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Hansi Küpper über 50+1, die WM in Russland und den FC Bayern

Hansi Küpper: "Wir haben 50+1 nicht verteidigt, jetzt haben wir ein Problem"

  • Aktualisiert: 22.03.2018
  • 16:56 Uhr
  • ran.de / Martin Jahns
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© imago
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Am Donnerstag berät die DFL über eine Reform der 50+1-Regel. Fußball-Kommentator Hansi Küpper erklärt im Interview mit ran.de, warum eine offene Tür für Investoren in der Bundesliga ein schwerer Fehler wäre - trotz erdrückender Bayern-Dominanz.

München - Egal ob über Gewalt in Fußballstadien, den Einfluss von Investoren im Sport oder Korruption in großen Sportverbänden: Fußballkommentator Hansi Küpper (57, Sky) hat nie ein Blatt vor den Mund genommen.

Vor seinem Gastauftritt bei MAXXsports.ran am Sonntag (23:20 Uhr live auf ProSiebenMAXX und ran.de) spricht ran.de mit dem Westfalen über die Bayern-Dominanz in der Liga und die Folgen, ein mögliches Ende der 50+1-Regel und die Gefahrenlage für die Fans vor der WM in Russland.

ran.de: Herr Küpper, Sie kommentieren für Sky unter anderem die Partien der Bundesliga. Können Sie angesichts der brachialen Dominanz des FC Bayern im letzten halben Jahrzehnt noch die gleiche Begeisterung aufbringen wie zu ihren Anfängen als Kommentator 1989?

Hansi Küpper: Was das Titelrennen angeht definitiv nicht mehr. Wir haben da tatsächlich seit 2012 eine neue Situation. Die Dominanz der Bayern ist überwältigend. Das wird sich nach meiner Einschätzung auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Wir, die Journalisten, Fans und Kommentatoren müssen uns damit abfinden, dass die Spannung in der Bundesliga vor allem da entsteht, wo es um die Qualifikation für Europa und natürlich den Abstieg geht.

ran.de: Also sehen Sie kurz- und mittelfristig keine Chance zur Besserung?

Küpper: Ich kann es mir nicht vorstellen, weil ein FC Bayern, der mit Barcelona, Madrid, Manchester United und Manchester City mithalten will, natürlich für praktisch jeden Bundesligisten eine Nummer zu groß ist. Es sei denn, ein Herr Mateschitz sagt: 'Ich möchte jetzt mit Gewalt RB Leipzig zu einem ernsthaften Konkurrenten von Bayern München machen.' Aber die Tendenz sehe ich eher nicht.

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ran.de: Am Donnerstag treffen sich die 36 Profiklubs der ersten beiden Ligen im Rahmen der DFL und diskutiert über eine Reform der 50+1-Regel. Könnten allmächtige Investoren nicht auch ein Weg aus der Bundesliga-Langeweile sein? Wäre der Wegfall der Regel vielleicht sogar eine Chance für die Liga?

Küpper: Ich halte diese Argumentation in jeder Hinsicht für schwach. Es wird suggeriert, dass wir wieder stärkere Mannschaften und mehr Wettbewerb haben, wenn 50+1 fällt. Ich erinnere nur daran, dass zwei der Vereine, die jetzt schon von 50+1 befreit sind, nämlich Leverkusen und Wolfsburg, überhaupt nicht europäisch gespielt haben. Der dritte Verein heißt Hoffenheim. Und der hat sich in Europa blamiert. Der vierte Verein, RB Leipzig, hat eine passable Champions-League-Saison gespielt, ist aber dennoch ausgeschieden.

Die Gleichsetzung viel Geld durch Aussetzung von 50+1 und Investoren bedeutet Erfolg ist durch die Auftritte der deutschen Mannschaften komplett konterkariert. Auf der anderen Seite finde ich es fast schon zynisch, dass diese 50+1-Regel, von der ich immer sehr viel gehalten habe, seit Jahren nicht verteidigt wurde. Diejenigen, die die Regel in der Öffentlichkeit ausgehöhlt haben, argumentieren jetzt, die Regel sei ausgehöhlt, deshalb könne man sie jetzt ja auch abschaffen.

Ich bin nicht mehr davon überzeugt, dass die 50+1-Regel das Beste ist, was dem Fußball passieren kann. Das war ich jahrelang, aber wir haben sie eben nicht verteidigt. Jetzt ist sie ausgehöhlt, jetzt haben wir ein Problem.

ran.de: Gibt es überhaupt noch einen Weg zurück zu einer funktionierenden 50+1-Regel? Immerhin spielen allein in der Bundesliga vier Klubs, für die die Regel eine Ausnahme gemacht hat.

Küpper: Ja, es gibt diese vier Ausnahmen, aber es gibt auch eine Basis von Millionen Fußball-Fans, die so einen Weg eventuell nicht mitgehen würden. Die nicht wollen, dass ihre Vereine, die sie ihr ganzes Leben begleitet haben, plötzlich in die Hände von Investoren übergehen.

Man muss damit sensibel umgehen. Einfach zu sagen, wir holen jetzt Investoren, dann haben wir mehr Geld, ist extrem problematisch, weil man mit den Gefühlen der Fans spielt. In England gibt es Beispiele, wo ein Besitzer das gemacht hat, was für einen Besitzer völlig normal ist. Er hat gesagt: 'Das ist jetzt mein Verein, der meinem Unternehmen dienen soll. Deswegen bestimme ich, wie der Verein heißt und welche Farben er hat.' Spätestens dann ist kein Fußballfreund in der Kurve bereit, diesen Weg mitzugehen.

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ran.de: Im internationalen Vergleich verliert die Bundesliga in den letzten Jahren an Boden. Mit den von Scheichs, Oligarchen und Fonds umhergeworfenen Summen kann oder will zuletzt nicht einmal mehr der FC Bayern mithalten. Müssen wir uns vom Status einer absoluten Topliga langsam verabschieden? Und wäre das eigentlich schlimm?

Küpper: Bei den Bayern hält sich die Gefahr in Grenzen, auch wenn England mächtig aufrüstet. Aber wenn man sich die Umsätze der Vereine anschaut, ist es nicht so, dass der FC Bayern abgehängt wird. Man ist nicht die Nummer eins, aber man ist immer noch ganz gut dabei.

Ich glaube, dass weder die TSG Hoffenheim, noch Borussia Dortmund oder der 1. FC Köln es verdient haben, dass man das erbärmliche Abschneiden in Europa diese Saison in irgendeiner Form auf die geringen finanziellen Möglichkeiten zurückführt. Da ist eine Menge schief gelaufen, was nichts mit Geld zu tun hatte.

Wenn die Bundesliga auf Dauer weniger Geld als die Engländer zur Verfügung hat, kann man daraus auch eine Kreativität schöpfen. Stichwort Scouting, Stichwort Jugendarbeit. Da sollte man sich auf diese Stärken besinnen. Man kann nicht mit einer ehemaligen Weltmacht, die mit der Premier League eine solche weltweite TV-Präsenz hat, mithalten. Man sollte daher zum Ergebnis kommen, dass man mit weniger Geld effektiver arbeitet.

ran.de: Angesichts der Zerstückelung von Spieltagen, immer mehr der ungeliebten Montagsspiele oder Korruptionsfällen in den großen Verbänden leidet das Image des modernen Fußballs. Noch allerdings sind die Stadien voll, die TV-Quoten steigen weiter. Wie erklären Sie sich, dass der Unmut unter den Fans noch ohne große Folgen bleibt? Oder steht uns der große Fußball-Crash ins Haus?

Küpper: Ich halte nicht viel von Weltuntergangsszenarien. Ich glaube, dass das in den letzten Jahrzehnten Geschaffene eine große Nachhaltigkeit hat. Aber es gibt Anzeichen, dass die Basis längst nicht mehr bereit ist, alles mitzumachen.

In dieser Situation ist es wichtig, dass diejenigen, die die Geschicke des Fußballs gestalten, sich nicht nur an sich selbst orientieren, sondern feststellen, dass da unten eine Basis ist, die die Grundlage von allen ist. Das sind die Menschen, die ihr Geld und ihr Herzblut in den Fußball pumpen. Ich kann mir nur wünschen, dass man bei allen Entscheidungen, die man zukünftig trifft, auch ein Auge darauf wirft, wie das an der Basis gesehen wird.

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ran.de: Sie haben zuletzt immer klare Kante gegen Populismus und Aufwiegelung in der Debatte über Gewalt im Fußballstadion gezeigt. Wie ist Ihr Empfinden: Wie sicher ist es in den deutschen Stadien heute?

Küpper: Die Debatte hat sich zum Glück fast verflüchtigt, weil sie eine Nonsense-Debatte war. Jeder, der von den 60ern bis 90ern in den Stadien war, vor allem nach der Wiedervereinigung, weiß ganz genau, was damals für ein Gefahrenpotenzial geherrscht hat. Der weiß, dass wir zum Teil bürgerkriegsähnliche Zustände erlebt haben, über die niemand berichtet hat, weil es damals noch kein Internet oder Privatfernsehen gab.

Jeder, der die Situation aktuell miterlebt, weiß ganz genau, dass die Stadien so sicher wie selten zuvor sind. Die wenigen Bilder, die man immer wieder sieht, wenn es zu Randale kommt, können darüber nicht hinwegtäuschen.

Aber wir wissen natürlich genau: Ein einziges unschönes Ereignis, eine Schlägerei im Stadion, kann die Stimmung schnell wieder zum Kippen bringen. Wenn ich mir anschaue, welche Öffentlichkeitswirkung die kleine Prügelei im Hamburger Fanblock nach dem Spiel gegen Hertha BSC hatte, kann ich nur sagen: Heiliger Himmel! Das ist früher vor dem Spiel 20 Mal und nach dem Spiel 50 Mal passiert, und es hat damals niemanden interessiert!

ran.de: Und wie sicher können sich deutsche Fans bei der WM in Russland fühlen? Dass der Gastgeber ein Hooligan-Problem hat, zeigten zuletzt wieder die erschütternden Ausschreitungen im Rahmen des Europa-League-Spiels zwischen Bilbao und Spartak Moskau.

Küpper: Da muss ich sehr vorsichtig sein, weil ich nicht über Dinge sprechen möchte, die ich nicht final beurteilen kann. Ich weiß nur, dass die Gewaltbereitschaft russischer "Fußballfans" deutlich größer ist. Ich weiß, dass es bei Europapokalspielen deutscher Mannschaften, etwa in St. Petersburg, regelrechte Hetzjagden gegeben hat. Deswegen kann ich mir schon vorstellen, dass man in Russland deutlich vorsichtiger sein muss, als bei einer WM in einem anderen Land.

Aber ich kann mir auch vorstellen, dass der russische Staat natürlich weiß, dass er in der aktuellen weltpolitischen Lage mit so etwas sein Image zusätzlich beschädigen würde. Man kann nur hoffen, dass dem soweit wie möglich Einhalt geboten wird. Ich fahre nicht nach Russland. Würde ich hinfahren, wäre ich sehr vorsichtig.

ran.de: Und sportlich? Was trauen Sie dieser deutschen Mannschaft zu?

Küpper: Ich glaube, dass die Mannschaft das Niveau von vor vier Jahren hat, und da ist Deutschland nach einem extrem beeindruckenden Halbfinale Weltmeister geworden. Ich bin mir sicher, dass Deutschland Weltmeister werden kann, aber natürlich ist es eine Sache der Tagesform. Auch Glück und Pech spielen eine Rolle. Das sieht man ja schon daran, dass Deutschland den Titel immer mit einem Tor Unterschied im Finale gewonnen hat. Und wenn man ausgeschieden ist, dann seit 1998 bis auf das Aus gegen Frankreich bei der letzten EM auch immer mit lediglich einem Tor Unterschied.

Von Martin Jahns

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