Motorsport Formel 1
Wolffs 400-km/h-Aussage erklärt: Droht 2026 wirklich Temposchock?
Mercedes-Teamchef Toto Wolff hatte in einem Interview mit Auto Motor und Sport erklärt, dass die Simulationen seines Teams unter bestimmten Bedingungen Höchstgeschwindigkeiten nahe dieser Marke ergeben hätten. Eine Aussage, die viele Beobachter elektrisierte, Fahrer zu Reaktionen veranlasste und die FIA auf den Plan rief.
Mit dem Reglement von 2026 wird die Formel 1 tiefgreifend umgebaut. Das Ziel: eine fast ausgeglichene Energieverteilung zwischen dem V6-Turbomotor und einem deutlich stärkeren Elektromodul, der MGU-K, gespeist von größeren Batterien.
Damit diese Antriebseinheiten auf unterschiedlichsten Strecken funktionieren, werden die Autos aerodynamisch "entschlackt": Weniger Abtrieb, weniger Luftwiderstand, dazu aktive Aerodynamik an Front- und Heckflügeln, die die Topspeeds auf den Geraden zusätzlich erhöhen sollen.
In diesem Kontext erklärte Wolff: "Wenn die volle Leistung freigesetzt wird, kratzen wir an der 400-km/h-Marke." Eine Zahl, die deutlich über dem aktuellen Formel-1-Rekord von Valtteri Bottas liegt, der 2016 in Baku 378 km/h erreichte. Theoretisch wären die Boliden damit sogar schneller als die IndyCars beim Indianapolis 500, die Spitzengeschwindigkeiten von rund 385 km/h erreichen.
Was Wolff wirklich meinte
Tatsächlich ist es nicht so, dass ab 2026 jedes Rennen mit 400 km/h gefahren würde. Wolff wollte vielmehr darauf hinweisen, dass die neue Reglementarchitektur diese Werte unter Extrembedingungen zulässt - etwa, wenn Teams ihre Autos speziell auf Topspeed trimmen oder Energiedeployment gezielt auf lange Geraden auslegen - etwa zum Überholen.
Die FIA selbst hat solche Werte in ihren eigenen Simulationen unseren Informationen zufolge bislang nicht gesehen. Klar ist aber: Höhere Geschwindigkeiten sind ausdrücklich Teil des Konzepts, ein Sicherheitsrisiko sieht man aktuell nicht.
Bei den Fahrern lösten Wolffs Worte vor allem Stirnrunzeln aus. Pierre Gasly, ab 2026 mit Mercedes-Motor im Alpine unterwegs, winkt ab: "Ich glaube keine Geschichten. Ich glaube nur, was ich sehe. Wenn du in Monza die erste Schikane wegnimmst, dann fahren wir vielleicht 400."
Weltmeister Max Verstappen nimmt das Thema mit Humor: "Vielleicht schafft es ja der Motor von Toto. Aber die FIA hat schon erklärt, dass sie das nicht zulassen wird. Man wird da aufpassen."
Esteban Ocon wiederum meint: "380 bis 400 km/h klingt schon ziemlich beängstigend, wenn man solche Kommentare hört. Aber ich werde erst urteilen, wenn ich den Simulator fahre."
Charles Leclerc, der nach ersten Simulatorfahrten die 2026er Ferrari-Version als schwerfällig kritisiert hat, relativiert inzwischen: "Die Entwicklung geht so schnell, dass sich das Gefühl ständig verändert. Aber wenn wir wirklich 400 km/h erreichen sollten, dann wäre das schon sehr beeindruckend."
FIA will Feinjustierung vornehmen
Nikolas Tombazis, bei der FIA für die Formel-1-Regularien zuständig, mahnt im Gespräch mit Motorsport.com Global, der englischsprachigen Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, Gelassenheit an: "Zwischen jetzt und dem Saisonstart wird es noch viele Anpassungen geben. Wir bekommen Feedback von den Teams und reagieren darauf."
Ein Beispiel sei das Energiemanagement, damit die Autos nicht an unnatürlichen Stellen mitten auf Geraden langsamer werden, um Energie zu sparen. Das war lange Zeit die Befürchtung von Red Bull. "Es ist zu früh, jetzt zu sagen: Die Autos werden X oder Y machen. Die Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen."
Auch bei den Rundenzeiten erwartet Tombazis keine dramatischen Unterschiede. Erste Berechnungen deuten auf ein Defizit von ein bis zweieinhalb Sekunden im Vergleich zu heute hin - doch dieser Rückstand werde sich durch die Entwicklung schnell verringern.
Die Formel 1 von 2026 wird zweifellos anders aussehen und fahren als die aktuelle Generation. Höhere Topspeeds sind dabei fest eingeplant. Ob aber wirklich jemals die magische 400-km/h-Grenze fällt, hängt nicht nur vom Reglement ab, sondern auch von den Strecken, Set-ups und taktischen Entscheidungen der Teams.