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Jacksonville Jaguars: Trevor Lawrence steiler Aufstieg zum Franchise-Quarterback
- Aktualisiert: 27.12.2022
- 11:16 Uhr
- ran / Tim Rausch
Mit vier Siegen aus den letzten fünf Partien stürmen die Jacksonville Jaguars kurz vor den Playoffs an die Spitze der AFC South. Im Zentrum des Leistungshochs: Quarterback Trevor Lawrence, der den großen Schritt zum Franchise-Quarterback gemacht hat.
Von Tim Rausch
Die Elben gelten als die edelsten Wesen in "Herr der Ringe". Erhaben und clever im Umgang mit anderen Lebewesen, schnell, präzise und schlagkräftig im Angriff.
Wenn Trevor Lawrence mit seinen zwei Metern Körpergröße und den wehenden, blonden Haaren in der Pocket steht, unbeirrt von Druck oder Spielsituation und Spielzug für Spielzug Defensiven seziert, dann lassen sich gewisse Parallelen nicht verneinen.
Nun braucht es keinen Fantasy-Experten, um zu erkennen, dass Trevor Lawrence Magie im Köcher hat. Mit den Jacksonville Jaguars gewann Lawrence vier der letzten fünf Partien und katapultierte sich an die Spitze der AFC South.
Der Quarterback bringt in der aktuellen Saison knapp 66 Prozent seiner Pässe an, steht statistisch bei 3.749 Passing Yards, 24 Touchdowns und lediglich sieben Interceptions. Besonders über die vergangenen Wochen lief er zu Höchstform auf.
"Er ist an einem Punkt angekommen, an dem er das Team tragen kann. Er will vorausgehen, er will das Team schultern. Das ist sehr vielversprechend", sagt Head Coach Doug Pederson.
Jacksonville Jaguars: Viel Lob für Lawrence
Unter Pedersons Leitung wurde das Team umgekrempelt: Weg von einer über weite Strecken desolaten und unorganisierten Urban-Meyer-Offense hin zu einer gut strukturierten und auf Trevor Lawrences Stärken angepassten Offense.
"Ich freue mich sehr für Trevor. Er musste letzte Jahr irgendwie mit Urban Meyer klarkommen und ich weiß nicht mal, ob man das dann ein wirkliches Rookie-Jahr nennen kann. Diese Entwicklung jetzt auf und neben dem Platz zu sehen, freut mich sehr", analysiert Jaguars-Safety Andrew Wingard.
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Lawrence: Effizient, schnell und präzise
Pederson setzt in der Offensive auf einen höheren Takt mit mehr schnellen Completions und dafür weniger, aber kalkulierten, vertikalen Pässen. Durchschnittlich wird Lawrence den Ball 2,5 Sekunden nach dem Snap los - 0,34 Sekunden schneller als im Vorjahr. Wenig Zeit im realen Leben, eine halbe Ewigkeit in der NFL.
Screen-Pässe (15 Prozent aller Pässe) und RPOs (knapp zehn Prozent) geben Lawrence schnelle und einfache Reads. Die Receiver sorgen dann regelmäßig für Yards auf eigene Faust.
Bei Pässen, die innerhalb der ersten 2,5 Sekunden geworfen werden, zeigt Lawrence eine extrem hohe Effizienz: Fast 75 Prozent der Bälle landen in den Händen eines Receivers - für einen durchschnittlichen Raumgewinn von 6,8 Yards. 17 Touchdowns und nur drei Interceptions sammelten die Jaguars auf diesem Weg.
"Er trifft sehr gute Entscheidungen. Er kann das Spiel mittlerweile gut kontrollieren und verwalten, wenn das gefordert ist", sagt Pederson.
Lawrence: Nicht nur Kurzpassspiel-König
Doch Lawrence kann nicht nur Nahkampf, er bestraft Defensiven immer wieder mit vertikalen Pässen. "Er nutzt jeden Zentimeter des Rasens aus. Er wirft mit Touch, Antizipation und einem schnelle Release. Er hat alle physischen Fähigkeiten", lobt Offensive Coordinator Press Taylor in einem Interview mit "Go long".
Die etwas holprige, aber aussagekräftige Statistik "Big Time Throws" von der analytischen Website "PFF" misst, wie viele Pässe eines Quarterbacks einen extrem hohen Schwierigkeitsgrad hatten und gleichzeitig mit der nötigen Präzision geworfen wurden. Bei tiefen Pässen (über 20 Yards) sammelte Lawrence bereits 20 solcher Würfe, lediglich vier Quarterbacks haben mehr auf dem Konto.
Und all das gelingt ihm, obwohl die Leistungen seiner Receiver diese Saison einer Achterbahnfahrt ähneln.
Zwar zeigten die Wide Receiver Christian Kirk, Zay Jones oder Tight End Evan Engram schon phasenweise sehr gute Leistungen, gleichzeitig gehen 33 Drops bereits auf das Konto der Passempfänger. Kein Quarterback musste mehr fallengelassene Pässe in der laufenden Spielzeit hinnehmen.
Auch die Offensive Line hatte ihre Höhen und Tiefen. Lawrence stand bisher bei knapp unter einem Drittel seiner Dropbacks unter Druck. Hin und wieder wurde der Druck Lawrence zum Verhängnis. Risikoreiche Pässe, Interceptions und Sacks waren die Folge.
Jaguars: Laufspiel als weiterer Erfolgs-Faktor
Wenn das Passspiel stockt, kann Pederson auf das Laufspiel zurückkommen. Running Back Travis Etienne knackte gegen die Jets die 1.000-Yard-Rushing-Marke und legt regelmäßig explosive Läufe hin.
Auch Trevor Lawrence kann mit seiner Athletik eingebunden werden. So beispielsweise gegen die Tennessee Titans, als er Linebacker Dylan Cole mit einem Stiff Arm auf Abstand hielt und in die Endzone hechtete.
"Das war nicht so geplant. Eigentlich sollte Etienne laufen. Trevor hat aber scheinbar gesehen, dass die Defensive ihm diesen Spielzug ermöglicht und dann den Ball selbst in die Hand genommen", sagt Pederson.
Lawrence verzeichnete bisher 290 Yards und fünf Touchdowns über den Boden. Diese Variabilität ermöglicht es Pederson, regelmäßig vierte Versuche auszuspielen, wenn nur wenige Yards zum neuen First Down fehlen. 14 von 27 Fourth Downs münzten die "Jags" in einen neuen ersten Versuch um, einer der besseren Werte der Liga.
Jaguars vs. Titans am letzten Spieltag
"Wir sind in einer tollen Ausgangslage und ich habe das Gefühl, dass sich die Mentalität sich hier wirklich geändert hat", sagt Lawrence.
Die Ausgangslage sieht wie folgt aus: Die Titans und Jaguars weisen beide aktuell eine 7:8-Bilanz auf, die Jaguars haben aufgrund der Tiebreaker aktuell die Nase vorn.
Am 17. Spieltag treffen sie auf die Houston Texans, am 18. Spieltag komm es dann im direkten Duell mit den Tennessee Titans zu einem Showdown. Der Sieger zieht, unabhängig von den jeweiligen Ergebnissen am 17. Spieltag, in die Playoffs ein.
Lawrence wird mit all seinen elbenähnlichen Fähigkeiten gefragt sein. Schließlich geht es um einen Ring.