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1. FC Union Berlin: Die bewegende Geschichte des "Eisernen Mäcki" Reinhard Lauck

  • Aktualisiert: 20.05.2020
  • 08:56 Uhr
  • ran.de
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Reinhard "Mäcki" Lauck wurde als Spieler von Union Berlin erst verehrt und dann verachtet, weil er sich in die Hände des DDR-Regimes begab. "Eisern Union" stand schließlich für das Gegenteil von Macht und Wohlstand. So brillant seine Karriere als Fußballer war, so tragisch war sein Tod.

München - Werner Schwenzfeier musste sich etwas einfallen lassen. Zu klar waren die Vorzeichen im Finale des FDGB-Pokalfinals 1968, zu übermächtig der Gegner. Schließlich trat der FC Carl Zeiss Jena als frisch gebackener DDR-Meister an und eigentlich ging es nur um die Höhe des Sieges im ungleichen Duell mit dem 1. FC Union Berlin.

Und so tüftelte Unions Trainer bis kurz vor dem Anpfiff an der Aufstellung. Er warf den völlig unbekannten Reinhard "Mäcki" Lauck ins kalte Wasser und stellte den 22-Jährigen in die Startelf. "Keiner kannte Mäcki, keiner von uns Spielern", erinnert sich Mannschaftskollege Günter Hoge. "Und dann macht der Trainer die Aufstellung und dann steht da Mäcki Lauck drin."

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"Mäcki" stellt Wolfgang Overath kalt

"Mäcki" Lauck, fußballerisch von der groben Sorte, sollte den technisch starken Jenaern Beine machen. Kurzum - der Coup gelang. Union gewann das Spiel 2:1, obwohl Jena schon nach 45 Sekunden in Führung gegangen war. 

Von diesem 9. Juni 1968 an kannte jeder, der sich in der DDR für Fußball interessierte den Namen Reinhard "Mäcki" Lauck. Sechs Jahre später sollte Lauck einen gewissen Wolfgang Overath kaltstellen und einen Beitrag zur vielleicht größten Schmach einer DFB-A-Nationalmannschaft leisten - dem 0:1 gegen die DDR in der Vorrunde der Heim-WM 1974.

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Wechsel zum verhassten BFC Dynamo

Für die Fans von Union Berlin war "Mäcki" zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits ein rotes Tuch. Nach dem Abstieg der Köpenicker aus der DDR-Oberliga 1973 hatten sich Fans des Vereins vor Laucks Wohnung versammelt und ihn angefleht, Union in die zweite Liga, die DDR-Liga zu begleiten. Doch Lauck hatte kein Interesse.

Für die Union-Anhänger unverzeihlich: "Mäcki" wechselte ausgerechnet zum BFC Dynamo, dem verhassten "Stasi-Klub", der vom System hofiert wurde. "Schade Mäcki, wir dachten, du wärst einer von uns. Wir dachten, du wärst eisern", soll ein Anhänger geschrien haben.

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Eisern Union: Widerstand gegen die Obrigkeit

Eisern. Mit diesem Begriff wird nur ein Fußballklub assoziiert: der 1. FC Union Berlin. Widerstand gegen die Wohlhabenden, gegen die Mächtigen hat diesen Verein schon begleitet, als er noch Union Oberschöneweide oder Motor Oberschöneweide hieß. In den 1920er und 30er Jahren wurde gegen Hertha BSC rebelliert, weil dort das Geld und der sportliche Erfolg saß.

Später zu DDR-Zeiten war es der SED-Staat, gegen den es sich aufzulehnen galt. Union Berlin galt der politischen Führung des Landes als Magnet zahlreicher Systemgegner, was ihm zu einer Art Revoluzzer-Image verhalf und zum Entsetzen der Funktionäre für volle Zuschauerränge im Stadion An der Alten Försterei sorgte. Verein und Fans von "Eisern Union" standen unter ständiger Beobachtung. 

Nicht kuschen vor der Obrigkeit, sich nicht verbiegen lassen, sondern standhaft bleiben. Eisern eben. Eine der zahlreichen, nie genau geklärten Legenden über den Schlachtruf "Eisern Union" besagt, dass ein Bierverkäufer während des Stadtderbys gegen Hertha in den 1920er Jahren ein hohes Maß an Standhaftigkeit von den Union-Spielern lautstark einforderte. "Mensch, eisern müsst ihr sein", soll er gerufen haben, worauf sich der Slogan in Windeseile unter den Union-Fans verbreitet haben soll.

Viele Union-Spieler in "eisernen" Berufen

In einer anderen Version steht "Eisern" für den Underdog Union, der zu Zeiten der Weimarer Republik in Blau-Weiß spielte und das Arbeiterviertel Oberschöneweide und die Schlosser in den Industriebetrieben farblich und ideologisch repräsentierte.

Viele Spieler des Vereins arbeiteten selbst als Schlosser in den Eisenfabriken, die harten Arbeitsbedingungen und der Kampf ums Überleben des Klubs ließen die Mitglieder "eisern" werden. 

"Mäcki" Lauck war das für die Union-Fans ab 1973 nicht mehr. Dabei war er mitverantwortlich für den größten Erfolg der Vereinsgeschichte, dem Gewinn des FDGB-Pokals - bis heute Unions einziger großen Titel. Und er hatte das Eiserne praktisch im Blut - Lauck war gelernter Schlosser. 

Doch wer den BFC Dynamo "Eisern Union" vorzieht, hat in den Augen der Fans der Eisernen Verachtung verdient.

Olympia-Gold mit der DDR und tragischer Tod

Dabei ist bis heute umstritten, warum Lauck die Fronten wechselte. Für einige Union-Fans gilt sein Wechsel als vom Staatsapparat erzwungen, andere vertreten die Meinung, dass Lauck sich aus eigenem Antrieb dem BFC Dynamo anschloss, um seinen Status als Nationalspieler nicht zu gefährden. 

Mit Dynamo wurde er zweifacher DDR-Meister und holte als Krönung seiner Karriere 1976 Olympisches Gold mit der DDR bei den Spielen in Montreal. 

1981 musste "Mäcki" seine Karriere wegen einer Knieverletzung beenden. Im Leben danach hatte er weit weniger Glück. Lauck verfiel dem Alkohol und kam im Oktober 1997 unter tragischen Umständen ums Leben. 

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Auch im Suff leise und bescheiden

Mit schweren Kopfverletzungen und jeder Menge Alkohol im Blut wurde Lauck auf einer Straße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg gefunden. Er lag anschließend zwei Wochen im Koma, bevor er am 22. Oktober 1997 verstarb. 

Die "Berliner Zeitung" schrieb in einem Nachruf: "Lauck war auch im Suff leise und bescheiden. Er war ein wei­cher Mann. Er war, wie ein Mensch ist, den man Mäcki nennt."

Im Stadion An der Alten Försterei wird der "weiche Mäcki" nicht vergessen. 2017 gedachten die Unions-Fans dem Helden von einst anlässlich seines 20. Todestages mit einem großen Transparent. "Mäcki" ist und bleibt eben doch einer von den "Eisernen".  

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