschleunigungsfähigkeit vom BMW, genauso wie am Nürburgring, als sie uns überholt haben."

Sein Pilot Güven sei am Ausfall Rasts unschuldig. "'Can' hat das sehr gut gemacht, hat ihn außen verhungern lassen", sagt Raeder zum umstrittenen Duell. "Dass er dann abgeschossen wurde, war sein Pech." Was meint Raeder mit der Beschleunigungsfähigkeit des M4 GT3 Evo? "Das muss man BMW fragen", bleibt er Details schuldig. Für ihn steht aber fest: "Rene hätte locker gewonnen."

Vorwürfe gegen BMW schon beim 24h-Rennen

Es ist nicht das erste Mal, dass aus dem Manthey-Lager entsprechende Vorwürfe kommen: Schon bei der Pressekonferenz nach dem diesjährigen 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, bei dem der Rowe-BMW auf der Döttinger Höhe am "Grello" mit deutlich mehr Tempo vorbeischoss, machte Porsche-Werksfahrer Kevin Estre eine klare Ansage.

"Wir haben auf den Daten sehr merkwürdige Dinge gesehen - zum Beispiel bei der Beschleunigung, bei den Topspeed-Werten. Plötzlich war da sehr viel Power. Am Ende des Rennens dann wieder nicht mehr", rätselte der Franzose, der den "Grello"-Sieg wegen einer Zeitstrafe verpasste, damals. "Ich will niemandem etwas unterstellen, aber wenn man sich die Zahlen ansieht, dann sollte man sich das sehr genau anschauen."

Daniel Abt ortet "Zauber-Mapping" beim BMW

Interessant ist, dass nach dem DTM-Finale auch andere Verdacht geschöpft haben. "Ich glaube, Güven wusste zu diesem Zeitpunkt schon, wie wichtig dieses Überholmanöver ist", sagt Daniel Abt in einem Instagram-Video - und ist wie Raeder überzeugt, dass Rast das Rennen gewonnen hätte.

"Erstens weil er weiß, wie man so ein Finalrennen bestreitet. Und zweitens, weil der BMW - und das finde ich das Erschreckende - meines Erachtens manchmal immer noch ein Zauber-Mapping hat", ist die BMW-Motorleistung auch für den Ex-Piloten verdächtig, der bei Abt die Marketingabteilung leitet.

Zur Erklärung: Ein Motormapping - oder auch Kennfeld - ermöglicht es, die Motorleistung gezielt zu beeinflussen. In einer Serie wie der DTM, in der die unterschiedlichen Fahrzeugkonzepte auch über die Leistung mit Hilfe einer Balance of Performance (BoP) künstlich aneinander angeglichen werden, ist das jedoch problematisch. Zumal zahlreiche Parameter wie Zündwinkel bereits durch die Homologation festgelegt sind.

"So wie Wittmann durchgeflogen ist: Er ist ein guter Fahrer - keine Frage. Aber man hat bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring gesehen, dass BMW in der Lage ist, manchmal zauberhaft sehr viel Pace rauszuholen", sieht Abt Parallelen zwischen dem kontroversen Eifel-Triumph und Marco Wittmanns Aufholjagd von Platz 17 auf Rang zwei.

"Hat was nicht gepasst": So reagiert BMW auf Manthey-Verdacht

Aber wie reagiert BMW auf die Aussage Raeders, er habe beim M4 GT3 Evo nun erneut "eine extreme überraschende Beschleunigungsfähigkeit" festgestellt? "Ich wüsste nicht, worauf er anspielt", sagt Motorsportleiter Roos auf Nachfrage von Motorsport-Total.com. "So wie sich Güven verbremst hat, hätte er normalerweise Gilles Magnus torpediert. Der war aber schon lange weg. Das heißt, da hat was nicht gepasst."

Was Roos damit meint: Durch den Vorsprung des Pole-Setters im Aston Martin am Ende der Vollgas-Passage könne man "davon ausgehen, dass Güvens Exit nicht so gut war und Rene auch deswegen an ihm vorbeigekommen ist".

Tatsächlich zeigen die TV-Bilder, dass Magnus beim Anbremsen der Spitzkehre bereits mehrere Wagenlängen Vorsprung auf Rast und Güven hatte. Der Aston Martin war aber durch die BoP für Hockenheim-Verhältnisse auch mit besonders hohem Ladedruck unterwegs.

Porsche-Daten zeigen: Kein Fahrfehler bei Güven

Abgesehen davon deutet die Daten nicht auf einen Fahrfehler Güvens hin. Der Porsche-Pilot hat zwar einen etwas ungünstigeren Einfahrtswinkel in die Parabolica, der 911 GT3 R ist aber auch wendiger als der BMW M4 GT3 Evo. Der Beschleunigungsverlauf sieht bei Rast etwas sauberer aus, von einem Fehler ist aber nichts zu sehen.

Die Aufzeichnung der Fahrzeugdaten, die den DTM-Verantwortlichen vorliegen, zeigen in der ersten Runde vor dem Anbremsen auf die Spitzkehre einen Topspeed-Unterschied von sechs km/h zwischen Güven und Rast. Im weiteren Rennverlauf bewegt sich der Unterschied zwischen BMW und Porsche an dieser Stelle zwischen sechs und acht km/h. Beschleunigungsdaten, die diesbezüglich aussagekräftiger wären, liegen aktuell nicht vor.

Schnellste Rennrunde für Güven: BMW dadurch entlastet?

Was auf den ersten Blick aber gegen den Verdacht von Manthey spricht: Die schnellste Rennrunde beim Sonntagsrennen in Hockenheim stammt nicht von Wittmann, sondern von Güven. Und das, obwohl der 911 GT3 R im Vergleich zum Samstag einen um zwei Millimeter kleineren Restriktor und 20 Kilogramm mehr Ballast an Bord hatte, was eine klare Verschlechterung bedeutete.

Der Porsche-Pilot fuhr eine 1:37.529 - und war damit um 0,035 Sekunden schneller als der Schubert-BMW-Fahrer, der die zweitschnellste Runde fuhr.

Wenn man aber die besten Sektorenzeiten aneinanderreiht, sieht das Bild anders aus: Dann kommt BMW-Pilot Wittmann auf eine 1:37.357. Er war also um 0,172 Sekunden schneller als der Meister, der seine drei besten Sektorenzeiten in einer Runde fuhr. Auf eine bessere theoretische Rundenzeit kommt sonst niemand.

Die technischen Verantwortlichen haben laut Informationen von Motorsport-Total.com nach dem Saisonfinale keine Unregelmäßigkeiten bei den Autos gefunden. "Ohne Drehmomentsensoren ist das in so einem Fall aber auch schwierig", meint ein Szenekenner.

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