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Turnier in Katar

WM 2022: Flick muss jetzt Zeichen setzen - es geht auch um seinen Ruf vor der Heim-EM

  • Aktualisiert: 15.12.2022
  • 15:28 Uhr
  • ran.de
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Hansi Flick könnte gleich bei seinem ersten großen Turnier als Bundestrainer eine historische Schmach erleben: das Vorrunden-Aus des DFB nach zwei Spieltagen. Höchste Zeit, um gegenzusteuern. Dabei sind auch Zeichen gefragt, die nach außen zu sehen sind. Ein Kommentar.

Von Marcus Giebel

München - Wenn das DFB-Team auf die spanische Auswahl traf, waren die Spiele in jüngerer Vergangenheit oft finalwürdig. Bei der WM 2022 hat der Vergleich zumindest für den viermaligen Weltmeister Endspielcharakter. Am zweiten Gruppenspieltag.

Das hat sich die Mannschaft von Hansi Flick selbst eingebrockt. In den 90 Minuten plus XXL-Nachspielzeit gegen Japan. Denn obwohl die DFB-Auswahl die Partie über lange Zeit im Griff hatte, wirkte das Auftreten einmal mehr uninspiriert und ideenlos. Erst in der Offensive, in der Schlussphase dann auch beim Defensivverhalten.

Immerhin: Die Stars haben das erkannt. Nach dem herben Rückschlag auf dem Weg zurück zu altem Glanz fanden Manuel Neuer, Thomas Müller und vor allem Ilkay Gündogan klare Worte. Und suchten erst gar nicht nach Ausreden.

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WM 2022: Nur frustrierte Fans nehmen "One Love"-Diskussion als Ausrede her

Anders als einige frustrierte Fans, die in ihrer Enttäuschung das Desaster um die "One Love"-Binde und die Diskussionen um Menschenrechtsverletzungen quasi als Grund für den Fehlstart vorschieben. Weil so der Fokus verloren gegangen sei. Allein: Dass es trotz der verlorenen Konfrontation mit der FIFA auch anders gehen kann, bewiesen die Engländer, die nur wenige Stunden nach ihrem offenbar unter Drohungen erzwungenen Binden-Rückzieher ein 6:2-Torfestival gegen den Iran feierten.

Nur gut also, dass dieses Thema nach dem Schlusspfiff des DFB-Spiels nicht wieder auf den Tisch kam. Der Fokus sollte allein auf der sportlichen Darbietung liegen. Die hätte zwar gegen lange Zeit mutlose Japaner für einen Dreier reichen können, wohl aber keinen der Titelfavoriten wirklich beeindruckt.

Nationaltrainer Hansi Flick und Joshua Kimmich
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Kimmich schließt neue Kimmich-Position nicht aus

Hansi Flick schließt einen Positionswechsel für Mittelfeld-Chef Joshua Kimmich nicht mehr kategorisch aus. Seinem System mit Viererkette will der Bundestrainer treu bleiben.

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WM 2022: DFB-Verhalten gegen den Ball eines Topteams nicht würdig

Dass das deutsche Spiel gegen den Ball den Ansprüchen eines Topteams nicht genügt, ist keine neue Erkenntnis von diesem Mittwoch. Gündogan kritisierte, das Team habe "zwei richtig unnötige Gegentore kassiert".

Es war nicht zu übersehen, dass hinsichtlich der Abstimmung in der Abwehrkette mit Niklas Süle, Antonio Rüdiger, Nico Schlotterbeck und David Raum deutlich Luft nach oben bleibt. Im Rückwärtsgang offenbarten beide Außenverteidiger eklatante Schwächen.

WM 2022: Füllkrug-Story auch bezeichnend für DFB-Gegenwart

Vorne drin fehlt - auch das ist ja nichts Neues - ein Strafraumstürmer, der die gegnerische Abwehr pausenlos beschäftigt und jederzeit Torgefahr ausstrahlt. Die Feel-good-Story um Niclas Füllkrug erwärmt zwar das Herz nicht nur von Fußballromantikern. Aber es ist ebenso bezeichnend, dass der Aufstieg zum großen DFB-Hoffnungsträger vorne drin überhaupt so schnell gelingen kann.

So bemängelte Gündogan zurecht die "Coolness", Neuer vermisste das "zwingenden Wollen, dass wir das zweite Tor machen". Verwunderlich, da sich mit Müller, Jamal Musiala und Serge Gnabry drei Offensivakteure der zuletzt auf Hochtouren laufenden Tormaschine des FC Bayern München abmühten.

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WM 2022: DFB-Team weit von Hurra-Jahren entfernt

Um den Ball im Tor unterzubringen, musste dann aber schon ein Elfmeter her. Kurzum: Das DFB-Team im Herbst 2022 hinkt vorne wie hinten den aufgrund der erfolgreichen Vergangenheit immens hohen Erwartungen weit hinterher.

"Wenn man sieht, was wir vorne liegen lassen und wie wir dann die Tore kassiert haben, wird man, glaube ich, im Fußballjargon sagen: nicht unverdient verloren", brachte ein sichtlich konsternierter Müller das Dilemma auf den Punkt. Der WM-Torschützenkönig von 2010 erlebte die DFB-Hurra-Jahre zwischen 2006 und 2017 zum großen Teil als Hauptprotagonist mit.

Flick galt wegen seiner Rolle als Co-Trainer zwar offiziell als Nebendarsteller. Doch die damalige Standardstärke - speziell auf dem Weg zum Titel in Brasilien - soll seine Handschrift getragen haben. Entsprechend wurde der prominente Assistent von Joachim Löw öffentlich gefeiert.

WM 2022: Flick muss Zeichen setzen - Zeit für unpopuläre Entscheidungen

Auch in seinen ersten Monaten als Bundestrainer bekam Europas Trainer des Jahres 2019/2020 viele Schulterklopfer. Weil er es verstand, jeden Einzelnen mitzunehmen. Was auch seine Spieler und Assistenten immer wieder betonten.

Doch spätestens jetzt braucht es mehr als den lieben und verständnisvollen Spielerversteher, der um eine Atmosphäre bemüht ist, in der sich jeder wohlfühlt.

Der Bundestrainer ist gefordert, Zeichen zu setzen! Er darf nicht mehr der brave Hansi sein - jetzt muss "Herr Flick" das Ruder übernehmen und seinem Personal auch mal verbal wehtun.

Es braucht Zeichen, die auch nach außen sichtbar sind. Und es ist an der Zeit, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Flick muss klar sein: Auch wenn er nicht gerne so genannt wird, muss er wie ein echter "Bundestrainer" auftreten. Über den Dingen stehen, die großen Linien vorgeben - auch mal auf den Tisch hauen.

WM 2022: Flick fordert "Mut und Charakter" - und muss beides selbst beweisen

Von der Pressekonferenz am Tag nach der Pleite blieben nicht viele Sätze in Erinnerung. Unter anderem dies: Von seinen Spielern fordert Flick "Mut und Charakter". 

Gute Stichwörter. Denn beides ist nun auch beim Coach selbst gefragt.

Für ihn geht es gegen die mit dem 7:0 über Costa Rica fulminant ins Turnier gestarteten Spanier am Sonntagabend (ab 20 Uhr im Liveticker auf ran.de) um mehr als nur darum, die Chance auf das Achtelfinale am Leben zu erhalten.

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WM 2022: Langfristiger Plan auf die Heim-EM 2024 ausgerichtet

Denn aktuell hängen die Titeltrauben für das DFB-Team deutlich zu hoch. In gerade einmal anderthalb Jahren steht aber mit der Heim-EM aus deutscher Sicht das Fußball-Turnier des Jahrzehnts an. Darauf wird Flick vom Tag seiner Unterschrift an seinen langfristigen Plan ausgerichtet haben.

2006 hat die ganze Nation zu spüren bekommen, welche Energie so ein Turnier freisetzen kann. Oft hieß es später: Der WM-Titel 2014 wäre ohne das Sommermärchen 2006 nicht möglich gewesen. Dabei schien das damalige Team noch wenige Monate vor dem Start der Heim-WM zur Lachnummer verkommen zu sein. Flicks Vor-Vorgänger Jürgen Klinsmann war öffentlich angezählt.

Die Voraussetzungen sind diesmal ungleich besser. Deshalb kann Flick es sich nicht leisten, angeschlagen aus Katar abzureisen - wann auch immer der Zeitpunkt für den Rückflug gekommen ist.

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WM 2022: Wurde Gefahr eines Vorrunden-Ausscheidens nicht gesehen?

Von Ex-Profis wie Sami Khedira oder Bastian Schweinsteiger gab es bereits überraschend kritische Worte. Auch in Richtung Flick und seiner Aufstellung. Der Bundestrainer blieb noch gewohnt gelassen, ließ auch Gündogan dessen öffentliche Kritik an der Einstellung ohne Murren durchgehen.

Ob er intern genauso darüber urteilt, sei dahingestellt. Sicher ist: Der Druck auf Flick nimmt zu. Und zwar immens. In Fußball-Deutschland schien ein Vorrunden-Aus trotz aller Vorwarnungen in Form von sportlichen Rückschlägen fern jeder Möglichkeit zu sein. Erst jetzt wird die Gefahr als real erkannt.

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WM 2022: Gegen Spanien brauchen Flick und sein Team Überzeugung

Ein Coup gegen Spanien würde die Sonne über dem DFB-Team nach den diversen Rückschlägen der vergangenen Tage wieder deutlich heller scheinen lassen. Dafür braucht es aber mehr Überzeugung.

Die lebt der Bundestrainer zweifellos vor. Ob er sie auch seiner Mannschaft einimpfen kann? Es wäre essenziell im Hinblick auf die Zukunft.

Ein krachendes Scheitern in Katar würde auch seinem Ruf erhebliche Kratzer einbringen. Und das können Flick und der DFB nach dem euphorischen Start so gar nicht gebrauchen.

Nicht nur wegen der EM 2024. Sondern auch wegen des eigenen hohen Ansehens in der Fußballwelt.


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