• Darts
  • Tennis
  • Alle Sportarten

Anzeige
Anzeige
Deutsche Highlights beim College-Basketball

Wagner beim March Madness: NBA-Chance im Spam Ordner

  • Aktualisiert: 26.03.2018
  • 21:52 Uhr
  • ran.de/Marco Kieferl
Article Image Media
© 2018 Getty Images
Anzeige

Moritz Wagner sah den Michigan Wolverines bereits aus Deutschland im TV zu. Jetzt hat der 20-jährige Deutsche die Chance, als Spieler des Colleges Geschichte zu schreiben und gleichzeitig seinen Weg in die NBA zu gehen.

Los Angeles – Die Michigan University ist vielen Sportfans ein Begriff als Alma Mater von Tom Brady. Dieser Tage spricht man in Ann Arbor aber nicht über das Football-Team der Wolverines, sondern über Basketball und über einen 2,11 Meter großen Deutschen.

Moritz Wagner sah die Wolverines 2013 noch im Fernsehen, als sie das Finale der College-Meisterschaft verloren. 2014 war Wagner während des Viertelfinals von Michigan in der Halle. Der Berliner war sofort begeistert von beispiellosen Stimmung rund um die verrückten Fans und der typischen Kapellenmusik der College-Bands, doch sportlich ging es wieder nicht gut aus.

Anzeige

Erfüllung eines Kindheitstraums

Knapp vier Jahre später hat der Deutsche selbst die Chance, sein Lieblingsteam als Spieler zum Triumph der nationalen College-Meisterschaft zu führen.

"Plötzlich stehe ich hier selbst mit Michigan, das ist schon fast ironisch. Die Big Band, all die Leute in Los Angeles – einfach verrückt", beschrieb Wagner sein Innenleben am Rande des Elite Eight gegen Florida State: "Hätte ich als kleines Kind meinen großen Traum aufgeschrieben, er hätte genau so ausgesehen."

March Madness wichtiger als NBA

"March Madness" nennen die Amerikaner das Turnier der besten Basketball-College-Mannschaften und der Name ist Programm. 68 Teams treten vor frenetischen Fans im K.o-System gegeneinander an. Während der finalen Turnierphase der NCAA rückt sogar die Profis der NBA in den Hintergrund.

Wagner ist mit seiner emotionalen Art wie gemacht für die Duelle auf der großen TV-Bühne, dabei wäre der Traum des 20-Jährigen beinahe an den Tücken des E-Mail-Verkehrs gescheitert. Wagner durfte als Nachwuchsspieler im Alter von 17 Jahren bereits erste BBL-Minuten für ALBA Berlin sammeln.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

College-Angebot im Spam-Ordner

Dabei wurde Scout Yenal Kahraman auf ihn aufmerksam und schickte eine E-Mail an seinen Chef, John Beilein. Der Trainer der Michigan Wolverines ließ die Nachricht einige Wochen ungelesen in seinem Postfach, ehe man sich entschloss, den jungen Deutschen direkt zu kontaktieren.

Wieder blieb eine Antwort zunächst aus. Die E-Mail war in Wagners Spam-Ordner verschwunden. Die Überraschung dafür mit etwas Verspätung umso größer: "Ich dachte mir: 'Okay, du solltest diesen Leuten besser antworten. Das scheint eine richtig gute Chance zu sein.'"

"Most Outstanding Player" der Big 10

Eine Gelegenheit, die Wagner bislang für zwei aufeinanderfolgende Siege der Traditions-Conference "Big 10" genutzt hat und die ihm schon bald den Weg in die NBA ebnen könnte. Zuvor will Wagner im Halbfinale gegen das Überraschungsteam Loyola Ramblers aber zunächst seine Wolverines ins erste Endspiel seit 2013 bringen. Jenes Match, das er einst selbst vor dem Fernseher verfolgte.

Am Erreichen des Final Four hat der Wagner, der von den Amerikanern aufgrund seiner wahlweise als Center oder Power Forward auf dem Feld verortet wird, großen Anteil. Der Berliner wurde im Rahmen der Qualifikation für die "March Madness" zum "Most Outstanding Player" des Big-10-Tournaments gewählt.

Anzeige
Anzeige

Big Man mit Touch

Die Auszeichnung kommt nicht von ungefähr. Wagner führt sein Team in dieser Saison in Sachen Punkte (14,3 pro Spiel) und Rebounds (6,9 pro Spiel) an. Besonders auffällig ist dabei sein sicheres Händchen von der Dreier-Linie. Dort weist Wagner mit 39,6 Prozent die ligaweit die höchste Trefferquote aller Spieler seiner Größe auf. Eine Qualität, die in der modernen NBA bei den Big Men immer wichtiger wird.

Seine Treffer feiert Wagner anders als beispielsweise NBA-Idol Dirk Nowitzki enorm emotional. Ein Grund, warum er bei den gegnerischen Fans nicht immer den besten Stand hat.

"Deine Mutter schaut zu!"

"Die hassen mich überall, ich bin nun mal ein emotionaler Typ", erklärt Wagner, der durchaus auch durch harten Einsatz unter dem Korb und Gespräche mit dem Schiedsrichter auffällt: "Ich rede mir ein, dass mich die gegnerischen Fans hassen, weil ich so gut bin."

Gegenwind schlägt ihm durchaus auch einmal vom eigenen Coach ins Gesicht. Als Wagner beim Big-10-Finale vor den Augen seiner Familie einen gebrauchten Tag erwischte, raunte ihm sein Trainer zu: "Kannst du mal einen Wurf treffen? Deine Mutter schaut zu!"

Beilein: "Ich liebe diesen Burschen"

Nur ein Beispiel, für das besondere Verhältnis zwischen Wagner und seinem Trainer, der es versteht, den Deutschen auf dem Boden zu halten und dennoch in den höchsten Tönen schwärmt: "Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich liebe diesen Burschen. Moritz kann mit dieser Kritik umgehen, das macht ihn besonders. Ich habe kaum jemanden so gerne trainiert wie ihn."

Wagner wusste mit der Ansprache umzugehen und legte auf dem Weg zum zweiten Big-10-Sieg in Folge 17 Punkte auf. Dennoch nimmt er sich zum Ziel, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten: "Man muss seine Gefühle im Griff haben, sie zu seinem Vorteil nutzen, ohne sich emotional zu berauschen."

Basketballnetz als Souvenir

Während der "March Madness" kämpft "Moe", wie ihn seine Mitspieler nennen, bislang mit schwankenden Leistungen. Auf schwächere Spiele in den ersten beiden Runden gegen Montana und Houston folge ein 21-Punkte-Spiel gegen Texas A&M. Im "Elite Eight" hatte Wagner erneut Probleme mit dem Wurf.

Nach null Treffern zur Halbzeit steigerte er sich jedoch erneut und war am Ende mit zwölf Punkten und sechs Rebounds erneut ein Faktor auf dem Weg nach San Antonio. Zur Belohnung durfte im Staples Center von Los Angeles, der Heimat der NBA-Franchises der Lakers und Clippers, das Netz vom Ring abschneiden.

Anzeige

Giffeys Nachfolger?

Vielleicht ja nur ein Vorgeschmack auf mehr. Seit Wagners 26-Punkte-Spiel in der zweiten Runde der letztjährigen March Madness haben die Scouts der NBA den Deutschen auf dem Radar. Da seine Leistungen im seinem dritten College-Jahr eher noch besser wurden, handeln ihn einige wenige Experten sogar als potenziellen Erstrundenpick im kommenden Draft.

Bevor jedoch die NBA ruft, will sich Wagner am kommenden Wochenende noch auf die größten Spiele seines Lebens konzentrieren. Dann will er vier Jahre nach Nils Giffeys Titel mit den UConn Huskies der nächste Deutsche auf dem NCAA-Thron werden. Vielleicht winkt sogar ein deutscher Doppelsieg. Schließlich steht die Berliner Satou Sabally bei den Damen mit Oregon ebenfalls bereits im Viertelfinale.

Anzeige

Viertes College-Jahr möglich

Klappt das nicht, ist im nächsten Herbst auch eine Rückkehr ans College denkbar. Schließlich hat Wagner noch die Möglichkeit auf ein viertes Universitäts-Jahr und entschied sich bereits im vergangenen Jahr kurzfristig, nicht am Draft teilzunehmen.

Die March Madness hat es ihm eben angetan. Was könnte das besser passen, als laute Fans, eine College-Band und der Titel im Alamodome von San Antonio. Schließlich wäre das Basketballnetz dort ein deutlich schöneres Andenken als eine gespeicherte Nachricht im Mailordner.


© 2024 Seven.One Entertainment Group