NFL-Saison 2020: ran-Resumee und ein paar fromme Wünsche
NFL-Saison 2020: ran-Resumee und ein paar fromme Wünsche
Eine besondere Saison erfordert eine besondere Beurteilung. Deshalb zieht ran.de nach dem ersten Drittel schon mal ein Zwischenfazit. Und platziert ein paar Wünsche für den Rest der Saison.
NF(eelgood)L
Wir allen lieben diese Geschichten, die von unglaublichen Comebacks, von unerwarteten Rückkehrern. Von denen, die es den Zweiflern gezeigt haben. Diese Feelgood-Storys hat die NFL mal wieder geliefert. Wie das im Grunde unfassbare Comeback von Quarterback Alex Smith, keine zwei Jahre nach seiner schweren Beinverletzung. Oder Tua Tagovailoa: Erst die Hüftverletzung auf dem College vor einem Jahr, dann die Reha, der Draft als Nummer-45-Pick der Miami Dolphins und jetzt am Wochenende das Debüt: Gänsehaut! Und klar: Auch so ein Comeback von Ben Roethlisberger nach seiner Armverletzung lässt die Herzen höher schlagen, und Big Ben schafft es dann auch in eine zweite Kategorie.
Oldies gut Goldies
Denn Roethlisbergers Rückkehr auf diesem Niveau ist nicht selbstverständlich, immerhin ist der Quarterback der Pittsburgh Steelers keine 20 mehr, sondern 38. Trotzdem steht er mit den Steelers bei 5:0. Und reiht sich in eine illustre Riege ein, die ihren x-ten Frühling erleben. Wie Aaron Rodgers, der mit seinen 36 Jahren bei den Green Bay Packers erste Abgesänge nach der Verpflichtung von Jordan Love im Draft verstummen ließ. Philip Rivers (auch 38) lässt bei den Indianapolis Colts Erinnerungen an Glanzzeiten aufblitzen, trotz seiner Fehler steht die Franchise bei 4:2. Oder auch Tom Brady, der sogar eine eigene Kategorie bekommt.
GOAT ganz gut
Denn natürlich war er das Thema in der Offseason, in der Vorbereitung und er ist es auch in der Regular Season. Denn der 43-Jährige erfindet sich bei den Tampa Bay Buccaneers neu, immerhin musste er sich auf ein neues Team und ein neues Umfeld einstellen, und das in der schwierigen Coronazeit mit all ihren Beschränkungen und Unwägbarkeiten. Er warf bislang für 1541 Yards, 14 Touchdowns bei vier Interceptions. Die Bucs stehen bei 4:2 – eine ordentliche Ausbeute. Das 38:10 zuletzt gegen die Packers war ein Ausrufezeichen, auch von Brady. Verbinden mit der Erkenntnis: Er definiert den Spruch Oldie but Goldie neu.
Young Guns
Sie benötigen erstaunlich wenig Anlauf, wenn man bedenkt, dass eigentlich gerade die Rookies eine vernünftige Vorbereitung auf ihre erste Saison benötigen, schließlich vollzieht nicht jedes Talent den Schritt vom College in die NFL leichtfüßig. Doch Joe Burrow zeigt bei den Cincinnati Bengals, warum er der unumstrittene Nummer-1-Pick war. Auch Justin Herbert deutet bei den Los Angeles Chargers an, warum sie ihn mittelfristig als Franchise-Quarterback sehen. Und auch viele Rookie-Receiver wie CeeDee Lamb (Cowboys), Chase Claypool (Steelers) oder Justin Jefferson (Vikings) mischen die Liga auf.
Corona-Krisenmanagement
Angesichts der generell prekären Corona-Lage in den USA und des Verzichts auf eine Abschottung (eine sogenannte "Bubble") war klar, dass es im Laufe der Saison zu positiven Fällen bei den Teams kommen würde. Man muss sagen: Die NFL hat nicht blauäugig geplant, sondern war beziehungsweise ist vorbereitet, mit dem Corona-Protokoll, täglichen Tests, Verlegungen, Schließungen von Trainings-Einrichtungen und überwiegend überlegten Entscheidungen. Kritik daran gibt es natürlich auch, auch von Spielern selbst. Es ist ein wackliger Zustand, doch noch hält das Konstrukt. Auch dank der aufgestellten Regeln - wenn sich die Spieler denn auch daran halten.
Surprise-Eggs
Es ist Rhythmus drin in dieser Saison, die an einigen Stellen unberechenbar ist. So hatten die New England Patriots zum Beispiel zuletzt 2002 eine negative Bilanz. Gefühlt eine Ewigkeit ist es her, dass die Cleveland Browns eine positive Bilanz hatten, doch ja, der Hype Train ist real, Baker Mayfield und Co. stehen bei 4:2. Und dann gibt es noch die Buffalo Bills, die mit Josh Allen die Patriots-Division anführen. Oder die Houston Texans, mit einer 1:5-Bilanz ein schönes Beispiel für "from Best to Worst".
Schlecht, schlechter, NFC East
Auf die NFC East ist Verlass. Bereits 2019 gab es ein Schneckenrennen um den Playoff-Platz, den sich die Philadelphia Eagles am Ende mit einer wenig überzeugenden 9:7-Bilanz sicherten. Die Gesamtbilanz der Eagles, Dallas Cowboys und Washington: 24:40. Bock auf die Playoffs hat offenbar auch in diesem Jahr kein Team so richtig. Spitzenreiter sind aktuell die 2:4-Cowboys vor den Eagles (1:4), Giants (1:5) und Washington (1:5). Auch 2020 heißt es: Schlecht, schlechter, NFC East.
Kampf gegen Krebs
Es ist eine glatte Untertreibung, wenn man behauptet, Ron Rivera hätte beim Washington Football Team eine Mammutaufgabe übernommen. Auf die Anzahl der Skandale und Negativ-Geschichten, die der Klub alleine in der Offseason schrieb, kommen andere Teams in fünf Jahren nicht. Und dann wurde bei Rivera im August auch noch Hautkrebs diagnostiziert. Der 58-Jährige trainiert trotz laufender Chemotherapie weiter, was zum Beispiel dazu führt, dass er in der Halbzeitpause eines Spiels Infusionen bekommt. Ein echtes Vorbild!
Dollar für Dak
Ein paar Wünsche für den Rest der Saison hätten wir auch. Denn wer bei Dak Prescotts Knöchelbruch hingeschaut hat, hat mitgelitten. Wer weggeschaut hat, leidet ebenfalls. Der Mann hat bis zu seiner Verletzung mal wieder abgeliefert, einen langfristigen Vertrag hat er aber immer noch nicht. Prescott ist ein bitteres Beispiel dafür, warum NFL-Spieler den Tag in der Regel so gar nicht leiden können, denn theoretisch läuft sein Vertrag nach der Saison aus. Die Cowboys denken über den nächsten Franchise Tag nach, der wie auch der jetzige gut bezahlt ist. Trotzdem wünschen wir uns: Dollars für Dak.
St. Brown brilliert
Er ist der nächste vielversprechende St. Brown, natürlich ist auch er wie Bruder Equanimeous Wide Receiver: Amon-Ra St. Brown absolviert mit den USC Trojans ab November die Pac-12-Saison. Sollte das trotz Corona klappen, steht den nächsten Schritten nichts im Weg: Viele Yards, eine Menge Touchdowns, Aufmerksamkeit und ein Pick in der ersten Runde des Draft 2021. Und die NFL hat den nächsten St. Brown.
Super-Bowl-Held
Wo wir bei den St. Browns sind. Ganz abwegig ist unser Wunsch nicht, denn die Green Bay Packers sind gut drauf, scheiterten 2019 erst im NFC Championship Game gegen die San Francisco 49ers. Der zuletzt verletzte EQ feierte am vergangenen Wochenende sein Comeback. Nach seinem Seuchenjahr 2019, die er verletzt verpasste, wäre der entscheidende Touchdown im Super Bowl eine angemessene Wiedergutmachung.
Super-Bowl-Held 2
Es gibt so Spieler, denen man den Erfolg mehr gönnt als anderen. Oder ganz besonders gönnt. Drew Brees gehört fraglos dazu. Auf einen Super-Bowl-Sieg zum Abschluss einer beispiellosen Karriere können sich sicher viele Fans einigen. Wir uns auch.
Wilson for MVP
Auch das wäre ein schönes, weil schon länger verdientes Szenario. Die gute Nachricht: Es ist einer dieser Wünsche, die mehr als realistisch sind, denn Wilson steht mit den Seahawks bei einer 5:0-Bilanz. Beste Aussichten also.
Super-Bowl-Held 3
Man liebt ihn, oder man hasst ihn, ein Zwischending gibt es bei Quarterback-Legende Tom Brady nicht. Trotzdem wäre in einem engen Super Bowl ein entscheidender Wurf Bradys auf Kumpel Rob Gronkowski eine nette Geschichte. Denn das Ganze findet ja auch noch im Stadion der Tampa Bay Buccaneers statt. Wie war das mit den Feelgood-Storys? Es geht aber noch besser…
Volle Hütte
Der Super Bowl vor vollem Haus, weil es einen Impfstoff gibt. Und wir geben zu: Wir würden auf alle anderen Wünsche pfeifen, wenn sich dieser dadurch erfüllen würde.
NFL in Deutschland
Das Thema ist wegen der Coronakrise in den Hintergrund gerückt, doch wir erinnern uns: Deutschland steht bei der Erweiterung des Marktes für die NFL an erster Stelle. NFL-Vizepräsident Chris Halpin, der auch für Strategie und Wachstum der NFL verantwortlich ist, sagte im September 2019: "Die Märkte, die wir uns anschauen, sind Deutschland und dann Kanada." Damals schien ein NFL-Besuch für 2021 realistisch. Wir packen das ebenfalls auf unsere Wunschliste.