Kommentar
Red Bull: de-Vries-Entlassung wirkt wie ein "Bauernopfer" - ein Kommentar
- Aktualisiert: 14.07.2023
- 12:10 Uhr
- ran.de / Oliver Jensen
Nyck de Vries verliert mitten in der Saison beim Red-Bull-Nachwuchsteam AlphaTauri sein Cockpit. Eine unfaire Entscheidung. Denn nicht der niederländische Fahrer war das Problem, sondern das Auto.
von Oliver Jensen
Sportlich ist Red Bull in der Formel 1 über alle Zweifel erhaben. Kein Team ist dazu in der Lage, die Dominanz dieses Rennstalls auch nur ansatzweise zu durchbrechen. Menschlich allerdings gibt das Erfolgsteam ein ganz schwaches Bild ab.
Nach gerade einmal zehn Rennen muss Nyck de Vries beim Nachwuchsteam AlphaTauri die Koffer packen. Der Grund dafür ist laut RB-Motorsportchef Helmut Marko, dass "der Speed einfach nicht da war". Marko argumentiert: "Wir mussten etwas tun."
Dabei war das Hauptproblem nie de Vries, sondern vielmehr dieses hübsch anzusehende, aber dennoch extrem schlecht zu fahrende Auto. Es hat schon seinen Grund, dass AlphaTauri abgeschlagen auf dem letzten Platz der Konstrukteurswertung steht.
AlphaTauri ist das schlechteste Auto der Formel 1
Selbst wenn de Vries so viele Punkte geholt hätte wie sein Teamkollege Yuki Tsunoda - nämlich zwei -, wäre AlphaTauri das Schlusslicht der Formel 1. Und zwar einfach deshalb, weil dieses Auto nicht mehr hergibt.
Niemand kann wirklich mit Gewissheit sagen, dass de Vries der schlechteste Pilot im Fahrerfeld der Formel 1 war. Doch es besteht überhaupt kein Zweifel daran, dass AlphaTauri das schlechteste Auto ist.
Umso mehr verschärft sich der Eindruck, als müsse de Vries nun als "Bauernopfer" herhalten.
Der Niederländer hat mehrfach bewiesen, ein guter Fahrer zu sein. Er wurde Weltmeister in der Formel E und Champion in der Formel 2. Ein solcher Fahrer sollte die Gewissheit haben, über eine gesamte Saison im Cockpit beweisen zu können, dass er die fahrerische Qualität mitbringt.
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Ein neuer Formel-1-Fahrer braucht Eingewöhnungszeit, keine Kritik
Grundsätzlich gilt, dass nahezu jeder Fahrer in der Formel 1 eine gewisse Eingewöhnungszeit benötigt. Das gilt umso mehr, wenn man in einem schlechten Auto sitzt.
Dass Marko bereits nach wenigen Rennen begann, de Vries öffentlich zu kritisieren, dürfte ebenfalls nicht hilfreich gewesen sein.
Und um das einmal klarzustellen: Es ist nicht so, dass mit Daniel Ricciardo ein Fahrer seinen Platz einnimmt, der sich in der Form seines Lebens befindet. In den vergangenen beiden Jahren wurde er bei McLaren von seinem Teamkollegen Lando Norris regelrecht deklassiert. Es ist zweifelhaft, ob Ricciardo nun mitten in der Saison besser funktioniert.
Die vielen Fahrerwechsel könnten für Red Bull ein Eigentor sein
Auch perspektivisch könnte der Fahrerwechsel ein Eigentor gewesen sein. Welcher junge Fahrer soll zukünftig bei Red Bull noch ein sicheres Gefühl haben? Schließlich ist de Vries nicht der erste Fahrer, der mitten in der Saison sein Cockpit verliert.
Pierre Gasly und Daniil Kwjat wurden in der Vergangenheit von Red Bull zum Nachwuchsteam Toro Rosso bzw. AlphaTauri zurückgestuft. Auch zu Alexander Albon hatte man kein Vertrauen. Er wurde nach der Saison 2020 bei Red Bull vor die Tür gesetzt und durch Sergio Perez ersetzt.
Betrachtet man die starken Leistungen von Albon im Williams, darf man zumindest bezweifeln, ob das damals die richtige Entscheidung gewesen ist. Und auch Gasly bewies später, was für ein guter Fahrer er sein kann. 2020 gewann er im AlphaTauri sogar ein Rennen.
Möglicherweise hätte auch de Vries eines Tages starke Resultate eingefahren. Doch dafür hätte es ein bisschen Geduld gebraucht - oder einfach ein besseres Auto.