Motorsport DTM
"Sind Katastrophe entgangen": DTM-Team fordert Mindeststandzeit am Norisring
Das Boxenstopp-Chaos in Zandvoort sorgt bei den DTM-Teams weiterhin für Angst, dass es auf dem Norisring zu einem Unglück kommen könnte. Denn die Abstände zwischen den Boxenstopp-Stationen sind auf dem Stadtkurs in Nürnberg ähnlich gering wie in Zandvoort, nur die Boxengasse ist etwas breiter.
"Ich glaube, dass wir am Samstag in Zandvoort einer Katastrophe entgangen sind", meldet sich nach Torsten Schubert nun auch HRT-Teamchef Ulrich Fritz im Gespräch mit Motorsport-Total.com zu Wort. "Das ist ein Spiel mit dem Feuer - Brot und Spiele! Irgendwann wird es schiefgehen. Und am Schluss sind wir für unsere Mitarbeiter verantwortlich."
Der ehemalige DTM-Verantwortliche von Mercedes-AMG weiß, wovon er spricht. Denn 2018 kam es in Budapest zu einem Boxenunglück, als Lucas Auer in der nassen Boxengasse nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte und einen Sportwart erfasste, der schwer verletzt wurde. Genau das will Fritz unbedingt vermeiden.
HRT-Teamchef fordert Maßnahmen: "Bin gebranntes Kind"
"Ich bin diesbezüglich ein gebranntes Kind", sagt er. "Wenn es dann jemandem schlecht geht oder sich jemand verletzt hat, dann ist es sein Problem - oder das Problem des Teams -, damit klarzukommen. Diejenigen, die sich das Spektakel gewünscht haben, sind dann nicht mehr hier."
Ursache für das Zandvoort-Chaos an der Box: Weil alle beim Öffnen des Boxenstopp-Fensters ihre Regenreifen loswerden wollten, kam es zu mehreren brenzligen Zwischenfällen in der engen Boxengasse. Dabei wurde ein Schubert-Mechaniker von einem Rad getroffen, das zunächst ungünstig abgelegt und dann von Luca Engstler beim Verlassen der Box erfasst worden war.
Fritz hat sich laut eigenen Angaben danach mit den Verantwortlichen in Verbindung gesetzt, habe aber eine Reaktion vermisst. Zumindest beim zweiten Boxenstopp-Fenster am Sonntag, das nur fünf Minuten lang geöffnet ist, hätte man seiner Meinung nach ansetzen können.
"Ich habe dem ADAC gesagt: Ihr müsst versuchen, das zweite Boxenstopp-Fenster länger offen zu haben, sodass es sich einfach besser verteilt", sagt Fritz. "Und dann war es am Sonntag wieder haarsträubend", verweist er auf den Zwischenfall mit Jules Gounon und der Dörr-Truppe.
Dörr will vorgegebene Stoppzeit in Nürnberg
Aber was könnte nun die Lösung sein? Rainer Dörr, Besitzer von Timo Glocks McLaren-Truppe Dörr Motorsport, denkt für den Norisring sogar schon an eine Mindeststandzeit, wie es sie im ADAC GT Masters und in anderen GT3-Serien gibt.
"Man sollte das so machen wie im ADAC GT Masters, wo du eine gewisse Zeit für den Stopp zur Verfügung hast", sagt er im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Generell bin ich der Meinung, dass der Performance-Boxenstopp zur DTM gehört, aber wir haben ja in Zandvoort gesehen, was passiert, wenn es so eng ist. Daher glaube ich, wäre das für den Norisring eine gute Geschichte."
Fritz hält wenig von diesem Vorschlag. "Das verstößt komplett gegen die DNA der DTM", sagt er. "Das will kein Zuschauer sehen." Außerdem sieht er das Problem, dass man mit einer Mindest-Boxenstoppzeit von über 15 Sekunden wegen der kurzen Runde auf dem Norisring überrundet werden würde.
Nur ein Stopp am Sonntag als Lösung?
"Und du wirst trotzdem versuchen, dein Auto schnell loszuschicken, wenn der Boxenstopp beendet ist. Und dann fängt die Spielerei in der Boxengasse an", sieht er darin auch kein Mittel, um zu verhindern, dass Piloten in einer engen Boxengasse kollidieren.
Das gilt auch für eine geringere Geschwindigkeit, denn die Zwischenfälle spielen sich in der Regel beim Verlassen der Box ab. Eine mögliche Lösung könnte es aber sein, auch am Sonntag nur einen Pflichtstopp durchzuführen - und nicht wie seit dieser Saison eigentlich zwei.
"Damit hätte ich kein Problem, wenn das hilft, die Gefahr zu reduzieren", sagt Fritz. "Und das tut es, weil dann am Sonntag in der Boxengasse einfach um 50 Prozent weniger los ist als sonst. Außerdem spielt der Reifenverschleiß auf dem Norisring ohnehin keine große Rolle", sieht er darin auch keine große Wettbewerbsverzerrung.
Ein weiterer Vorteil: Das Boxenstopp-Fenster wäre nicht so kurz, weshalb möglicherweise nicht alle gleichzeitig an die Box kommen.