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Deutsche in der NFL

Der deutsche NFL-Pionier: Die Geschichte des Constantin Ritzmann

  • Aktualisiert: 24.12.2020
  • 14:13 Uhr
  • ran.de / Oliver Jensen
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An Heiligabend vor 15 Jahren erfüllte sich für Constantin Ritzmann der größte Weihnachtswunsch. Der Defensive End bestritt für die Atlanta Falcons ein reguläres Saisonspiel in der NFL. Er war der erste deutsche Feldspieler, der es von Deutschland aus in die NFL geschafft hat. ran.de erzählt seine Geschichte.   

München – Heiligabend ist für viele Menschen mit besonderen Erinnerungen verbunden. Man denkt zurück an schöne Familienfeiern mit den Liebsten, vielleicht auch an besondere Geschenke oder ein leckeres Essen. Constantin Ritzmann verbindet mit Heiligabend andere Erinnerungen.

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  • 05.02.2021
  • 08:29 Uhr
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Der deutsche Defensive End denkt an sein erstes und einziges reguläres NFL-Saisonspiel zurück. Heute vor 15 Jahren, am 24. Dezember 2005, betrat der damals 26-Jährige im Dress der Atlanta Falcons das Spielfeld im Raymond James Stadium.

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NFL-Debüt gegen die Tampa Bay Buccaneers

Dass er nur in acht Spielzügen zum Einsatz kam und das Spiel gegen die Tampa Bay Buccaneers in der Overtime mit 24:27 verlorenging, tat der Freude keinen Abbruch. Er hatte sein Ziel erreicht: Ritzmann war der erste deutsche Feldspieler, der es von Deutschland aus in die NFL geschafft hatte. "Das war mein Traum", sagt er.

Somit war Ritzmann ein Vorreiter für Leute wie Sebastian Vollmer, Björn Werner, Markus Kuhn, Jakob Johnson oder Mark Nzeocha, die später diesen Weg einschlugen.

Der deutsche Markus Koch, der von 1986 bis 1992 als Defensive End für die Washington Redskins gespielt hatte, zog mit seiner Familie bereits im Alter von vier Jahren in die Vereinigten Staaten und durchlief den gewöhnlichen, nordamerikanischen Schulweg. 

Im Alter von 13 Jahren kam Ritzmann bei den Danube Hammers in Donaueschingen erstmals mit American Football in Kontakt. "Ich bekam einige blaue Flecke verpasst, aber letztendlich bin ich an den Herausforderungen gewachsen", erinnert er sich. Mit 16 wechselte er in die Jugendmannschaft der Berlin Adler, zwei Jahre später zum Erstligisten Hamburg Blue Devils.

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Über eine europäische Auswahlmannschaft in die USA gelangt

Der Nachwuchsspieler entwickelte sich zu einem Schrecken der gegnerischen Quarterbacks und wurde in die europäische Auswahlmannschaft der European Federation of American Football (kurz: EFAF) berufen. Gemeinsam mit den besten Spielern Europas durfte er nach New Orleans fliegen und gegen eine mexikanische Auswahl antreten.

Ritzmann wurde aufgrund der hervorragenden Leistung zum MVP ernannt und erhielt zur Belohnung zwei Eintrittskarten für den Super Bowl. Live durfte er miterleben, wie die Green Bay Packers im Jahre 1997 gegen die New England Patriots mit 35:21 gewannen.

Noch wichtiger war allerdings, dass er dadurch die Chance bekam, eine amerikanische Schule zu besuchen. Für die Mannschaft der Florida Christian High School in Tallahassee stellte er Rekorde auf: In nur 14 Spielen erzielte er 26 Sacks und 150 Tackles. Der Lohn war ein Stipendium von der University of Tennessee.

Auch dort lieferte er konstant seine Leistungen ab. Im Jahre 2003 sorgte er mit 3,5 Sacks und 40 Tackles für Aufmerksamkeit. Ritzmann wurde zum NFL Combine eingeladen, musste dort nicht nur die verschiedenen Prüfungen bestehen, sondern auch Gespräche mit den Trainern der NFL führen.

An Letzteres denkt er ungern zurück: "Weil ich auf dem College einmal lange verletzt war, musste ich mir die Frage gefallen lassen, warum ich so anfällig bin. Ein Trainer sagte sogar, dass ich es so nie in die NFL schaffen könnte. Letztendlich aber wollten sie nur herausfinden, wie ich darauf reagierte."

Draft 2004: Eli Manning an Position 1 gewählt, Ritzmann überhaupt nicht

Beim Draft 2004, als Eli Manning an Position 1 ausgewählt wurde, fiel Ritzmann durch das Raster. "In dem Moment dachte ich, meine Football-Karriere sei vorbei", erzählt er. "Ich fragte mich, warum es nicht gereicht hat. War ich nicht gut genug? Oder hatte meine Verletzung auf dem College vielleicht eine abschreckende Wirkung gehabt?"

Kurz darauf die Erlösung: Die Buffalo Bills, Baltimore Ravens, Chicago Bears und Miami Dolphins luden ihn zum Trainingslager ein. Ritzmann entschied sich für die Bills, überstand den letzten Cut und war ein fester Bestandteil der Franchise.

Sein damaliges Jahresgehalt: 220.000 US-Dollar.

Gleichwohl blieb der Konkurrenzkampf groß. Ritzmann erzählt von wöchentlichen Tryouts, bei denen jeweils 80 junge Talente getestet wurden: "Wann immer ich dienstags das Training verließ, sah ich auf dem anderen Feld all die jungen Spieler. Und ich wusste, dass theoretisch jeder dieser Nachwuchstalente meinen Platz einnehmen könnte."

Erschwerend kam hinzu, dass er sich während der Saison verletzte. In seiner zweiten Saison bei den Bills gehörte er nur noch dem Practice Squad an. 

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Das unerwartete Angebot der Atlanta Falcons

Im Dezember 2005 ergab sich eine neue Chance: Die verletzungsgeplagten Atlanta Falcons boten ihm einen Platz im Team an. Ritzmann wurden lediglich zwei Stunden Bedenkzeit gegeben. Als die Verantwortlichen der Buffalo Bills davon erfuhren, wollten sie den "Germinator" plötzlich an sich binden.

Die Bills boten ihm ein höheres Gehalt und einen festen Platz im Team an. Dennoch entschied sich Ritzmann für einen Wechsel: "Ich war gegenüber den Bills einfach misstrauisch geworden. Sie hatten mich schließlich in den Practice Squad gesetzt. Warum sollte ich glauben, dass sie mich diesmal besser behandeln würden?"

Positive Erinnerungen an Michael Vick

Die Falcons waren damals mit vielen Superstars gespickt. Der bekannteste Spieler war Quarterback Michael Vick, der später wegen Beteiligung an der Organisation illegaler Hundekämpfe suspendiert wurde.

Ritzmann erinnert sich gerne an Vick zurück: "Er war praktisch der Liebling der Stadt und auch mir gegenüber total freundlich. Als ich auf dem Trainingsgelände in Atlanta ankam, hat er sich sofort bei mir vorgestellt." Lachend fügt Ritzmann hinzu: "Nur während der Trainingseinheiten hatte ich meine Schwierigkeiten mit ihm. Er ist einfach so dynamisch und schnell, dass man ihn als Defensive End kaum zu fassen bekommt."

Zehn Tage nach seiner Ankunft in Atlanta durfte Constantin Ritzmann bei dem besagten NFL-Spiel an Heiligabend auflaufen.

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Per Zeitung von seinem Aus bei den Falcons erfahren

In Woche 17 hoffte er daheim gegen die Carolina Panthers auf einen weiteren Einsatz – vergeblich. Auch die erhoffte Vertragsverlängerung blieb aus. "Davon erfuhr ich dann aus der Zeitung", erzählt Ritzmann.

Zwar wurde er im selben Jahr zum Trainingslager der New Orleans Saints eingeladen und durfte außerdem ein Tryout bei den Carolina Panthers absolvieren. Etablieren konnte er sich allerdings nicht mehr.

Auch der Umweg über die NFL Europe scheiterte: Er wurde im Jahre 2007 von Berlin Thunder verpflichtet, erlitt aber eine schwere Knieverletzung. Der Körper war den Anforderungen offenbar nicht mehr gewachsen.

Somit war es an der Zeit, die Profikarriere zu beenden!

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College-Freundschaften bleiben bestehen

Zusammen mit seiner Frau Christina, die er an der High School kennengelernt hatte, und seinen Kindern zog er daraufhin nach Atlanta und nahm einen Job im Verkauf an.

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Was ihm vom American Football geblieben ist? Ein bisschen Geld, aber auch gute Freundschaften. Mit seinem ehemaligen College-Trainer Phillip Fulmer und seinem College-Teamkollegen Jason Witten (Las Vegas Raiders) blieb er in engem Kontakt.

Ritzmann sagt: "In der NFL ist alles sehr professionell und echte Freundschaften entstehen kaum. Doch die Freundschaften aus der College-Zeit bleiben bestehen."

Oliver Jensen

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