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Houston Texans ziehen die Reißleine: Bill O'Brien hat sich verzockt
- Aktualisiert: 07.10.2020
- 09:14 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Die Houston Texans haben für die Saison 2020 eine Menge in den Kader investiert. Vergeblich, wie es scheint, denn nach vier Spielen steht das Team bei vier Niederlagen - und Bill O'Brien muss gehen.
München – Das Thema ist im Grunde so gut wie durch. Die Playoffs? Finden mit ziemlicher Sicherheit ohne die Houston Texans statt.
Da reicht nach einem desaströsen 0:4-Saisonstart ein Blick auf die NFL-Historie. Denn nur ein Team, 1992 die San Diego Chargers, hat nach einem 0:4 noch die Postseason erreicht.
Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Deshalb hat die Franchise jetzt die üblichste (und manchmal auch erfolgreichste) aller Maßnahmen in diesem Geschäft getroffen: Bill O'Brien, Trainer und Manager in Personalunion, muss gehen.
"Natürlich müssen wir beim Coaching einen besseren Job machen", hatte O'Brien nach der jüngsten Schlappe gegen die Vikings noch erklärt: "Ich muss einen besseren Job mit dem Team machen. Das ist offensichtlich und wir werden hart arbeiten, um das zu schaffen."
Seit 2014 in Houston
Er wird nicht mehr daran arbeiten können, er hatte letztendlich ja auch Zeit genug. Seit 2014 ist er Trainer der Texans. Seit 2019 ist der Coach aber auch zugleich General Manager.
Eine Doppel-Funktion, über die schon oft gesprochen wurde, denn es gibt gute Gründe dafür, dass in der Regel zwei verschiedene Personen die Ausrichtung des Teams planen und umsetzen. Kritik an seinen Entscheidungen als Manager, aber oft auch als Coach, verstummte nie wirklich, sondern flammte immer wieder auf.
O'Brien blickt eigentlich auf eine gute sportliche Bilanz. Die jüngste Niederlage gegen die Minnesota Vikings war sein 100. Regular-Season-Spiel, er steht bei 52:48 Siegen. In den sechs Saisons schaffte er fünf positive Bilanzen, holte vier Division-Titel, schied zweimal in der Wild-Card und zweimal in der Divisional Round aus. 2019 durch ein 31:51 gegen die Kansas City Chiefs trotz 24:0-Führung.
Dafür sorgten einige seiner Trades für Fragezeichen und Irritationen, wie der Trade von Tunsil, der von DeAndre Hopkins (zu den Arizona Cardinals) oder der von Jadeveon Clowney (zu den Seattle Seahawks).
All in - all is lost?
Das Ergebnis: Viel Aufwand, wenig Ertrag. All in - all is lost? Auf jeden Fall für O'Brien, denn der hat sich klassisch verzockt.
Denn eigentlich gibt es in der NFL für vergeigte Saisons einen netten Trostpreis: Draft-Picks. Im Moment wären die Texans mit ihrer Bilanz an dritter Stelle dran. Den Pick könnte man für eine dringende Baustelle im Kader verwenden, immerhin haben die Texans in Deshaun Watson den Quarterback der Zukunft ja bereits.
Oder man tradet den Pick und sichert sich als Ausgleich mehrere Picks etwas später, in Runde zwei zum Beispiel.
Das Problem: Die Texans haben ihren Erstrundenpick bereits verscherbelt. Ihren Zweitrundenpick übrigens auch, beide gingen für den umstrittenen Trade von Tackle Laremy Tunsil drauf und damit an die Miami Dolphins.
Heißt für die Texans: Sie sind beim Draft 2021 erst an 65. Stelle zum ersten Mal dran.
Hinzu kommt: Sie haben 255 Millionen Dollar in den Kader investiert, mehr als jedes andere Team.
Und bei einem 0:4-Saisonstart greifen dann eben die Mechanismen und Automatismen, dann müssen sich die Verantwortlichen an der Ausbeute messen lassen, an den Auftritten auf dem Platz, aber auch an der Zusammenstellung des Kaders.
In beiden Fällen ist das O'Brien.
Fakt ist: Die Texans stehen schon jetzt am Scheideweg der Saison, dabei geht es nicht nur um dieses Jahr, sondern auch um die mittelfristige Zukunft.
Ja, der Auftakt der Saison ist ein Argument, die Gegner mit Champion Kansas City Chiefs, den Baltimore Ravens und den Pittsburgh Steelers besonders knifflig. Die Pleite gegen die bis dahin sieglosen Vikings zeigt aber, dass die Probleme tiefer liegen.
Keine Frage: Die Offensive Line benötigte Verstärkungen, um Watson besser zu schützen.
Doch was hilft ein starker Tunsil, wenn die O-Line trotzdem 16 Sacks zulässt? Wenn die Pressure Rate bei Watson bei fast 40 Prozent liegt?
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, wie sehr die Offensive und dort vor allem das Laufspiel lahmt.
Houston belegt in Yards pro Spiel (327.5) Platz 27 und ist in Rushing Yards pro Spiel (73.5) Letzter. 26 Mal versuchten die Texans gegen die Vikings ein Laufspiel und kamen am Ende auf kümmerliche 96 Yards.
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Zahlreiche Baustellen
Zum Hopkins-Deal (er steht in Arizona bei 397 Yards) gehörte auch Running Back David Johnson, der mit seinen 197 Yards ligaweit Platz 25 belegt.
Auch in der Defensive ist das Laufspiel ein Problem, 181,8 Yards lassen die Texans pro Spiel zu, die meisten aller Teams. Viele Baustellen für den oder die Nachfolger, theoretisch bräuchten die Texans ja auch einen neuen Manager.
Interimscoach wird bis Saisonende Romeo Crennel, der bislang als Assistant Head Coach gearbeitet hatte.
Crennel hat als Head Coach Erfahrung, den Job übte er bereits bei den Cleveland Browns und den Kansas City Chiefs aus.
Die gezogene Reißleine könnte jetzt vielleicht noch einmal Hoffnung freisetzen. Denn die stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Andreas Reiners
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