Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League
FC Bayern München vor Rückspiel gegen FC Villarreal: Mia san zu schweigsam
- Aktualisiert: 12.04.2022
- 19:18 Uhr
- ran.de
Der FC Bayern muss im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League (ab 21 Uhr im Liveticker auf ran.de) ein 0:1 wettmachen. Trainer Julian Nagelsmann fordert dafür mehr Kommunikation - und vermisst einen ehemaligen Wortführer.
München - Ein guter Fußballtrainer muss verschiedene Sprachen beherrschen. Es geht dabei nicht so sehr um Deutsch, Englisch oder Französisch. Denn am Ende sprechen alle Spieler Fußball, egal wo sie herkommen. Ein Trainer muss vielmehr die Sprache der Spieler, die der Öffentlichkeit und auch die der Vereinsbosse können.
FC-Bayern-Trainer Julian Nagelsmann ist diese Multilingualität durchaus zuzutrauen. Auf Pressekonferenzen zeigt er sich rhetorisch begabt, zieht Vergleiche, die im Kopf der Zuhörer hängenbleiben und ist immer um ein komisches Element bemüht.
Redebedarf beim FC Bayern
Die Vermutung, dass Nagelsmann sich in seiner Rolle als Redner gefällt, dürfte nicht zu weit hergeholt sein. Doch vor dem Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Villarreal (ab 21 Uhr im Liveticker auf ran.de) stieß auch er an Grenzen. "Viel mehr kann ich nicht reden", sagte er, zuletzt sei er sich vorgekommen "wie in einer Telefonzentrale". Gesprächsstoff gab's genug an der Säbener Straße.
Da war das 0:1 im Hinspiel in Villarreal und in der Liga eine erste Halbzeit gegen Augsburg, die man im Klub wohl lieber verschweigen würde. Doch vor allem hatten die Münchner Redebedarf übers Reden.
David Alaba fehlt als Wortführer
"Wir müssen lauter werden auf dem Platz und uns mehr gegenseitig coachen", hatte Nagelsman schon vor dem 1:0-Sieg gegen Augsburg gefordert. Er selbst wolle an der Seitenlinie aktiver werden, hatte er angekündigt. Vor dem Showdown gegen Villarreal, Nagelsmanns bislang größter Prüfung als Bayern-Trainer, sind ihm seine Spieler zu schweigsam.
In der vergangenen Saison war noch David Alaba der Souffleur der Mannschaft. Wenn der österreichische Innenverteidiger im feinsten Wienerisch über den Platz trällerte, war das nicht nur für die Ohren ein Genuss, sondern auch wichtig für die Orientierung von Vorder- und Nebenleuten.
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Bayerns Kommunikationsabteilung
Bei Kommunikation geht es immer auch um Führung. Sie beginnt im Kleinen mit banalen Fragen, die aber auch im Profifußball essentiell sind - Wo soll mein Mitspieler hinlaufen? Welchen Gegenspieler verteidige ich gerade? - und endet bei großen Fragen: Was stemme ich einem drohenden Aus entgegen? Die besten Mannschaften finden selbst Antworten auf solche Fragen. Sie führen sich auf dem Platz selbst an.
Nun bestand die Kommunikationsabteilung des FC Bayern nie allein aus Alaba. Der Verein betreibt schließlich einen eigenen Radiosender, dessen Moderator, Gast und Programmplaner Thomas Müller heißt. Und auch der ehrgeizige Joshua Kimmich ist nie verlegen, seine Mitspieler zur Ordnung zu rufen, ob in Whatsapp-Nachrichten oder auf dem Platz.
Bayern noch "in der Findungsphase"
Die beiden gehören zur wichtigsten Kommunikationskette der Bayern, in der Manuel Neuer als Torwart als erstes und Robert Lewandowski im Sturm als letztes Glied fungiert. Zusammen bilden sie die Achse, auf die die Erfolge der Münchner in den vergangenen Jahren fußte.
Doch dort, wo Alaba sprach, klafft nun ein Loch - und es ist vielleicht größer als zunächst angenommen. Denn Nagelsmann ist der Name des Österreichers zuletzt häufiger über die Lippen gekommen. "Wenn eine solche Säule wegbricht, müssen da andere Spieler reinwachsen", sagte der Bayern-Trainer am vergangenen Freitag. Da sei man allerdings noch "in der Findungsphase".
Französisch ist Amtssprache in der Bayern-Abwehr
Kandidaten sind positionsgetreu Lucas Hernandez, Niklas Süle und Dayot Upamecano. Die Gründe, warum noch keiner von ihnen die Lücke schließen konnte, sind vielseitig: Verletzungen, Corona, Formschwankungen. Das alles führt dazu, dass ein wichtiger Baustein in der Bayern-Achse gerade fehlt.
Allerdings sieht Kapitän Neuer eine Verbesserung in der Kommunikation: "Ich denke schon, dass das mehr und mehr der Fall ist, gerade die Franzosen untereinander sprechen viel." Gemeint war neben Hernandez und Upamecano auch Benjamin Pavard. Französisch ist Amtssprache in der bayerischen Verteidigung.
"Man hört schon die Kommandos, natürlich in einer anderen Art und Weise als der David das gemacht hat, er hat ja auch viel Körpersprache angewandt", erklärte Neuer: "Ich denke, dass untereinander die Kommunikation schon da ist."
Nagelsmann fordert mehr
Seinem Trainer scheint das aber nicht weit genug zu gehen. "Es geht darum, dass jeder die Verantwortung übernimmt und jeder lieber übertrieben viel spricht, statt zu wenig, um Leben einzuhauchen in die Gruppe", sagte Nagelsmann. Zumal sich der Austausch nicht auf einen Mannschaftsteil beschränken sollte. Das Verteidigen beginnt schließlich schon beim Stürmer, die abteilungsübergreifenden Absprachen sind wichtig.
Haben die Bayern also ein Führungsproblem, weil es mit der Kommunikation hapert? Das wäre wohl zu hoch gegriffen. Neuer sah die Lage seinem Gemüt entsprechend stoisch und wollte keine größeren Schlüsse ableiten. "Wir haben überhaupt keine Führungskrise, wir kommunizieren viel, und überlegen uns jedes mal, was wir besser machen können", sagte der Torhüter, man tausche sich auch "mit den Verantwortlichen im Verein aus, deshalb steht das bei uns nicht zur Debatte".
Eine Diskussion wird es aber geben, sollte Villarreal das Aus der Bayern besiegeln. Dann müsste Nagelsmann in verschiedenen Sprachen erklären, wie es zu so einer Schmach kommen konnte.
Tim Brack
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