Südkoreas Superstar
Jae-Song Lee: Wer ist Kiels Überraschungscoup?
- Aktualisiert: 03.08.2018
- 23:42 Uhr
- ran.de/ Andreas Reiners
Er kam, sah und eroberte in Kiel die Herzen: Jae-Song Lee spielte beim 3:0-Sieg beim HSV die Hamburger schwindelig. Wer ist der Überraschungscoup der Kieler?
München/Kiel - Jae-Song Lee wagte ein kleines Tänzchen. Er deutete es an der Eckfahne zumindest an, als sein Teamkollege David Kinsombi euphorisch seine Hüften schwang. Der Südkoreaner hatte bei seinem Debüt für den Zweitligisten Holstein Kiel nicht nur selbst seinen Spaß. Er machte beim 3:0-Sieg zum Auftakt der neuen Saison beim Hamburger SV vor allem den Kielern Freude.
In den sozialen Medien war der Spott für den HSV wegen Lee nur zweitrangig. Die wohl meistgestellte Frage: Was sucht ein koreanischer WM-Teilnehmer in Kiel? Warum wählt der 25-Jährige, in seiner Heimat längst als Superstar verehrt, für seinen ersten Wechsel ins ferne Ausland die beschauliche Hafenstadt an der deutschen Ostseeküste?
In Südkorea ein Superstar
In Asien hat er mit dem Meister der K League 1, Jeonbuk Hyundai Motors FC, sportlich fast alles erreicht, kommt in 149 Spielen auf 25 Tore und 34 Vorlagen. Mit der südkoreanischen Nationalmannschaft rundete er die deutsche Blamage bei der WM in Russland ab, er stand bei allen drei Spielen auf dem Platz, blickt auf 38 Länderspiele, in denen er sechs Tore schoss.
Die Zeit war reif für eine neue Herausforderung, für den nächsten Schritt in seiner Karriere. Für Kiel sprach vor allem das familiäre Klima, in dem die Gewöhnung an die fremde Kultur leichter fallen soll. Dafür verzichtete er auch auf eine Menge Geld.
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Ein geringes wirtschaftliches Risiko für Kiel, das sich als Hauptgewinn entpuppen kann: Lee sorgt nach dem verpassten Aufstieg für neue Euphorie, ist der sportliche Hoffnungsträger mit Vermarktungs-Potenzial. Ein Schachzug, der Eindruck hinterlassen und fraglos eine starke Außenwirkung hat.
Denn Lee bringt auf dem Platz nicht nur den Spaßfaktor mit, sondern auch ein Siegergen, eine feine Technik und Kampfgeist. Er ist dribbel- und kombinationsstark, "sehr explosiv und flink im Spiel nach vorne und extrem bissig gegen den Ball. Außerdem ist er von der Mentalität ein absoluter Teamplayer", so Trainer Tim Walter. Den HSV wirbelte er schwindelig, brillierte mit einer starken Übersicht, war immer anspielbar. Zwei Tore bereitete er vor, an sechs Torschüssen war er beteiligt.
Abseits des Rasens hat er die Herzen der Kieler Fans schon vor dem Sieg in Hamburg mit der typischen asiatischen Zurückhaltung, Bescheidenheit und Freundlichkeit erobert.
Ihn erobert haben Sportdirektor Fabian Wohlgemuth und Walter, die Lee in den Gesprächen über Wochen vom Wechsel überzeugten, den Coup eintüteten und sogar Konkurrenz aus der Bundesliga ausstachen. Es waren wohl auch Wohlgemuths Kontakte aus seiner Zeit beim VfL Wolfsburg, die den für Kieler Verhältnisse spektakulären Deal möglich machten.
Kein schlechtes Gewissen
"Lee vereint alle Dinge, die ich gerne bei einem Spieler auf dieser Position sehe", sagte Walter über seinen neuen Ideengeber.
Hat er eigentlich ein schlechtes Gewissen, dass er Deutschland bei der WM vorzeitig nach Hause geschickt hat? Er antwortet mit der asiatischen Verbeugung. Sein verschmitztes Grinsen und sein Schulterklopfer anschließend zeigen: Humor hat der Mann auch.
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