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Bundesliga

Stuttgart, HSV & Co: Der Niedergang der Traditionsvereine

  • Aktualisiert: 28.05.2019
  • 21:24 Uhr
  • ran.de / Oliver Jensen
Article Image Media
© imago
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Traditionsvereine haben viele Fans, viel mediale Aufmerksamkeit und teilweise auch viel Geld. Was oft trotzdem fehlt, ist der Erfolg. Die vielen Begleiterscheinungen lassen Tradition zu einer Last werden.

München - Der Schock sitzt noch immer tief: Für den VfB Stuttgart geht es zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren hinunter in die 2. Bundesliga. Obwohl in der zurückliegenden Saison 47 Millionen Euro in neue Spieler investiert wurden, konnte sich der VfB in der Relegation nicht gegen Union Berlin durchsetzen.

Zum Vergleich: Union hat gerade einmal 2,35 Millionen Euro in Neuzugänge investiert und zudem einen Transferüberschuss erzielt. Geld schießt eben doch keine Tore.

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Will dem VfB trotz Abstieg treu bleiben: Mario Gomez
News

Nach Bundesliga-Abstieg: Gomez will beim VfB bleiben

Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Mario Gomez möchte dem VfB Stuttgart auch nach dem bitteren Abstieg in die 2. Liga treu bleiben.

  • 28.05.2019
  • 15:51 Uhr

Mit dieser Erkenntnis befindet sich der VfB in guter Gesellschaft. Viele Traditionsvereine sind gefühlt am Boden. Hannover 96 und der 1. FC Nürnberg sind sang- und klanglos aus der Bundesliga abgestiegen, der Hamburger SV hat trotz hohem Etat den Wiederaufstieg verpasst. In der 3. Liga erlebten der 1. FC Kaiserslautern, 1860 München und vor allem Eintracht Braunschweig eher Abstiegskampf als Aufstiegskampf.

Oft sind es die vermeintlich "kleineren Vereine", die einen begeisternden Fußball spielen. Der 1. FSV Mainz 05, der FC Augsburg und der SC Freiburg sicherten sich wieder einmal vorzeitig den Klassenerhalt, der SC Paderborn marschierte von der 3. Liga in die Bundesliga, der VfL Osnabrück und SV Wehen Wiesbaden sind in die 2. Bundesliga aufgestiegen.  

Doch wie ist es möglich, dass die Vereine mit großem Fan-Aufkommen und viel Geld von einer Krise in die andere rutschen, während andere mit viel geringeren Möglichkeiten teilweise erfolgreicher sind?

Die Gründe sind vielschichtig.

Zu hohe Erwartungshaltung     

Traditionsvereine unterliegen einem Erfolgsdruck. Nicht alle Spieler können damit umgehen. Karlsruhe-Sportdirektor Oliver Kreuzer, der 2013 / 2014 beim HSV das Amt bekleidete, sagt im Interview mit Liga-Zwei.de: "Das Trikot vom HSV wiegt in der 2. Bundesliga weitaus schwerer als das von Greuther Fürth oder sogar Paderborn. Paderborn fliegt durch die Liga, die spielen fröhlich ihren Fußball. Wenn es gut läuft, ist das super. Wenn nicht, auch gut, wir sind eben Paderborn. Aber Hamburg ist eine andere Hausnummer."

Auch Heribert Bruchhagen empfindet die Erwartungshaltung als eine Last und sagte im Interview mit dem kicker: "Es wird immer mehr eine Herausforderung, die Träume, Hoffnungen und Wünsche eines Umfelds zu bedienen."

Bereits im Dezember 2015 wagte er eine Vorhersage: "Ich prognostiziere, dass sich in fünf bis acht Jahren viele Traditionsvereine im Abstiegskampf befinden. Klubs, die ähnliche Voraussetzungen haben wie die Eintracht, zum Beispiel Köln, Berlin, Bremen, Hamburg, Stuttgart und Hannover."

Schon heute lässt sich festhalten: Seine Prognosen sind eingetroffen.

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Zu viele Personalwechsel

Der VfB Stuttgart hatte in den vergangenen fünf Jahren 13 Trainerwechsel und im selben Zeitraum fünf unterschiedliche Sport-Vorstände. Der Hamburger SV kommt in der selben Zeit auf acht Trainerwechsel und sechs Sport-Vorstände bzw. Sportdirektoren.

Robin Dutt, heute Trainer beim VfL Bochum und früherer Sport-Vorstand des VfB Stuttgart, kritisiert im kicker, dass durch die Personalwechsel die "Nachhaltigkeit im Fußball" verlorengeht. Da es Sportdirektoren "immer früher erwischt, sehe ich die Entwicklung mit Sorge. Es fliegt zu schnell ein komplettes Konzept über Bord. Der Anspruch wird immer höher - aber die Zeit immer kürzer."

Klar ist: Die vielen Personalwechsel hängen eng mit der Erwartungshaltung zusammen. Fans und Medien verlangen von den Traditionsvereinen Erfolg. Anderenfalls wird ein Umbruch gefordert – notfalls auch jährlich.

Trainer und Sportdirektoren geben sich also die Türklinge in die Hand. Jeder hat ein neues Konzept und braucht den schnellen Erfolg. Eine langfristige Kaderplanung? Unmöglich!

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Zu viel in der Vergangenheit leben

Traditionsvereine zehren von den Erfolgen der Vergangenheit. Ein Beispiel: Der Hamburger SV wird noch immer als "großer Verein" wahrgenommen, obwohl der letzte große Titel 32 Jahre zurückliegt (DFB-Pokal 1987). Ähnlich verhält es sich bei vielen anderen Traditionsvereinen.  

Fredi Bobic, Sport-Vorstand von Eintracht Frankfurt und ehemals vom VfB Stuttgart, sagte bei Transfermarkt.de: "Tradition zu wahren, bewahrt nicht davor, sich für die Zukunft neu aufstellen zu müssen. Nur in der Historie zu leben, wäre für die Realität ein großer Fehler. Mir wird oft zu viel über die Vergangenheit geredet, denn dafür hat sich der Fußballer zu sehr verändert."

Zu wenig Handlungsschnelligkeit

Michael Meeske ist heute Geschäftsführer beim VfL Wolfsburg, hat als ehemaliger Finanzvorstand des 1. FC Nürnberg aber auch das Umfeld eines Traditionsvereins kennengelernt. Seine Erkenntnis: Traditionsvereine sind gegenüber Newcomerclubs im Nachteil.

Grund sind seien nicht nur die potenten Geldgeber von RB Leipzig & Co. "Auch die Handlungsschnelligkeit ist ein Unterschied. Die Newcomer sind wirtschaftlich von der Entwicklungstendenz positiv aufgestellt und können mehr ausprobieren", sagte er bei SPONSORs.

Traditionsvereine hingegen sind oft sportlich und finanziell "von einer Negativentwicklung geprägt." Meeske sagt: "Das macht es für Partner vielleicht auch nicht ganz so spannend, sich damit zu assoziieren."

Zu viel Medienaufmerksamkeit

Martin Schmidt, Trainer des FC Augsburg, führte die Erfolge kleinerer Vereine einmal darauf zurück, dass "wir ruhiger arbeiten können."

Klar ist: Traditionsvereine interessieren die Massen. Dementsprechend viel berichten die Medien über sie. Steht ein Verein wie der VfB Stuttgart oder der HSV im Abstiegskampf, ist das ein bundesweites Thema. Jedes Training wird von unzähligen Journalisten und Kamerateams begleitet.

Droht Vereinen mit weniger Tradition der Abstieg, ist das nur eine mediale Randerscheinung. Dennis Diekmeier, der beim HSV mehrere Jahre Abstiegskampf erlebte und zuletzt selbiges beim SV Sandhausen, sagt: "Natürlich war der Druck in Hamburg aufgrund der Medien größer."

Fakt ist: Mit all den Begleiterscheinungen eines Traditionsvereins umzugehen, gelingt nicht überall

Oliver Jensen

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