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Die Hintergründe zum Relegations-Coup

1. FC Heidenheim: Frank Schmidt ist der Märchen-Macher

  • Aktualisiert: 28.06.2020
  • 20:42 Uhr
  • ran.de / Andreas Reiners
Article Image Media
© imago images/Eibner
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Der 1. FC Heidenheim klopft in der Relegation gegen Werder Bremen an die Tür zur Bundesliga. Das Märchen ist eine Seltenheit im deutschen Fußball, allerdings auch kein Zufall.

München/Heidenheim - Es gibt Dinge, die sind vorbestimmt. Und manchmal sind sie auch fast schon zu kitschig, um wahr zu sein. Denn waschechte Romantik hat im Profifußball ja nicht mehr viel verloren.

Doch rund um den 1. FC Heidenheim ist etwas entstanden, dass wieder an das Gute in dem knallharten Business glauben lässt.

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Denn dass Frank Schmidt in Heidenheim geboren ist - wenige Meter vom Stadion entfernt - dort gespielt hat und seit 2007 als Trainer eine beeindruckende Erfolgsgeschichte schreibt, gehört zu den kleinen Märchen, die man heutzutage lange suchen muss. 

Für ein Drehbuch zu kitschig

Dass der Mann nicht nur der Baumeister des Erfolgs der Heidenheimer ist, sondern von Wegbegleitern dann auch noch als bodenständig, ehrlich und menschlich überragend beschrieben wird, wäre für ein Drehbuch fast schon zu viel des Guten.

Doch in Heidenheim, dem 50.000-Einwohner-Ort, ist es das Erfolgsgeheimnis. Sozialkompetenz nennt es Schmidt, der weiß, dass fachliches Können alleine bei einem so kleinen Verein nicht ausreicht.

Ehrgeiz, Emotionen, Konstanz, Zusammenhalt und dazu ehrliche Arbeit sind weitere essentielle Komponenten für den Erfolg.

Viele kennen ihn noch aus der Dokumentation "Trainer!", für die er 2013 mit seinem Klub die Hosen runterließ. Er ist der erfolgreichste der drei Protagonisten um Schmidt, Andre Schubert und Stephan Schmidt.

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Niederlage gegen Bielefeld vielleicht sogar gut

Denn er klopft mit dem Klub, der bei seinem Dienstantritt als Spieler 2003 noch in der Verbandsliga und bei seinem Einstieg als Trainer 2007 in der Oberliga spielte, in der Relegation gegen Werder Bremen (2. und 6. Juli) an der Tür zur Bundesliga an.

Trotz einer 0:3-Pleite bei der bereits als Meister feststehenden Arminia aus Bielefeld. 

"Wenn man nach 34 Spieltagen auf Rang drei steht, hat man die Relegation verdient. Wir werden jetzt die Wunden lecken und versuchen uns gegen Bremen von der besten Seite zu zeigen", sagt Schmidt.

"Manchmal ist es gar nicht so schlecht, wenn man vor solch einem Relegationsspiel, das ja neu ist für uns, noch mal richtig einen auf den Sack kriegt", sagt der 46-Jährige: "Wir freuen uns tierisch auf die Spiele. Wir wollen die Sensation und wollen alles dafür tun." 

"Druck hat der Milchmann"

Von psychologischen Auswirkungen so kurz vor dem großen Wurf will er nichts wissem."Druck hat der Milchmann", erklärt er. "Wir sind noch mit überhaupt nichts zufrieden, haben nicht nur Spaß. Bei uns war nach dem Schlusspfiff noch keine Vorfreude."

Dabei legt er den Kopf leicht schief. Wie immer. Denn diese markante Körperhaltung kommt durch eine Verknöcherung an der Halswirbelsäule und ist ebenso eine Art Markenzeichen wie die Tatsache, dass er der dienstälteste Trainer im deutschen Profifußball ist. 

Wo genau, das müssen viele googeln. Heidenheim ist Mittelstand, der Klub überlebt ohne Mäzen oder Investor, stattdessen setzt er auf Unternehmen und rund 500 Sponsoren aus der Region. 

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"Wir bruddeln uns von Sieg zu Sieg"

Der Verein - gerne als Dorfklub belächelt - liegt im Dreieck zwischen Nürnberg, Stuttgart und München.

Und die Region hat ein Credo: Das Glas ist meist halbleer, was sogar durch die Vereinshymne transportiert wird, in der es heißt: "Wir bruddeln uns von Sieg zu Sieg". Wenn der Schwabe bruddelt, dann ist er schlechter gelaunt als sowieso schon.

"Dass die Leute für den 1. FC Heidenheim aufstehen und klatschen, stolz sind, das ist vielleicht unser größter Verdienst", erklärt er in der "Zeit" den Schlag Mensch aus der Schwäbischen Ostalb.  

Doch natürlich hat sich auch in Heidenheim in all den Jahren viel verändert.

"Es ist ja alles viel größer geworden, man kann jetzt nicht jedem Fan Rede und Antwort stehen. Das geht nicht. Da ist dieser schmale Grat, dass man als arrogant gilt, natürlich sehr schmal", sagt er dem "SWR".

Und fügt hinzu: "Ich glaube es geht mit einer Authentizität, sich weiter zu entwickeln aber auch mit einer klaren Ansprache im Profifußball, Erfolg zu haben. Das ist mein Weg, aber verändern möchte ich mich wegen des Profifußballs nicht."

"Keine One-Man-Show"

Sein Weg, das ist "keine One-Man-Show. Natürlich bin ich der Entscheider, aber ich möchte Verantwortung auch übergeben an die Spieler. Deswegen beziehe ich sie mit ein und lasse sie mitarbeiten." 

Mit Erfolg, der in einer Konstellation wie in Heidenheim eine Seltenheit, aber kein Zufall ist. Nun könnte sich in der Relegation ein Kreis schließen. Es wäre die Krönung einer Entwicklung, die zeigt, dass man mit harter Arbeit und ein bisschen Glück auch als kleiner Klub ganz oben mitmischen kann.

Und das alles, obwohl Schmidt 2007 eigentlich nur spontan einsprang. "Ich bin am Anfang Trainer geworden und wollte es ja eigentlich gar nicht so. Damals hat Holger (Klubchef Sanwald, Anm. d. Red.) gesagt, 'so, mach das mal für zwei Spiele'". 

Das ist jetzt fast 13 Jahre her, aus zwei sind 467 Pflichtspiele geworden.

Manche Dinge sind eben vorbestimmt.

Andreas Reiners

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