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"Bege-Blog": Der deutsche Davis-Cup-Insider

  • Aktualisiert: 12.09.2013
  • 12:34 Uhr
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© Getty

Der 29-jährige Davis-Cup-Debütant Andre Begemann schreibt auf ran.de über seine Erlebnisse mit der deutschen Mannschaft vor und während dem Relegationsspiel gegen Brasilien vom 13. bis 15. September in Neu-Ulm/Ulm.

Hallo Davis Cup Fans,

heute war ein sehr anstrengender Tag für mich. Am Montag kamen wir nach unserem letzten Training erst spät zurück ins Hotel und außerden konnte ich einfach nicht den Fernseher ausschalten, als zwei der besten Repräsentanten unseres Sports sich einen heißen Kampf im US-Open-Finale geliefert haben. Ich bin im dritten Satz beim Stand von 2:1 und Break vor für Novak Djokovic schlafen gegangen und traute meinen Augen nicht, als in der Früh das Ergebnis gesehen habe. Er war für mich Ende des zweiten Satzes der bessere Spieler, weil er aggressiver und aktiver war. Wenn man so mutig spielt, dann wird das auch belohnt, nur leider muss man es gegen Nadal über drei Sätze halten und das gelingt bekanntlich nach seiner Rückkehr aus der Verletzungspause den Wenigsten.

Eine Spätschicht vor dem Fernseher bedeutete leider weniger Schlaf für mich vir meiner ersten Einheit um 9 Uhr, aber ein Grand-Slam-Finale sollte sich meiner Meinung nach jeder Tennisprofi aus Interesse und als Inspiration anschauen.

Heute war das Training für Martin Emmrich, Daniel Brands und mich hauptsächlich auf das Doppel zugeschnitten. Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer waren für die spätere Einheit eingeteilt, um über eine etwas längere Distanz Einzel-Sätze zu spielen.

Das Training ist übrigens gar nicht so einfach zu koordinieren, wie man sich das vielleicht vorstellt. Wir spielen nicht in einer üblichen Tennishalle, die einen ausgebauten Stadionplatz besitzt, sondern in einer reinen Basketball-Arena, in der normalerweise ratiopharm ulm seine Heimspiele bestreitet. Es wurde also das Basketball-Spielfeld entfernt und unser Wunschbelag eingebaut. Bei Davis-Cup-Begegnungen entscheidet die Heimmannschaft, auf welchem Belag gespielt wird.

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Ein Tennisplatz für zwei Mannschaften

So steht uns tagsüber nur ein Tennisplatz in der Arena zur Verfügung. Das bedeutet, dass wir uns mit der Gastmannschaft Brasilien den einen Platz für die komplette Woche teilen müssen. Zudem gibt es ganz klare Vorschriften der ITF (International Tennis Federation), die festlegen, dass jedes Team pro Tag maximal vier Stunden trainieren darf.

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Kurze Pause: Andre Begemann (rechts) und Martin Emmrich schnaufen mal durch.
Kurze Pause: Andre Begemann (rechts) und Martin Emmrich schnaufen mal durch.© DTB

Heute sind die Brasilianer allerdings in ihrer südamerikanischen Gemütlichkeit etwas spät zum Training erschienen und so konnten wir immerhin einen "4-er" einstreuen. Das Spiel wird ausschließlich im T-Feld gespielt. Jeder Spieler muss hierbei sein eigenes Feld verteidigen, das heißt, es kann nicht nur über das Netz, sondern auch seitlich gespielt werden.

Natürlich wird nur mit "touch" gespielt und der Ball darf wie immer nur einmal aufspringen. Selbstverständlich gab es auch einen Einsatz für den Verlierer: Wir haben uns darauf geeinigt, dass dieser beim Abendessen das Essen servieren muss.

Da Martin in seiner Zeit als Tennisprofi nicht nur seine Doppelkünste verbessert hat, sondern auch als "4-er"-Profi in Solinger Trainingskreisen bekannt ist, sah "Brandy" (Daniel Brands; die Red.) neben ihm sehr alt aus und wird also heute Abend für alle Mitspieler den Kellner spielen. Darauf freue ich mich schon :-)

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Das richtige Doppel-Training

Das weitere Training verlief sehr gut. Morgens haben wir Reaktionsvolleys trainiert. Für mich persönlich ist es immer wieder von großer Bedeutung, meine Volleys aus der Bewegung zu trainieren, da ich im Match fast nie zwei Mal hintereinander den gleichen Ball spiele. Das wichtigste als Volleyspieler ist es, die Geschwindigkeit und die Höhe des ankommenden Balles so schnell wie möglich abzuschätzen und darauf mit der "Auge-Hand-Koordination" in Verbindung mit der Bewegung zum Ball zu reagieren. Das heißt: Kommt der Ball schnell auf mich zu, halte ich meine Stellung und Balance und bringe den Schlägerkopf so schnell wie möglich hinter den Ball. Ich reagiere auf die hohe Geschwindigkeit mit einer kurzen Ausholbewegung. Habe ich mehr Zeit, da der Ball langsam, höher oder seitlich fliegt, bewege ich mich so schnell wie möglich direkt zum Ball und bin aktiv und warte nicht, bis der Ball zu mir kommt. So nehme ich dem Gegner nicht nur wichtige Zeit weg, sondern nutze zudem die Vorwärtsbewegung, um Körperspannung aufzubauen und dann zu beschleunigen. Während der Bewegung zum Ball hole ich aus und passe mich wieder an die Höhe des Balles an. Danach erfolgt nur noch der Schritt nach vorne, gleichzeitig mit dem Schlag des Balles. Beim Rückhand-Volley setze ich den Schritt mit dem rechten Bein und beim Vorhand-Volley mit dem Linken.

Nachmittags haben wir dann eine Stunde aufgeschlagen und returniert. Diese beiden Schläge sind meiner Meinung nach neben dem Volley die wichtigsten im Doppel. Hast du eine hohe erste Aufschlagquote oder die Möglichkeit, sehr schnell oder genau zu servieren, wirst du einfacheres Spiel am Netz haben. Genau das Gleiche gilt für den Return. Returnierst du oft flach oder schnell in die Füße des Gegners, wird auch der nächste Schlag wieder einfacher werden. Der Aufschlag und der Return sind auf jeden Fall die Basis eines guten Doppelteams. Nichtsdestotrotz kann man mit einem sehr dynamischen Netzspiel viel Erfolg haben. Dies zählt zu den größten Stärken von Martin und mir. Allerdings sind Aufschlag und Return das Fundament hierfür. Deswegen beschäftigen wir uns zu mehr als 50 Prozent unserer Trainingszeit mit diesen beiden Schlägen.

Daniel Brands - der Aufschlagriese

Daniel Brands' Stärke ist ganz klar der Aufschlag: Er zählt für mich aktuell zu den zehn besten Aufschlägern der Welt. Da können in einer Trainingseinheit mal fünf Minuten vergehen, ohne dass der Returnspieler einen Ball berührt. Dieses hat auch Roger Federer zu spüren bekommen, als Daniel ihn in Gstaad geschlagen hat.

Andre Begemann (links) und Doppelpartner Martin Emmrich beim Training.
Andre Begemann (links) und Doppelpartner Martin Emmrich beim Training.© DTB

Doch auch er verbringt mindestens 30 Minuten pro Tag mit Aufschlagtraining, denn so eine Stärke ist kein Geschenk des Himmels, sondern ein Resultat langer und harter Arbeit und vieler Wiederholungen. Bevor sich ein Schlag festigt und konstant wird, bedarf es vieler Jahre auf dem Trainingsplatz. Das hat er sich erarbeitet und verdient. Ganz so viele Aufschläge soll er allerdings auch nicht machen. Wir wollen nicht, dass sein Arm müde wird und er heute Abend nicht mehr unser Essen servieren kann. :-)) Deshalb hoffe ich jetzt auf einen netten Service beim Abendessen und freue mich auf den nächsten Trainingstag.

Morgen habe ich ein paar Tipps und Insider-Informationen für euch, was die Schläger und Besaitungen unserer einzelnen Spieler angeht. Dafür steht mir unser Bespanner und Schlägerfachmann Gunter Strähle zur Seite, der mit 22 Jahren im Davis-Cup-Team die meiste Erfahrung aufweist.

Falls ihr heute noch Fragen zu Volleys oder dem Aufschlag und Returnspiel habt, stehe ich euch genau wie gestern wieder auf Twitter unter @AndreBegemann und auf meiner Facebook Fanpage zur Verfügung.

Euer Bege

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